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Edding-Vorständin Kühne: „Mut ist der Anfang von allem“

26. März 2025
Digitalexpertin Fränzi Kühne über Transformation, Fehler und Diversität als Schlüssel

„Unbequem bleiben!“ So könnte ihr inoffizielles Motto lauten. Fränzi Kühne zählte 2017 zu den jüngsten Aufsichtsrätinnen Deutschlands. Seit 2022 gehört die Unternehmerin als Chief Digital Officer zum Vorstand der Edding AG, mit Sitz in der Metropolregion Hamburg. Im Job-Tandem teilt sie sich den Posten mit Boontham Temaismithi. Wir haben Fränzi im März auf dem German Creative Economy Summit (GCES) in Hamburg getroffen und mit ihr darüber gesprochen, auf welche Vision Edding setzt, warum es mehr Mut in Unternehmen braucht und was kaltes Wasser in der Badewanne damit zu tun hat.

Edding: Unternehmensführung anders denken

Hamburg News: Du treibst jetzt seit ziemlich genau 3 Jahren als CDO die digitale Transformation des Familienunternehmens Edding voran. Wie ist deine Zwischenbilanz?

Fränzi: Die Edding Gruppe hat 2020 eine große Transformation angestoßen und sehr mutig alles gleichzeitig den Berg runtergekippt. Als Boontham und ich 2022 als Chief Digital Officer gestartet sind, haben wir zunächst die interne Transformation vorangetrieben. Das heißt, wir haben Strukturen aufgebaut, damit überhaupt erstmal die Basis für eine Digitalisierung vorhanden ist. Gemeinsam mit dem Vorstand haben wir die profit-for-Strategie entwickelt, die Ende 2023 an den Start ging. Wir wollen ein regeneratives Unternehmen werden und unser Handeln in erster Linie am Wohl der Menschen und des Planeten ausrichten und gleichzeitig wirtschaftlich sein. Dabei orientieren wir uns an vier Nachhaltigkeitszielen. Außerdem haben wir gemerkt, wenn wir etwas bewegen wollen, brauchen wir unbedingt die externe und interne Kommunikation, die wir anders prägen müssen. Und den HR-Bereich. Schließlich geht es immer um Menschen. Und vor allem darum, Menschen in der Transformation mitzunehmen.

Hamburg News: Kannst du uns die vier Nachhaltigkeitsziele kurz erläutern?

Fränzi: Die erste Säule ist die interne Sustainability, wie wir es nennen. Hier geht es um zufriedene Mitarbeiter:innen, die gerne arbeiten und sich wohlfühlen. Auch der Social-Bereich spielt eine wichtige Rolle, dabei nehmen wir beispielsweise Corporate Volunteering sehr stark in den Fokus. Die ökonomische Nachhaltigkeit zielt darauf ab, dass die Edding-Gruppe wirtschaftlich gesund ist und gesund wächst, um unsere profit-for-Strategie auch umsetzen zu können. Die vierte Säule umfasst die ökologische Nachhaltigkeit und die Frage: Wie können wir unseren ökologischen Fußabdruck verbessern? Da geht es dann z. B. darum, die Produktion unseres Hero-Produkts, den Edding 3000, auf recyceltes Aluminium umzustellen. Und auch das Thema Wirksamkeit ist wichtig. Wir wollen z. B. Mitarbeiter:innen die Möglichkeit geben, während ihrer Arbeitszeit Freiwilligenarbeit zu leisten. So wollen wir Unternehmensführung anders denken und etablieren – und zeigen, dass wir damit trotzdem erfolgreich sind. Dazu gehört auch das ganze Thema Haltung zeigen, sich über das eigene Unternehmen hinaus zu engagieren.

Ein Mann und drei Frauen sitzen auf einer Bühne und diskutieren miteinander
v. l. n. r. Toni Willkommen (Brand eins), Dora Osinde (Ogilvy Deutschland), Fränzi Kühne und Katharina Dermühl (Wildling Shoes) diskutierten auf dem GCES 2025 über New Leadership

Mut als Treiber


Hamburg News: Welche Rolle spielt Mut bei Transformationsprozessen?

Fränzi: Eine riesige Rolle. Man braucht so viel Mut, um die bestehenden Strukturen aufzubrechen. Mut ist der Anfangstreiber. Im Juristischen heißt es immer, die Schwelle zum ‚Jetzt geht's los!‘ ist überschritten. Und dafür brauchst du Mut, weil du in vielen Situationen ungemütliche Momente erleben wirst. Weil du diejenige bist, die kaltes Wasser in die warme Badewanne gießt und dann ganz oft nicht unbedingt die beliebteste Person im Raum bist. Aber wenn du weißt, wofür du das machst und warum du Dinge jetzt anstößt, dann lässt sich das leichter aushalten. Mut ist der Anfang von allem.

Hamburg News: Und wie sieht es mit Mut zu Fehlern aus?

Fränzi: Auch der ist wichtig. Wir brauchen eine gesunde Fehlerkultur, die das alles mitträgt. Weil dir klar sein muss, wenn du innovative Sachen probierst, kann auch mal etwas scheitern. Wenn du die erste Person bist, die etwas ausprobiert und auf unbekannte Wege gehst, dann passieren auch mal Fehler – und die dürfen auch passieren. Die gehören dazu und doch ist es bei ganz vielen Unternehmen so, dass dann Köpfe rollen müssen. Das darf so nicht sein.
 

„Diversität ist der Schlüssel für Innovation“ 

Hamburg News: ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘ ist ein beliebtes Narrativ in vielen deutschen Unternehmen. Funktioniert das heute noch?

Fränzi: ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘ oder ‚Das haben wir schon ausprobiert, es hat nicht geklappt‘ – Das sind alles Sätze, bei denen die Schwelle zum ‚Jetzt geht's los!‘ überhaupt nicht mehr überschritten werden kann. Solche Sätze müssen im Unternehmenskontext verbannt werden, finde ich. Auch wenn etwas schon versucht worden und vielleicht gescheitert ist, geht es doch um die Frage nach dem ‚Warum?‘. Ist das ein Einzelfall oder gibt es ein Muster? Was können wir nächstes Mal anders machen?

Außerdem braucht es ein echtes Zuhören, vor allem auf der Führungsetage. Das hat lange keine Rolle gespielt, da ging es vielmehr darum, einfach nur zu folgen. Aber so kommt man nicht auf neue Lösungen. Außerdem fehlen häufig unterschiedliche Perspektiven im Unternehmen. Denn wenn du Menschen am Tisch sitzen hast, die alle Thomas, Christian und Stefan heißen, dann unterhalten sich immer dieselben Leute über die dieselben Sachen. Diversität ist der Schlüssel für Innovation, weil es unterschiedliche Perspektiven braucht. Perspektiven aus allen Richtungen, wie Gender-Diversity, Alter, Herkunft und Bildungshintergrund. Häufig heißt es dann, dass diverse Teams so schwer zu managen seien. Ja, es ist kompliziert. Aber das sollte man als Führungskraft verstehen, sich drauf einlassen können und sich ggf. weiterbilden.

Hamburg News: Was können Führungskräfte tun, um Diversität im Unternehmen zu fördern?

Fränzi: In Zeiten von Krisenstimmung und Budgetkürzungen scheint das Thema Diversität in Unternehmen zu einem nice to have zu werden. Doch es gibt Dinge, die jeder und jede Einzelne tun kann. Sich zum Beispiel selbst zu hinterfragen: Wie rekrutiere ich eigentlich meine Leute? Nach welchen Kriterien entscheide ich, ob jemand aufsteigt oder auch nicht? Ist mir diese Person sehr ähnlich oder ist sie auch mal anders? Lacht diese Person vielleicht nicht über meine Witze und ist alles ein bisschen unbequemer mit ihr? Aber das darf nicht der Grund sein, warum ich nicht befördere oder nicht einstelle. Fangt doch mal an, Lösungen zu suchen und nicht nur so problemorientiert zu sein! Das ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt.

Hamburg News: Danke, Fränzi!

Das Interview führte Sarah Bischoff
sb/kk

Quellen und weitere Informationen

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