Im Gegensatz zu Schwerer-als-Luft-Geräten, wie Flugzeugen oder Hubschraubern, verbrauchen Ballone keinen Treibstoff zum Abheben, sondern nur für die Vorwärtsbewegung. Der Auftrieb wird durch Wasserstoff oder Helium erzeugt. Also Gase, die leichter sind als Luft. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wirkt Humanilog zudem bei der künftigen Weiterentwicklung des Systems mit, hin zu einer fliegenden Einheit: „Ausgestattet mit Kransystemen, tragbaren Seilwinden sowie je nach Bedarf mit Kommunikations-, Beleuchtungs- oder Beobachtungssystemen, kann der Humanilog Rettungsballon für Rettungs- oder Transporteinsätze, zum Katastrophenschutz, für Aufräumarbeiten oder den Wiederaufbau von Infrastruktur eingesetzt werden“, erklärt HLO-Gründer Benjamin Brich. Die ersten drei Trainings zur Bedienung des Ballonrettungssystems wurden in diesem Jahr erfolgreich in Hamburg absolviert. Fürs nächste Jahr sind weitere Trainings auf unterschiedlichen Trainingsflächen geplant, um den Rettungsballon demnächst in der Rettungslogistik einsetzen zu können.
Hochwasser in Libyen, Hurrikan in Mexiko, Erdbeben in Nepal, Afghanistan oder der Türkei und Syrien – Und das sind nur einige Beispiele für Naturkatastrophen allein aus diesem Jahr. Für 2022 kommt eine Studie des Statista Research Departments auf weltweit 421 Naturkatastrophen. Seit 1970 hat sich die Zahl dramatischer Wetterereignisse gar verfünffacht, so ein Bericht der World Meteorological Organization. Eine Schlüsselrolle bei Hilfseinsätzen in Folge der verschiedenen Katastrophen kommt der Logistik zu: Sauberes Wasser, Nahrungsmittel, Zelte und Hygiene-Kits, aber auch Materialien für den Wiederaufbau müssen in die betroffenen Gebiete transportiert werden. Ist die Infrastruktur zerstört, erfolgt die Hilfe aus der Luft per Helikopter. Doch die sind teuer und gerade in Entwicklungsländern nicht immer verfügbar. Die Humanitarian Logistics Organisation (HLO), eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Hamburg, die an der Schnittstelle zwischen gemeinnützigen Organisationen, Logistikunternehmen und Forschungsinstanzen aktiv ist, setzt deshalb auf die Leichter-als-Luft-Technologie (LaL) und nutzt ein neuartiges, vielfältig einsetzbares Ballonrettungssystem: den „Humanilog Rettungsballon“.
Erste Trainings erfolgreich in Hamburg absolviert
Rettungsballon: keine Downwash-Gefahr
Weitere Vorteile des Ballonrettungssystems: „Von Helikoptern geht in Bodennähe ein Downwash aus und damit eine Gefahr etwa für Opfer von Flutkatastrophen, die sich mühsam in Baumwipfeln halten. Und beim Aufbau zerstörter Infrastruktur kann unser Rettungsballon mehrere Monate in der Luft stehen.“ Brich weiß, wovon er spricht, neben einem Master in Humanitarian Logistics and Management bringt er Praxiserfahrung in rund 15 Abteilungen bei DB Schenker, in den Bereichen Land, Luft, See, Kontraktlogistik und Controlling, mit. So wurde Brichs Ansatz für eine schnelle und sichere Logistik im Katastrophenfall 2017 von ‚Land der Ideen‘, einer gemeinsame Initiative der Bundesregierung und der deutschen Industrie, ausgezeichnet.
Humanilog setzt auf Wasserstoff
Ein Szenario für den Einsatz für des Rettungsballons von Humanilog könnte so aussehen: Im Zuge eines Erdbebens wurde eine Brücke in einer abgelegenen Region zerstört. Der Ballon mit einem Durchmesser von zehn Metern kommt zunächst in der Response-Phase zum Einsatz, transportiert also Versorgungsgüter für die Bevölkerung. „In der anschließenden Recovery-Phase kann das Ballonteam gemeinsam mit anderen lokalen Akteur:innen die Brücke mithilfe der Hubkraft des Ballons wieder aufbauen“, erklärt der Gründer. Dabei fliegt der Rettungsballon mit Wasserstoff statt mit Helium. Denn das Edelgas ist teuer und endlich. „In Zukunft wird Helium kaum mehr verfügbar sein – im Gegensatz zu Wasserstoff, für den mehr und mehr Produktionsstätten entstehen, gerade im globalen Süden.“ Und eine einzige Wasserstofffüllung halte drei bis sechs Monate, ergänzt Brich.
Modulares System auch im Umweltschutz einsetzbar
„Perfekt austariert verbraucht der in der Luft schwebende Ballon keine Energie. Zudem weist Wasserstoff als Traggas eine bessere Auftriebskraft auf als Helium.“ Dabei sei der Rettungsballon dem Wind nicht hilflos ausgeliefert, die Steuerung erfolgt entweder über Fesselseile und drei Motorwinden oder im Flugmodus via Elektromotoren mit Propellern.
Neben Rettungseinsätzen seien auch Aufgaben im Umweltschutz denkbar, betont Brich. „Es ist ein modulares System, das je nach Ballongröße große Lasten von 250 bis 1.000 Kilogramm hebt und so etwa auch beim Deichbau zum Einsatz kommen kann. Oder wir könnten mit dieser Technologie etwa im Amazonas-Regenwald aufsteigen, um unauffällig die Population gefährdeter Tiere zu zählen.“
ys/sb
Quellen und weitere Informationen
Für ihre Arbeit ist die Non-Profit-Organisation auf Spenden angewiesen und setzt dabei etwa auf die Plattform Betterplace.org. Durch eine bereits erfolgreich abgeschlossene Aktion konnte humanilog etwa das Traggas Wasserstoff finanzieren sowie die Lohn-, Versorgungs- und Unterbringungskosten für die Bedienmannschaft und ehrenamtlichen Beteiligten bestreiten. Weitere Betterplace-Aktionen sind gestartet, um Trainings im kommenden Jahr zu ermöglichen. Um das gemeinnützigen Projekt schneller voranzutreiben, ist humanilog aktuell zudem auf der Suche nach weiteren Unterstützer:innen oder Stiftungen.
Aktuelle Betterplace-Aktionen laufen für: Trainingseinsatz 2024 sowie Equipment