Hat der Jugendreport 2021 noch eine Entwicklungsdynamik hin zu einer fleischarmen Ernährung für die Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen festgestellt und dabei eine kritische Einstellung gegenüber der Fleischwirtschaft sowie ein verstärktes Interesse am Umweltschutz als Treiber der Entwicklung identifiziert, scheint sich der Trend inzwischen zu drehen. Ein Jahr später gab ein Großteil der befragten Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis 19 Jahren bei einer Statista-Umfrage an, gerne Fleisch zu essen und den Fleischkonsum auch in Zukunft nicht reduzieren zu wollen. Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl sieht deshalb Gefahr in Verzug. „Die Jugend wächst krank nach“, erklärte er beim 6. Food Innovation Camp (FIC) in der Handelskammer Hamburg am 17. Juni 2024. Das habe dramatische Folgen, warnte der ärztliche Leiter des Medicum Hamburg. Fehlernährung ruiniere das Gesundheitswesen, sei eine Gefahr für die Wirtschaft und führe zu einem erhöhten Sterberisiko.
Prickelnder Genuss? Ja, aber bitte nolo! No oder low alcohol-Getränke sind auf dem Vormarsch. Der Lebensmittelgroßhändler „Chefs Culinar“ hat alkoholfreien Genuss als Top Trend identifiziert. Mocktails, also leckere Cocktails, die Alkohol nur ‚vortäuschen‘ (to mock), erfreuen sich wachsender Beliebtheit und im Mai feierte das alkoholfreie Musikfestival Sober Sensation im Foodlab in der HafenCity Premiere. Vor allem junge Menschen trinken weniger Alkohol, das hat eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ergeben. Allerdings essen sie mehr Fleisch.
Fehlernährung – eine Gefahr für die Wirtschaft
Essen verbindet Menschen
Tatsächlich heißt es auf der Seite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: „Ungesunde Ernährung wird in Deutschland mit 14 Prozent aller Todesfälle in Verbindung gebracht.“ Die Bundesregierung hat deshalb im Januar die Ernährungsstrategie „Gutes Essen für Deutschland“ beschlossen, mit besonderem Fokus auf Kinder und Jugendliche und, weil gutes Essen gut für die Menschen, die Gesundheit und für die Erde sei. Der Ansatz ähnelt der Planetary Health Diet, die internationale Wissenschaftler:innen 2019 vorgestellt haben und dessen Speiseplan globale Probleme lösen will – von Übergewicht und Diabetes bis zum Klimawandel. „Den Planenten mit tollem Essen retten, besser geht’s nicht“, betonte Antje de Vries beim FIC. Die leidenschaftliche Köchin und Expertin für pflanzliche Kulinarik ist zudem davon überzeugt, dass Essen Menschen verbindet und engagiert sich für Chickpeace. Über den Catering-Service aus Hamburg bieten geflüchtete Frauen aus Ländern wie Syrien und Afghanistan Spezialitäten ihrer Heimat an. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell, das zudem die Integration in ihre neue Heimat erleichtern soll. Chickpeace gehörte im vergangen Jahr zu den Gewinnern der FIC Food Awards.
Neue Gastro-Accelerator
Antje de Vries zählt zudem zu den Jurorinnen beim Foodlab Hamburg, das im Herbst einen neuen Gastro-Accelerator an den Start bringt. Noch bis Ende August können sich gastronomische Food-Startups für das sechsmonatige Programm bewerben. „Hamburg bietet die perfekte Testfläche für Innovationen“, betonte Foodlab-Gründerin Christin Siegemund beim FIC. Denn die am Standort angesiedelte Vielzahl von einerseits etablierten Unternehmen und andererseits innovativen Startups, bildet die Grundlage für Kontakte und Partnerschaften, von denen beide Seiten profitieren. Um diese Vernetzung zu unterstützen, aber auch um Hamburgs Sichtbarkeit international zu steigern, geht das bereits angekündigte Food Cluster im Herbst in die offizielle Gründungsphase. Partner sind dabei die Stadt Hamburg, Foodactive e. V. und die Süderelbe AG. Denn „Food is the next big thing“ – Davon waren auch die Teilnehmenden beim Food Innovation Camp 2024 fest überzeugt.
ys/sb