Handel

Handel: Neue Chancen dank schwieriger Partner?

12. August 2025
Mit den USA und China hat Deutschland – und Hamburg – zwei mächtige Handelspartner. Können wir vor dem aktuellen geopolitischen Hintergrund die Beziehungen fortführen, wie bisher? Hamburg News sprach darüber mit HWWI-Direktor Michael Berlemann

Was spricht für die USA und China als Handelspartner Deutschlands? Jedenfalls spricht nichts gegen die Fortführung der Beziehungen, findet Professor Michael Berlemann, wissenschaftlicher Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). „Wir sollten uns von keinem unserer Handelspartner komplett abwenden. Nicht von den USA – auch wenn Donald Trump es uns aktuell schwer macht – und nicht von China.“ Schließlich haben sich die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen seit Jahren kontinuierlich gesteigert und das Land mit gut 1,4 Milliarden Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von knapp 19 Billionen US-Dollar ist einer der wichtigsten Handelspartner Hamburgs: Platz 2 bei den Importen und Rang 4 bei den Exporten.

Blick auf China

„China erweist sich bislang als zuverlässig und hält sich im Wesentlichen an die Regeln“, beobachtet Berlemann. Sollte sich das jedoch ändern, könnte das zu gravierenden Problemen führen. So finden sich etwa 90% der Vorkommen Seltener Erden in China und diese Gruppe chemischer Elemente ist von entscheidender Bedeutung für Anwendungen in Windkraft und Elektromobilität, aber auch für die Luft- und Raumfahrt oder Medizintechnik. Beim Handelskonflikt mit den USA hat China bereits damit gedroht, den Export Seltener Erden zu beschränken und damit bewiesen, seine Vormachtstellung durchaus als Machtinstrument zu verstehen. „Zwar gibt es Vorkommen außerhalb Chinas, doch der Abbau lohnt sich oftmals nicht, so dass China eine Machtposition einnimmt, der kaum zu entkommen ist“, so Berlemann.

Porträt eines Mannes mittleren Alters mit Brille, blauem Anzug und rosa Hemd vor grauem Hintergrund.
„Je mehr internationale Partner, desto besser“, findet HWWI-Direktor Michael Berlemann

Pharmastandort Deutschland

Auch in der globalen Pharmaindustrie spielt China eine Schlüsselrolle. Galt Deutschland einst als ‚Apotheke der Welt‘, wurde inzwischen die Produktion von Medikamenten nach Asien verlagert. Ist ein Zurückholen der Pharmaherstellung denkbar? „Als Produktionsstandort können wir wirtschaftlich nicht mit China konkurrieren, aber in der Forschung sind wir immer noch stark“, so Berlemann. Tatsächlich investieren forschende Pharma-Unternehmen in Deutschland mehr als 9,9 Milliarden Euro in neue Arzneimittel und auch der Norden entwickelt Schlüsseltechnologien. Ein vielfältiges Netzwerk von Hightech-Unternehmen, renommierten Forschungseinrichtungen und Universitäten arbeitet in der Metropolregion Hamburg daran, innovative Ideen im Bereich Life Sciences in marktfähige Produkte umzusetzen.

Wissenschaftler mit Schutzvisier hält eine Petrischale mit Zellkulturen und Bakterienkolonien.
In der Pharma-Forschung ist Deutschland - und der Norden - immer noch stark

Blick auf die USA

Ähnlich eng verflochten ist die deutsche Wirtschaft mit den USA: Die Vereinigten Staaten sind Deutschlands wichtigster Handelspartner. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2024 nach vorläufigen Ergebnissen Waren im Wert von 252,9 Milliarden Euro zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gehandelt. Auch für Hamburg ist das wirtschaftliche Schwergewicht – mit über 29 Billionen US-Dollar sind die USA die weltgrößte Volkswirtschaft – der wichtigste Handelspartner. Dabei ist nicht nur das anhaltende Auf und Ab in den Zollverhandlungen mit den USA ein Problem für die heimische Wirtschaft, dazu kommen massive Abhängigkeiten besonders im IT-Sektor. „Das wird sich auch nicht ändern“, weiß Berlemann. „Den großen Tech-Playern können wir keine Konkurrenz mehr machen. Mit seinen hohen Lohnkosten ist Deutschland für den Massenmarkt nicht geeignet.“ Doch der Experte sagt auch: „Im KI-Umfeld könnte das anders aussehen. In der Forschung sind wir gut aufgestellt und die sich daraus ergebenden Zukunftschancen sollten wir unbedingt forcieren.“

Satellit schwebt vor der Erde mit Wolken und Sternenhimmel im Weltraum.
Die ganze Welt im Blick bei der Erschließung neuer Handelsbeziehungen

Jetzt Chance nutzen

Der HWWI-Direktor setzt auf Chancen, die sich aus der US-Zollpolitik ergeben. „Länder wie Mexiko und Kanada, aber auch Südamerika und Japan sind mit hohen Zollsätzen konfrontiert. Wir sollten also schauen, ob sich bestehende Handelsbeziehungen ausbauen lassen und wo sich Möglichkeiten für ganz neue Beziehungen ergeben.“ Denn je breiter wir handelspolitisch aufgestellt sind, desto resilienter sind wir. Das gelte besonders für Hamburg als Hafenstadt mit Fokus auf den Fernhandel, betont Berlemann. So sichert der Hafen Arbeitsplätze über den Standort hinaus – bundesweit sind es rund 607.000 hafenbezogene Arbeitsplätze. Zudem ist Hamburgs Rolle als Güter-Verteilzentrum für die Versorgungslange in Deutschland und Anrainerländern, wie Polen, Tschechien, Österreich und die Schweiz entscheidend. „Den Fernhandel zu intensivieren ist gut für den Standort. Und darum gilt für den Hafen als auch generell: Je mehr internationale Partner, desto besser.“
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

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