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Parlez-vous français? – so viel Frankreich steckt in „Hambourg“

28. April 2025
Frankreich ist das drittwichtigste Exportland Hamburgs, die Beziehungen reichen weit zurück. Heute setzen junge Gründer:innen die Freundschaft fort – zum Beispiel auf der OMR 2025

Klappbare Flügel, Open-Fan-Triebwerke und neue Materialien – beim Airbus Summit Ende März in Toulouse skizzierte der französisch-deutsche Flugzeughersteller mögliche Neuerungen des A320. Zum Beispiel lange, schmale Flügel, die den Luftwiderstand reduzieren. Das spart Kerosin, erfordert jedoch mehr Platz auf Flughäfen – und der ist begrenzt. Hochklappbare Flügel könnten hierfür die Lösung sein, so die Vision. Die A320-Familie gilt als Verkaufsschlager – gerade hat BOC Aviation aus Singapur 70 Maschinen der Modellreihe A320neo bestellt – etwa die Hälfte der Auslieferungen kommt aus Hamburg.

Enge Handelsbeziehungen

Ein Airbus fliegt über eine Großstadt
Airbus Summit 2025: Vision eines neuen Flugzeug-Typs mit klappbaren Flügeln und Open-Fan-Triebwerken

Frankreich ist ein wichtiger Handelspartner für Hamburg und die Luftfahrtindustrie bildet einen wesentlichen Strang der internationalen Handelsbeziehungen. 2024 wurden Güter – abgesehen vom Luftfahrtsektor vor allem Produkte der Pharma-, Chemie- und Mineralölindustrie – im Wert von knapp 4,6 Milliarden Euro aus Hamburg nach Frankreich exportiert. Das Land lag damit auf Platz 3 – nach den USA und Großbritannien – im Ranking der 10 wichtigsten Handelspartner. Und das sowohl im Ex- als auch im Import. Eingeführt wurden vor allem Lebensmittel und Genussmittel im Wert von gut 5,75 Milliarden Euro. Mehr Güter kamen nur aus den USA und China.

Innovationen von Airbus sind somit ausgesprochen relevant für die Hansestadt; so ist Hamburg der größte deutsche Airbus-Standort und mit rund 12.500 Mitarbeitenden der größte Industriearbeitgeber in der Metropolregion. Auch über nachhaltige Antriebsinnovationen wurde beim Airbus Summit gesprochen: Größere Triebwerke könnten den Treibstoffverbrauch reduzieren und wenn diese ohne Ummantelung (Open-Fan-Triebwerke) montiert würden, reduziere sich auch der Luftwiderstand. Diese Entwicklung beträfe einen weiteren französischen Akteur am Standort: Safran Nacelles, seit 2014 in Hamburg ansässig, liefert und montiert Triebwerke für Airbus.

Das verbindet Hamburg und Frankreich

Direktflüge von Hamburg gehen nach Paris, Nizza und seit September 2024 auch nach Nantes. Mit der Metropole Nantes verbindet Hamburg zudem seit letztem Jahr eine strategische Partnerschaft, um den Austausch in Bereichen wie maritimer Wirtschaft, erneuerbare Energien und dem Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft zu intensivieren. Und als HamburgAmbassadors engagieren sich Katharina Scriba in Paris und Jean-Marc Dessapt in Toulouse, um als ehrenamtliche „Botschafter“ die internationale Sichtbarkeit Hamburgs zu erhöhen.

Blick auf das neue Westfield Hamburg-Überseequartier
Am 8. April eröffnete das neue Westfield Hamburg-Überseequartier

Französische Unternehmen in Hamburg

Aktuell gibt es zahlreiche französische Unternehmen, die in Hamburg tätig sind. So hat Unibail-Rodamco-Westfield, ein französisches Immobilien- und Investmentunternehmen mit Sitz in Paris, gerade das Westfield Hamburg-Überseequartier in der Hafencity eröffnet. Auf 419.000 Quadratmetern ist ein Ensemble aus 14 Gebäuden entstanden, rund 2.446 Milliarden Euro hat das Unternehmen in das Mixed-use-Projekt investiert, das Wohnen, Arbeiten, Gastronomie und Hotellerie, Shoppen und Freizeit kombiniert. Eine der kulturellen Attraktionen im neuen Quartier: Der Port des Lumières, Norddeutschlands größtes Ausstellungszentrum für digitale immersive Kunst. Betreiber ist das französische Kulturunternehmen Culturespaces aus Paris. Schon länger mit einem Sitz in Hamburg vertreten sind etwa Sopra Steria, eine auf digitale Transformation spezialisierte Management- und Technologieberatung, das Marktforschungsunternehmen Ipsos oder der Anbieter von Fuhrparklösungen ALD International. Zudem ist ein großer maritimer Player mit einer Niederlassung in Hamburg ansässig: CMA CGM. Das französische Schifffahrts- und Logistikunternehmen unterhält eine Flotte von über 650 Schiffen, die weltweit 521 Handelshäfen bedienen, wobei der Hamburger Hafen eine wesentliche Rolle im Betrieb der globalen Handelsrouten spielt. „Die Bedeutung des Hamburger Hafens ist tatsächlich für Frankreich groß – insbesondere für Seetransporte von industriellen Schwergütern zu den Kontinenten der Welt“, erläutert Stefan Matz, Bereichsleiter Internationale Investitionen bei Hamburg Invest.

Containerschiff von CMA CGM liegt mit vielen Containern am Burchardkai
Hamburger Hafen ist für die globalen Handelsrouten von CMA CGM von wesentlicher Bedeutung

Nachhaltige Verbindungen

Als weltweit drittgrößte Reederei will CMA CGM zudem eine bedeutende Rolle auf dem Weg zu ‚Green Shipping‘ spielen und experimentiert etwa mit alternativen Kraftstoffen, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Das deckt sich mit Hamburgs Nachhaltigkeitsstrategie – gern in Kooperation mit internationalen Partnern. So unterstützt Hamburg etwa Greentech-Scaleups, die sich am Standort niederlassen wollen. Scaleup Hamburg, ein Serviceangebot von Hamburg Invest, vernetzt in ihrem Heimatmarkt etablierte, schnell wachsende Startups mit Hamburger Unternehmen, um nachhaltige Innovationen in der Region zu etablieren und Kooperationen zu ermöglichen. Zu den aktuell unterstützten Unternehmen gehören die französischen Startups Releaf Paper, das eine Technologie zur Herstellung von Papier aus Altlaub entwickelt hat, sowie Sopht, das sich auf Dekarbonisierungsstrategien für IT-Abteilungen spezialisiert hat. 

Alexander Sobolenko, CEO von Releaf Paper, hält einen nachhaltige Papiertasche in der Hand
Alexander Sobolenko, CEO von Releaf Paper, auf der OMR 2023

Konferenzen in Hamburg und Paris – Startups auf der OMR

Auch das diesjährige OMR Festival wird zur Bühne für kluge Startup-Ideen. Die Startup-Unit Hamburg ermöglicht sieben französischen Startups die Teilnahme und somit den Zugang zu mehr als 800 Speaker:innen, über 1.000 Ausstellenden und rund 67.000 Besucher:innen des Digitalfestivals – und somit zu einer Vielzahl potentieller Partner:innen oder Kund:innen. „Frankreich gehört zu den dynamischsten Startup-Standorten Europas – und ist ein idealer Partner für Hamburgs Innovationsstrategie“, so Rolf Strittmatter, Geschäftsführer der Hamburg Invest. „Mit dem Fokus auf französische Startups bei der OMR bringen wir innovative Köpfe beider Länder zusammen.“  

„Frankreich ist ein sehr spannender Markt für uns. Es gibt dort sehr viele innovative Startups, von denen sich einige bereits in Hamburg angesiedelt haben“, so Veronika Reichboth von der Startup-Unit von Hamburg Invest. „Wir würden die Beziehungen daher gerne ausbauen und freuen uns sehr, gemeinsam mit dem OMR sieben französische Startups zur OMR nach Hamburg einzuladen.“

Der Empfang am Vorabend der OMR am 5. Mai soll zum offiziellen Auftakt für „La Tech Hambourg“ werden, ein neues Netzwerk französischer und deutscher Unternehmer:innen, Tech-Enthusiast:innen und Investor:innen in der Hansestadt. Ziel ist es, ein lebendiges deutsch-französisches Ökosystem aufzubauen und französische Innovation in Hamburg sichtbarer zu machen. Gemeinsam mit Hamburg Invest, der Région Occitanie und TPlusC begrüßt La Tech Hambourg sieben französische Startups zum Pitch und Austausch im französischen Generalkonsulat in Hamburg. Umgekehrt nimmt die Hamburger Wirtschaftsförderung im Juni an der Viva Technology in Paris teil. Als eine der größten Technologie- und Innovationsveranstaltungen in Europa bringt das französische Event Startups, Investoren, Technologieunternehmen und Führungskräfte zusammen, um Innovationen zu präsentieren und zu fördern.

Bild von oben: Menschenmenge bei der OMR
Im Jahr 2024 besuchten mehr als 67.000 Personen das OMR Festival

Wechselhafte Beziehungen

Ein erfolgreicher Ansatz, Regionen zu verbinden sind Städtepartnerschaften - und eine der ersten schloss Hamburg mit Marseille. Der feierliche ‚Partnerschaftsschwur‘ von 1958 ist sogar älter als der Élysée-Vertrag, mit dem 1963 die deutsch-französische Freundschaft durch Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle besiegelt wurde. Die Annäherung sollte die ehemaligen Weltkriegsgegner, Feinde im Deutsch-Französischen Krieg von 1871 und Gegner während der Besetzung deutscher Gebiete durch Napoleon wieder zusammenbringen. In Hamburg dauert die ‚Franzosenzeit‘ von 1806 bis 1814. Die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre gegen englische Waren traf auch die Hamburger Kaufleute schwer und führte zu einer Wirtschaftskrise in der Hansestadt. Andererseits wurde 1811 der Code Civil eingeführt, der alle Bürger rechtlich gleichstellte.

Knapp 20 Jahre früher hatte der vor den Wirren der französischen Revolution geflüchtete Daniel Louis Jaques eine Weinstube an der Elbe eröffnet und für seine Gäste eine Lindenterrasse angelegt, die 1902 von Max Liebermann in einem Gemälde verewigt wurde. Eines der bedeutendsten Werke des deutschen Impressionismus – und eine exzellente Werbung für das Luxushotel Louis C. Jacob – ist einem Franzosen zu verdanken.

Eine blühende Linde im Sonnenschein im Hintergrund die Elbe mit einem Containerschiff
Lindenterrasse des Louis C. Jacob, die Max Liebermann mit seinem Gemälde verewigte

Netzwerken – en français et en allemand

Heutige Organisationen, die sich in Hamburg der Förderung deutsch-französischer Beziehungen widmen, sind kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden. Seit 1947 zelebriert die Société Franco-Allemande de Hambourg (Deutsch-Französische Gesellschaft Cluny e. V.) die französische Lebensart und organisiert kulturelle und soziale Veranstaltungen. Nur vier Jahre später wurde das Institut français de Hambourg gegründet, das sich ebenfalls als Kulturinstitut versteht und dessen Gebäude in Hamburg-Rotherbaum seit 2004 auch das Generalkonsulat der Französischen Republik beherbergt.

Die Pflege des deutsch-französischen Wirtschaftsverkehrs ist seit 1964 das Ziel des Club d'Affaires Franco-Allemand de Hambourg, (CAFA). CAFA ist Teil eines Netzwerks deutsch-französischer Wirtschaftsclubs, zwölf in Frankreich und acht in Deutschland, mit insgesamt fast 2.000 Mitgliedern. Der Wirtschaftsclub veranstaltet dazu regelmäßig Vorträge und Debatten zu deutsch-französischen Themen und in diesem Jahr (vom 25.-27. September 2025) in Hamburg den CAFA-Kongress der deutsch-französischen Wirtschaftsclubs mit einem spannenden Programm. Die Förderung der französischen Wirtschaft im Ausland hat sich Business France Deutschland zum Ziel gesetzt. 

Dazu ist die offizielle Agentur der französischen Regierung auf internationalen Messen und Veranstaltungen vertreten – etwa 2024 in Hamburg auf der Schiffbaumesse SMM – um französische Unternehmen zu unterstützen, international zu expandieren oder neue Märkte zu erschließen. Business France veranstaltet auch den Booster Impact Germany-Austria 2025. Das neunmonatige Accelerator Programm richtet sich an innovative französische Digitalunternehmen, die sich für den deutschen Markt interessieren. Damit sich die teilnehmenden Startups speziell für Hamburg interessieren, unterhält Hamburg Invest in diesem Jahr eine Kooperation mit dem Förderprogramm. „Es sind hoch spannende Startups dabei, und wir werden auch hier alles daransetzen, weitere französische Unternehmen vom Standort Hamburg zu überzeugen“, so Ole Christiansen vom Bereich Internationale Investitionen bei Hamburg Invest.
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

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