Forschung

Life Science Nord: So will das Cluster in Europa ganz nach vorn

28. Januar 2025
LSN gilt als bedeutender Innovations- und Wirtschaftsfaktor. Was sind die Pläne des neuen Cluster-Geschäftsführers?

Zur Begrüßung ihres neuen Geschäftsführers, Dr. Oliver Schacht, gab die Life Science Nord Management GmbH (LSN) im Herbst 2024 ein rauschendes Fest. Zugegeben, das 20-jährige Jubiläum des Branchennetzwerks bot ebenfalls Anlass für die Festivität. Doch der 54-Jährige tritt nach eigener Aussage ausdrücklich an, um den rund 300 Mitgliedern auch in Zukunft Grund zum Feiern zu bieten: „Mein Ziel ist es, die Region zu einer der besten Life-Science-Regionen in ganz Europa werden zu lassen.“ 

Die vier Forschungsverbünde, acht Hochschulen, zwei Universitätskliniken und 14 Forschungseinrichtungen – darunter international renommierte Großforschungsanlagen wie das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) oder der Röntgenlaser European XFEL – des Clusters bilden ein durchaus solides Fundament für Schachts ambitioniertes Ziel. Und auch der im September 2024 eröffnete tecHHub Hamburg im Innovationspark Altona stärkt die Attraktivität des Standorts. Auf 5.600 Quadratmetern über fünf Stockwerke verteilt stehen Büro- und Laborflächen für Startups, Unternehmen und Forschende zur Verfügung, die hier an den Life Sciences-Anwendungen von morgen arbeiten. Doch wie genau will Schacht das Cluster weiter voranbringen?

Strategie 2030

Die wissenschaftlichen Einrichtungen bilden die eine Säule des Fundaments. „Dazu kommen innovative Startups, etablierte Mittelständler, aber auch große Unternehmen wie Philips, Olympus, Eppendorf oder Evotec, die in der industriellen Gesundheitswirtschaft, vor allem in Feldern wie Biotech, Pharma, Medizintechnik und Digital Health, tätig sind“, erläutert Schacht das Cluster. Dies umfasst in Hamburg und Schleswig-Holstein rund 600 Akteur:innen und gilt als bedeutender Innovations- und Wirtschaftsfaktor der Region. Für diese Akteur:innen entwickelt Schacht zusammen mit seinem 20-köpfigen Team gerade eine Strategie, mit der er bis zum Jahr 2030 den Bekanntheitsgrad des LSN-Clusters maßgeblich steigern will. „Wir haben richtig viele Champions, einige sind jedoch außerhalb unserer Region einfach noch Hidden Champions. Das wollen und werden wir gemeinsam ändern.“

LSN-Geschäftsführer Dr. Oliver Schacht mit einem Shirt in der Hand auf dessen Rückseiten sein Name steht
Cluster LSN heißt neuen Geschäftsführer Dr. Oliver Schacht willkommen

Startups zu Scaleups

Um das zu ändern, will Schacht mehr Kontinuität in die Cluster-Kommunikation bringen. „Wir konnten im Jahr 2024 unsere Social-Media-Aktivitäten bereits um 25 Prozent steigern. Das wollen wir ausbauen, um noch mehr der vielen spannenden Storys aus unserer Community zu transportieren.“ Ein weiterer Strategiefokus liegt auf der Gründerszene. „Wir wollen das enorme Potenzial unserer Startups zu Scaleups weiterentwickeln. Die Gründerfinanzierung hat bereits gute Fortschritte gemacht, aber wir müssen noch mehr privates Kapital mobilisieren.“ Schacht weiß, wovon er spricht. Neben seiner langjährigen Life-Science-Erfahrung in Führungspositionen in Deutschland und den USA hat er zahlreiche Unternehmen gegründet und drei Startups davon an die Börse gebracht.

Life-Science-Startups mit Potenzial

Auch bei den Life-Science-Startups der Metropolregion Hamburg sieht Schacht viel Potenzial. So entwickelt Lumeox eine Blutanalyseplattform für die Notfall- und Intensivmedizin. Histolution setzt auf ein Mikroskop, das mithilfe von Lasertechnologie digitale Bilder von Tumorproben direkt im Operationssaal erzeugt, und Provirex nutzt eine Genschere, um Virus-Erbgut aus infizierten Zellen zu beseitigen, in der Hoffnung, HIV-Infektionen zu heilen. KI-basierte Ansätze verfolgen etwa Echoscout, das aus normalen Ultraschallbildern 3D-Aufnahmen berechnet, und Crystalsfirst ist auf strukturbiologische Analysen von Proteinkristallen für die Wirkstoffentwicklung spezialisiert.

LSN-Messestand bei der Arab Health in Dubai 2024
LSN bei der Arab Health in Dubai 2024

Regularien im Wandel

Darüber hinaus hat KI hat das Potenzial, im medizinischen Umfeld zum Gamechanger zu werden. Der im August 2024 in Kraft getretene AI Act sieht jedoch hohe Auflagen für KI-Medizinprodukte vor. Im Mai 2024 ist zudem die Übergangsfrist für die neue Verordnung über Medizinprodukte ausgelaufen. Eine Verlängerung wird aktuell diskutiert, um die Verfügbarkeit von Medizinprodukten auf dem EU-Markt nicht zu gefährden. Diese Gefahr besteht auch durch das für 2026 geplante Verbot bestimmter poly- und perfluorierter Alkylsubstanzen (PFAS, auch Ewigkeitschemikalien genannt), befürchtet Schacht. „Natürlich ist es gut, die Umwelt vor schädlichen Chemikalien zu schützen, wenn diese in großen Mengen in die Umwelt gelangen, wo sie sich nicht abbauen.“ Im medizinischen Umfeld kämen oftmals nur kleine Mengen zum Einsatz. Die allerdings seien unverzichtbar, so der Experte. Die Beratungen für ein pauschales Verbot dauern an. Noch ist der Ausgang offen.

LSN-Kalender 2025

Keineswegs offen sind die wichtigen, oft internationalen Termine im Jahr 2025 bei denen das Cluster Life Science Nord präsent ist. Den Anfang macht die Arab Health vom 27. bis 30. Januar in Dubai. Die BIO (Biotech Innovation Organziation) steht gleich zweimal im Kalender: die BIO International Convention vom 16. bis 19. Juni in Boston sowie die BIO-Europe in Wien (3. bis 5. November).
ys/mm/sb

Quellen und weitere Informationen

Life Science Nord

Das Cluster Life Science Nord (LSN) umfasst rund 600 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Institutionen der Medtech-, Biotech- und Pharmabranche in Hamburg und Schleswig-Holstein. Mit über 55.000 Mitarbeiter:innen im direkten Umfeld des Sektors wurde 2021 eine Bruttowertschöpfung von 5,7 Milliarden Euro erzielt. Im indirekten Umfeld, also etwa bei Zulieferern, kommen noch mal rund 31.000 Beschäftigte dazu, sodass sich nach Schätzungen aus dem Cluster zufolge die Bruttowertschöpfung inzwischen der Marke von sechs Milliarden Euro genähert haben dürfte.

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