„China erweist sich bislang als zuverlässig und hält sich im Wesentlichen an die Regeln“, beobachtet Berlemann. Sollte sich das jedoch ändern, könnte das zu gravierenden Problemen führen. So finden sich etwa 90% der Vorkommen Seltener Erden in China und diese Gruppe chemischer Elemente ist von entscheidender Bedeutung für Anwendungen in Windkraft und Elektromobilität, aber auch für die Luft- und Raumfahrt oder Medizintechnik. Beim Handelskonflikt mit den USA hat China bereits damit gedroht, den Export Seltener Erden zu beschränken und damit bewiesen, seine Vormachtstellung durchaus als Machtinstrument zu verstehen. „Zwar gibt es Vorkommen außerhalb Chinas, doch der Abbau lohnt sich oftmals nicht, so dass China eine Machtposition einnimmt, der kaum zu entkommen ist“, so Berlemann.
Was spricht für die USA und China als Handelspartner Deutschlands? Jedenfalls spricht nichts gegen die Fortführung der Beziehungen, findet Professor Michael Berlemann, wissenschaftlicher Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). „Wir sollten uns von keinem unserer Handelspartner komplett abwenden. Nicht von den USA – auch wenn Donald Trump es uns aktuell schwer macht – und nicht von China.“ Schließlich haben sich die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen seit Jahren kontinuierlich gesteigert und das Land mit gut 1,4 Milliarden Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von knapp 19 Billionen US-Dollar ist einer der wichtigsten Handelspartner Hamburgs: Platz 2 bei den Importen und Rang 4 bei den Exporten.
Blick auf China

Pharmastandort Deutschland
Auch in der globalen Pharmaindustrie spielt China eine Schlüsselrolle. Galt Deutschland einst als ‚Apotheke der Welt‘, wurde inzwischen die Produktion von Medikamenten nach Asien verlagert. Ist ein Zurückholen der Pharmaherstellung denkbar? „Als Produktionsstandort können wir wirtschaftlich nicht mit China konkurrieren, aber in der Forschung sind wir immer noch stark“, so Berlemann. Tatsächlich investieren forschende Pharma-Unternehmen in Deutschland mehr als 9,9 Milliarden Euro in neue Arzneimittel und auch der Norden entwickelt Schlüsseltechnologien. Ein vielfältiges Netzwerk von Hightech-Unternehmen, renommierten Forschungseinrichtungen und Universitäten arbeitet in der Metropolregion Hamburg daran, innovative Ideen im Bereich Life Sciences in marktfähige Produkte umzusetzen.

Blick auf die USA
Ähnlich eng verflochten ist die deutsche Wirtschaft mit den USA: Die Vereinigten Staaten sind Deutschlands wichtigster Handelspartner. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2024 nach vorläufigen Ergebnissen Waren im Wert von 252,9 Milliarden Euro zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gehandelt. Auch für Hamburg ist das wirtschaftliche Schwergewicht – mit über 29 Billionen US-Dollar sind die USA die weltgrößte Volkswirtschaft – der wichtigste Handelspartner. Dabei ist nicht nur das anhaltende Auf und Ab in den Zollverhandlungen mit den USA ein Problem für die heimische Wirtschaft, dazu kommen massive Abhängigkeiten besonders im IT-Sektor. „Das wird sich auch nicht ändern“, weiß Berlemann. „Den großen Tech-Playern können wir keine Konkurrenz mehr machen. Mit seinen hohen Lohnkosten ist Deutschland für den Massenmarkt nicht geeignet.“ Doch der Experte sagt auch: „Im KI-Umfeld könnte das anders aussehen. In der Forschung sind wir gut aufgestellt und die sich daraus ergebenden Zukunftschancen sollten wir unbedingt forcieren.“

Jetzt Chance nutzen
Der HWWI-Direktor setzt auf Chancen, die sich aus der US-Zollpolitik ergeben. „Länder wie Mexiko und Kanada, aber auch Südamerika und Japan sind mit hohen Zollsätzen konfrontiert. Wir sollten also schauen, ob sich bestehende Handelsbeziehungen ausbauen lassen und wo sich Möglichkeiten für ganz neue Beziehungen ergeben.“ Denn je breiter wir handelspolitisch aufgestellt sind, desto resilienter sind wir. Das gelte besonders für Hamburg als Hafenstadt mit Fokus auf den Fernhandel, betont Berlemann. So sichert der Hafen Arbeitsplätze über den Standort hinaus – bundesweit sind es rund 607.000 hafenbezogene Arbeitsplätze. Zudem ist Hamburgs Rolle als Güter-Verteilzentrum für die Versorgungslange in Deutschland und Anrainerländern, wie Polen, Tschechien, Österreich und die Schweiz entscheidend. „Den Fernhandel zu intensivieren ist gut für den Standort. Und darum gilt für den Hafen als auch generell: Je mehr internationale Partner, desto besser.“
ys/kk
Quellen und weitere Informationen
Ähnliche Artikel

Hamburger Außenwirtschaftstag 2025: Herausforderungen und Chancen

India Week feiert Beziehung zwischen Hamburg und Indien

Parlez-vous français? – so viel Frankreich steckt in „Hambourg“
