„Es wird knapp“, befürchtet Angus Baigent, Manager Marketing & PR bei Hamburg Aviation, dem Luftfahrtcluster der Stadt Hamburg. „Für Biokraftstoffe dürfen nur Rohstoffe verwendet werden, die nicht als Lebensmittel genutzt werden können, und die Herstellung darf auch keine negativen Auswirkungen auf vorhandene Biotope haben.“ Akzeptable Alternativen wie Abfallfette – hier wird gern verbrauchtes Frittierfett angeführt – dürften jedoch langfristig den Bedarf nicht decken. Deshalb seien vollständig synthetisch hergestellte Kraftstoffe unabdingbar. Doch der Hochlauf der benötigten Produktionsanlagen gehe aufgrund regulatorischer Unsicherheiten eher schleppend voran. Zudem hat eine Statista-Studie ergeben, dass klimafreundliche Kraftstoffe im Vergleich zu fossilem Kerosin im April 2024 noch mehr als dreimal so teuer waren. „Treibstoffkosten machen in der Regel ein Drittel der Gesamtkosten einer Airline aus. Das macht den Umstieg für Fluggesellschaften nicht gerade leichter. Wir brauchen intensive Dialoge zu Preismechanismen auch auf politischer Ebene“, so Baigent.
Wir müssen die CO2-Emissionen senken – darin sind sich alle einig. Entsprechend hat das EU-Parlament eine verpflichtende Beimischungsquote für nachhaltige Kraftstoffe beschlossen. Von diesem Jahr an beträgt diese beim Tanken an europäischen Flughäfen zwei Prozent. Bis 2030 steigt die Quote der sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF) auf sechs Prozent und soll bis 2050 bei 70 Prozent liegen. Das ist ein ambitionierter Zeitplan. Können nötige Produktionskapazitäten entstehen, um alternative Kraftstoffe in ausreichender Menge zu produzieren?
Rohstoff-Frage

Flughafen CO2-neutral
Auf einem guten Weg sieht Baigent dagegen den Flughafen. Mit seiner Klimastrategie „Net Zero 2035“ will Hamburg Airport 2035 als erster großer Flughafen in Deutschland komplett CO2-frei werden. Schon seit 2021 wirtschaftet der Flughafen nach eigener Aussage CO2-neutral. „Nun wird nochmal eine Viertelmilliarde investiert, unter anderem in den Bau eines flughafeneigenen Windparks bei Kaltenkirchen, um sämtliche Treibhausgasemissionen auf Null zu bringen.“ Auch durch internationale Kooperationen treibt der Flughaften die Energiewende in der Luftfahrt voran. Im Projekt Baltic Sea Region (BSR) HyAirport arbeiten 16 Flughäfen, Fluggesellschaften, Forschungseinrichtungen und Technologie-Unternehmen aus Skandinavien, den Baltischen Staaten, Polen und Deutschland zusammen, um Wasserstofftechnologie in der Luftfahrt zum Abheben zu bringen. „2026 könnte es erste Demonstrationsflüge von Hamburg aus geben“, so Baigent. Die EU fördert „BSR HyAirport“ mit rund 3,8 Millionen Euro.

Relevanter Drohnen-Standort
Auch die Wasserstoffforschung am ZAL hebt ab. Am 8. November 2024 absolvierte eine Drohne mit Wasserstoffantrieb ihren Jungfernflug: H2-Finity. „Es gibt viele interessante Anwendungsmöglichkeiten für Drohnen, doch batterieelektrische Antriebe haben bislang nur relativ kurze Flüge ermöglicht. H2-Finity hat sich anspruchsvolle zehn Stunden zum Ziel gesetzt – und ist auf einem guten Weg“, freut sich Baigent. Auch in den Projekten ZALbatros und LiquiDrone wird an der innovativen Antriebstechnologie gearbeitet. Abseits des Forschungszentrums entwickelt und betreibt das Startup Beagle Systems Langstreckendrohnen. „Hamburg ist ein relevanter Drohnen-Standort“, betont Baigent. „Nicht umsonst wurde die Hansestadt bereits 2018 als eine der ersten Städte der EU offizielle Modellregion für Urban Air Mobility (UAM).“
Coole Ideen für die Luftfahrt
Als wichtigen Termin für 2025 nennt Baigent vor allem die Aircraft Interiors Expo in den Hamburger Messehallen. Vom 8. bis 10. April werden 12.000 Besucher:innen und 460 Aussteller:innen bei der weltweit führenden Veranstaltung zur Präsentation von Innovationen, Technologien und Produkte für Kabinenausstattung, Bordunterhaltung und Passagierkomfort erwartet. Jährliches Highlight: Die Verleihung des Crystal Cabin Award.
Um die Position als einen der größten Standorte der zivilen Luftfahrtindustrie auch in Zukunft zu halten, nimmt das Luftfahrtcluster nochmals verstärkt den Nachwuchs in den Blick – und hat 1.000 Experimentiersets an Hamburgs Schulen vergeben. „Damit lässt sich ein Unterricht zum Anfassen gestalten, der zunächst Lust auf MINT-Fächer macht und dann hoffentlich auf unsere Branche“, so Baigent. Denn: „Wir brauchen die coolen Ideen, die schon heute in den jungen Köpfen schlummern, um die Luftfahrt von morgen zu gestalten.“
ys/mm
Quellen und weitere Informationen
Hamburg Aviation
Hamburg Aviation ist das Luftfahrtcluster der Metropolregion Hamburg. Der Verbund aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik hat sich zum Ziel gesetzt, alle Akteure:innen der Branche zu vernetzen, Entwicklungen im Bereich der nachhaltigen Luftfahrt zu fördern, die Fachkräfteentwicklung zu unterstützten, den Wissenstransfer auszubauen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Zu den Akteure:innen gehören neben den drei Ankerunternehmen – Airbus, Lufthansa Technik und Hamburg Airport – mehr als 300 weitere Unternehmen mit insgesamt über 42.000 Mitarbeiter:innen, die eine Wertschöpfung von 5,18 Milliarden Euro erzielen. (Die Daten basieren auf einer Erhebung von 2017. Aktuelle Daten werden im März 2025 erwartet.)
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