Start war ein Kickoff-Meeting im Februar 2025, gefolgt von acht Workshoptagen im April. Mit an Bord: Die Unternehmen Gebr. Heinemann, Buderus, Dachser und Marx, Clustermitarbeitende, vier Kreativschaffende aus Stadtplanung, Produktdesign und Visualisierung sowie die Hamburg Kreativ Gesellschaft, die den gesamten Prozess moderierte. Zunächst wurde eine Metaebene eingenommen und Worst- bzw. Best-Case-Szenarien identifiziert, wie etwa gravierende Ressourcenknappheit oder aber grüne Energie im Überfluss, erzählt Tjaden. „In diesem Spannungsfeld haben wir versucht uns zu positionieren und dann weitere Herausforderungen einfließen lassen, die wir in unterschiedlicher Zusammensetzung durchgespielt haben. Dabei ging es etwa um Fachkräftemangel, Anbindung oder Personalverpflegung. Aber am Ende hat sich das Thema Energy Sharing herauskristallisiert, das wir weiterverfolgen werden.“ Aktuell ist eine Machbarkeitsstudie zu den wirtschaftlichen und regulatorischen Aspekten beim Energy Sharing in Vorbereitung. „Hierbei sollen neben den Möglichkeiten zur Energieerzeugung auch die Potenziale zur Energieversorgung, etwa durch Wärmepumpen und Batteriespeicher, beleuchtet werden”, so Tjaden.
46.000 qm groß ist das Lager von Gebr. Heinemann im Gewerbepark Allermöhe und ausgestattet mit einer Photovoltaikanlage. Doch die kann den Energiebedarf des Hamburger Travel-Retail-Unternehmens vor Ort nicht decken. Bei den Nachbarbetrieben Buderus und Dachser ist es genau umgekehrt. Sie produzieren mehr grünen Strom, als sie benötigen. Warum also nicht teilen? Das zumindest ist eine Idee der „Cluster-Brücke“, die im Rahmen von KLIMAready entwickelt wurde. „Die Cluster-Brücke ist ein von EU und der Stadt Hamburg gefördertes Cross-Cluster-Projekt, bei dem Hamburger Branchencluster zusammenarbeiten, um Klimaschutz in verschiedenen Feldern voranzutreiben. In unserem Fall haben wir uns darauf fokussiert, den Gewerbepark Allermöhe zukunftsfähig aufzustellen“, erklärt Jürgen Tjaden, Projektingenieur bei Gebr. Heinemann.
Von der Metaebene zum Energy Sharing

Verschiedene Blickwinkel
Die Zusammenarbeit in der Cluster-Brücke hat Tjaden durchaus als herausfordernd, aber vor allem als lohnend empfunden. „Es hat immer wieder Gedankensprünge erfordert, die Themen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und allgemeinverständlich zu formulieren.“ Doch gerade die interdisziplinäre Zusammensetzung des Projektteams habe zu einem echten Mehrwert geführt, betont der 37-Jährige. „Die Brille von außen, sowohl der beteiligten Unternehmen als auch der Kreativschaffenden, hat wertvolle neue Ansätze in die Diskussion gebracht. Energieversorgung ist ja keine neue Herausforderung, aber jetzt sind wir gemeinsam zu neuen Lösungsansätzen gekommen.“

Familienunternehmen in 5. Generation
Nach Lösungsansätzen für gesellschaftliche und soziale Herausforderungen zu suchen, liegt in der Unternehmens-DNA, betont Joel-Florian Beck, Head of Corporate Sustainability bei Gebr. Heinemann: „Als Familienunternehmen in 5. Generation ist gesellschaftliche Verantwortung bei uns tief verwurzelt.“ Gegründet wurde das Unternehmen am 1. November 1879 von Carl Friedrich Eduard Heinemann und seinem älteren Bruder Heinrich Christian Carl Heinemann – damals als Schiffsausrüster für zoll- und steuerfreie Konsumware. Heute ist daraus ein Unternehmen mit Duty-Free-Läden an Flughäfen, Grenzübergängen und auf Kreuzfahrtschiffen in mehr als 100 Ländern geworden. 2024 konnte Gebr. Heinemann einen Umsatz von 4,3 Milliarden Euro erwirtschaften, eine Steigerung von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und beschäftigte konzernweit mehr als 10.000 Mitarbeiter:innen.

Netto-Null-Emissionen bis 2030
Den Hauptumsatz mit 72 Prozent erbringen die Flughafenshops, 6 Prozent werden durch das Kreuzfahrtgeschäft erwirtschaftet – zwei Felder, die in Bezug auf Umwelt- und Klimaschutz in der Kritik stehen. „Gerade darum versuchen wir unser Unternehmen so klimaoptimiert wie möglich zu gestalten und bekennen uns zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens“, erklärt Beck. So will Gebr. Heinemann bis 2030 Netto-Null-Emissionen für Scope 1 und 2 erreichen und die Emissionen in Scope 3 gegenüber 2019 um 50 Prozent reduzieren. Die Hälfte des Weges sei schon geschafft, betont Beck und nennt Ansätze. „Wir sind an unseren Standorten bei fast 100 Prozent grünem Strom und setzen verstärkt auf HVO, ein Biokraftstoff, der aus Abfällen und gebrauchtem Pflanzenöl gewonnen wird, als Kraftstoff für unsere LKW-Flotte.“ Weitere Faktoren sind Reduktion und Umstellung auf recyclefähige Transportverpackungen, umweltfreundliche Materialien in der Shopgestaltung sowie die Einbeziehung der Lieferanten. „Wir vergeben einen Nachhaltigkeits-Score für unser Produktsortiment, bei dem positive Kriterien wie Fairtrade- oder Bio einfließen. Produkte, die einen hohen Score erreichen, werden von uns in Zukunft mit Priorität präsentiert. Und das transportieren wir per QR-Code auch den Kunden.“ Ambitionierte Ziele lassen sich nur gemeinsam mit Partnern und durch eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie erreichen, ist Beck überzeugt. „KLIMAready ist dabei ein weiterer wichtiger Baustein.“
ys/kk/sb
Quellen und weitere Informationen
Ähnliche Artikel

Wie gelingt die Energiewende?

Scaleup Hamburg holt Greentech-Innovationen in Elbmetropole

Handel: Neue Chancen dank schwieriger Partner?
