Dabei stellte Mutabor-CDO Burkhard Müller das neue „Brand Imagery Tool“ der Agentur vor, das mithilfe von künstlicher Intelligenz Bildmaterial passgenau für unterschiedliche Marken generiert. Basierend auf dem Text-zu-Bild-Generator Stable Diffusion trainieren die Design-Teams das KI-Modell exakt auf die gewünschte Bild- und Stilsprache. „KI wird damit das klassische Foto-Shooting nicht ersetzen, es aber sehr wohl erweitern“, erklärt Müller. So könnte das jeweilige Fotomodell mit KI-Unterstützung etwa in ein ungewöhnliches Setting transferiert und so inmitten von Wolken inszeniert werden oder auf einem Wal oder Tiger reitend. Vor allem aber käme das KI-Tool zum Einsatz, um über Foto-Shootings hinaus passendes Bildmaterial kostengünstig und schnell zur Verfügung zu haben. „Das ist eine wirklich gute Alternative zu Stockbildern, auf die Unternehmen sonst oft zurückgreifen, die aber naturgemäß nicht wirklich dem Stil ihrer Marke entsprechen“, so Müller.
„Künstliche Intelligenz wird die Kreativbranche komplett aus den Angeln heben“, betont Heinrich Paravicini, Gründer der Designagentur und Markenberatung Mutabor, beim 3. Creative Independence Congress, um sich nur wenig später selbst zu korrigieren: „Die Disruption unserer Branche kommt nicht, sie ist schon da.“ Thema des KI-Kongresses war das Potenzial generativer KI in der Contenterstellung im visuellen Bereich, im Audio-Umfeld sowie im strategischen Marketing. Unter dem Motto „From Digital first to AI first“ trafen sich Ende November Expert:innen aus Handel, Technologie und Hamburgs Kreativszene bei Mutabor.
KI-generierte Bilder erweitern Foto-Shootings
Mit KI Audiokreationen neu denken
Und wenn Sprecher:innen nicht zur Verfügung stehen (können), ist KI ebenfalls eine wirklich gute Alternative, findet Philipp Feit. „Mit KI lassen sich Audiokreationen ganz neu denken“, betont der Geschäftsführer der Audio-Agentur German Wahnsinn und nennt Voice Cloning und Text-to-Speach als Beispiele.
Beim Voice Cloning wird die KI auf eine reale Stimme trainiert und kann in der Folge jeden beliebigen Text in Stimmlage, Modulation und Rhythmus der Originalstimme erzeugen. Wie gut das funktioniere, lasse sich bei den neuen Pumuckl-Episoden erleben, so Feit. Auch in der aktuellen Version erhält der Kult-Kobold die Stimme von Hans Clarin, obwohl der bekannte Schauspieler und Sprecher im Jahr 2005 verstorben ist.
KI-gestützte, personalisierte Empfehlungen
„Künstliche Intelligenz erlebt in der deutschen Wirtschaft einen spürbaren Schub“, meldete der Branchenverband Bitkom im September. Der Anteil deutscher Unternehmen, die KI einsetzen, sei binnen eines Jahres von neun auf 15 Prozent angestiegen. Entsprechend betonten auch bei der Hamburger KI-Konferenz Vertreter aus Wirtschaft und Handel die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. „Wir testen das Potenzial in vielen Feldern: bei Übersetzungen und in der Suchmaschinenoptimierung, im Supply-Chain-Management oder im Controlling“, erklärt Katharina Roscher, Corporate Director Brand Tech & Ecosystems bei Henkel. Im kreativen Bereich liege der Fokus auf einer effizienteren Kampagnengestaltung. „Ein großes Thema ist dabei personalisiertes Marketing“, weiß Roscher. „In Zukunft werden wir Onlineshops erleben, in denen Kunden nicht nur auf sie zugeschnittene Produktempfehlungen finden, sondern die auch gleich im passenden Ambiente inszeniert werden“, ist Fabian Haustein überzeugt. „Ein Kleid für eine Hochzeit auf Amalfi zum Beispiel“, nennt der CDO des Hamburger Modeunternehmens Unger ein Beispiel.
Chatbots für die interne und externe Kommunikation
Die Otto Group testet seit Juli 2023 in seinem Onlineshop einen KI-Assistenten, der Fragen innerhalb weniger Sekunden beantworten soll. „Wir haben mit Hilfe generativer KI eine Art B-otto geschaffen, also eine Kombination aus Otto und Bot“, erklärt Nicolai Johannsen, Vice President Consumer Interactions.
Und auch bei der internen Kommunikation setzt der Hamburger Handels- und Dienstleistungskonzern auf KI. Ende September wurde ogGPT gelauncht: ein Chatbot, der auf der ChatGPT-Technologie von OpenAI und dem Azure OpenAI Service von Microsoft basiert. Anwendungen wie ogGPT oder der B-otto würden kontinuierlich weiterentwickelt, betont Johannsen. Immerhin konzentrieren sich mehr als 100 Otto-Mitarbeiter:innen ausschließlich auf das Thema KI, bestätigt Johannsen.
Faktor Mensch unverzichtbar
Faszinierend sei die technologische Entwicklung, waren sich die Expert:innen einig. Doch sie geschehe so rasant, dass es für Unternehmen schwierig sei, Schritt zu halten, räumte Alissa Rabe ein. Für einen erfolgreichen KI-Einsatz brauche es deshalb Kollaboration, betonte die Creative Strategist von Google. „Wir müssen mehr denn je weg vom Silodenken.“ Als weitere wichtige Faktoren nannte sie Offenheit, Experimentierfreude und einen Kulturwandel, der von den Mitarbeiter:innen der Unternehmen akzeptiert werde. Und Rabe betonte den Faktor Mensch. „So gut KI inzwischen auch ist, wir brauchen immer den Menschen, der die Technologie kuratiert.“
ys/mm
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