Im Ernstfall muss jeder Handgriff sitzen und jedes Teammitglied seine Rolle kennen. Darum hat das Team der Hamburger Initiative Humanilog – Kurzform für Humanitarian Logistics Organisation – Mitte Juli zusammen mit einer Katastrophenschutzorganisation ein Einsatzszenario trainiert. „Das gemeinsame Training hilft beiden Seiten: Das Humanilog-Team übt die Abläufe beim Einsatz, die Katastrophenschützer machen sich mit der Bedienung des Ballons vertraut“, erläutert Alexander von Gablenz, Vorstand für Rettungstechnologie bei Humanilog. Der Übungsballon hat einen Durchmesser von 8 m und wird über ein Seilsystem und mobile Motorwinden positioniert und gesteuert. Das gesamte System befindet sich auf einem geländetauglichen 2,5t Anhänger, der gleichzeitig als Plattform für den Auf- und Abbau dient. „Direkt vom Anhänger aus aufzubauen, ohne zuerst abzuladen, spart wertvolle Zeit“, weiß von Gablenz, der als Sohn von Cargolifter-Gründer Carl-Heinrich von Gablenz bestens mit dem System vertraut ist. „Dabei haben wir mit Erdankern gearbeitet, die in den Boden eingedreht werden – so wie wir es an realen Einsatzorten erwarten.“ Da sich in Hamburg keine geeignete Übungsfläche fand, wich das Team auf das ländlich gelegene Kultur-, Bildungs- und Erlebniszentrum Hof Viehbrook im Kreis Plön (Schleswig-Holstein) aus. „Wer ein Gelände mit einer nicht-asphaltierten Fläche für Trainings zur Verfügung stellen kann, soll sich bitte bei humanilog melden“, so von Gablenz.
„Die Welt wird heißer, starke Wirbelstürme, Schwergewitter und Überschwemmungen sind die Folge“ überschreibt die Rückversicherung Munich RE ihre Naturkatastrophen-Bilanz 2024 und fordert: „Die Gesellschaften müssen sich für stärkere Wetterkatastrophen wappnen.“ Etwa mit Rettungssystemen, die bei Großschadenslagen aller Art zum Einsatz kommen können, wenn Straßen und Brücken zerstört sind. Ist die Infrastruktur zerstört, erfolgt die Hilfe aus der Luft per Helikopter – und in Zukunft vielleicht durch den Humanilog-Rettungsballon. Das spezielle Rettungsballonsystem AirKules der Firma Cargolifter wird als „Fliegender Kran“ mit tragbaren Seilwinden am Boden gehalten sowie je nach Bedarf mit Kommunikations-, Beleuchtungs- oder Beobachtungssystemen ausgestattet und könnte bei Naturkatastrophen in abgelegenen Gebieten oder beim Hochwasserschutz in heimischen Regionen zum Einsatz kommen.
Trainingsflächen gesucht

Wasserstoff als Traggas
Getragen wird das innovative Ballonsystem von Wasserstoff. Möglich wäre auch Helium, doch das Edelgas ist teuer und Heliumvorkommen sind endlich, während die Wasserstoffproduktion weltweit ausgebaut wird. Das Traggas wird auf einem Anhänger transportiert, in speziell entwickelten Leichtbau-Gasspeichern. „Im Einsatz kann der Ballon Lasten von bis zu 200 Kilo über mehrere 100 Meter transportieren – von Werkzeug und Material über einen Suchhund bis zu Verletzten“, so von Gablenz. Ein alternatives Szenario ist die nächtliche Beleuchtung des Einsatzgebiets, etwa bei Großschadenslagen. „Dazu haben wir erstmals mit einem Powermoon trainiert – das ist eine starke, akkubetriebene LED-Lampe des Herstellers Powermoon GmbH, die eine Fläche von bis zu einem Hektar ausleuchten kann, hell wie eine kleine Sonne.“

Zeitnahes Realszenario
Einen solchen Beleuchtungseinsatz kann sich von Gablenz als zeitnahes Realszenario vorstellen. „Die Trainings verlaufen vielversprechend – auch wenn noch einiges an Entwicklungsarbeit vor uns liegt, rückt ein erster Einsatz unseres Rettungssystems in greifbare Nähe.“ Hilfe bei Aufräumarbeiten sind ein weiteres Feld, bei dem der Humanilog-Ballon zum Einsatz kommen könnte. „Zum Abtragen von Trümmerteilen ist er ideal. Er kann Teile erschütterungsfrei abheben, an die Bagger durch ihre geringe Greiferlänge schlicht nicht herankommen.“ Und wo sieht er den Humanilog-Ballon in 10 Jahren? „Dann wird das System etabliert sein und hat sich in den verschiedenen Einsatzfeldern bewährt. Denn der weltweite Bedarf ist – leider – gegeben.“
ys/kk
Quellen und weitere Informationen
Spendenfinanziertes Projekt
Damit dieser Fortschritt möglich bleibt, ist das gesamte Projekt auf Spenden angewiesen. Ohne finanzielle Unterstützung lasse sich die Entwicklung, Erprobung und Einsatzfähigkeit des Rettungsballons nicht realisieren.
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