Die Idee basiert auf dem Aufeinandertreffen von maximal unterschiedlichen Perspektiven von Akteur:innen aus Wirtschaft und Verwaltung einerseits und der Kreativwirtschaft andererseits. „Wir sprechen hier von elf Teilmärkten der Kreativwirtschaft, die wir als Hamburg Kreativ Gesellschaft vertreten. Das bedeutet, wir haben Kreative aus Bereichen wie Design, Kunst oder Film, aber auch aus Feldern wie Architektur oder der Gaming-Industrie“, erläutert Steinwärder. Für den Cross Innovation Hub haben Steinwärder und Seitz zusammen mit ihrem inzwischen 11-köpfigen Team verschiedene Formate entwickelt, um die branchenübergreifende Zusammenarbeit so zu gestalten, dass am Ende neue Geschäftsmodelle, Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse entstehen. Hamburger Unternehmen wie die Otto Group, Halbleiterhersteller NXP, Hamburger Sparkasse aber auch Hamburg Wasser sowie verschiedene Bezirksämter, haben bereits auf die Innovationskraft von Kreativen gesetzt, um in mehrtägigen Workshops Lösungen für ganz verschiedene Herausforderungen zu entwickeln.
Den Kopf weit öffnen für Impulse aller Art und unterschiedliche Ideenströmungen verfolgen, um neue Lösungen zu entwickeln – darin sind Kreative besonders gut. Und damit sind sie ideale Innovationspartner:innen für die Wirtschaft. Das beweist seit 2016 der Cross Innovation Hub, gefördert mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). „Als wir mit der Idee gestartet sind, die Innovationskraft von Kreativen auf andere Branchen anzuwenden, waren wir mit diesem Ansatz Pioniere. Es gab nichts Vergleichbares in Europa“, erzählt Louisa Steinwärder, die zusammen mit Raffaela Seitz als Co-Leiterin den Cross Innovation Hub der Hamburg Kreativ Gesellschaft leitet.
Elf Teilmärkte der Kreativwirtschaft
Format: Cross Innovation Lab
Etwa im Cross Innovation Lab. „Hier bringen wir Unternehmensmitarbeitende mit je zwei Kreativen zusammen, die als interdisziplinäres Team über einen längeren Zeitraum hinweg innovative Produkte, Services oder Prozesse entwickeln“, so Steinwärder. Am Anfang steht dabei eine Feldforschung, um die spezifischen Herausforderungen des Unternehmens zu durchdringen – und das mit der frischen Perspektive der kreativen Projektpartner:innen. In der folgenden Workshop-Phase werden konkrete Lösungen erarbeitet, an denen mit Feedback-Schleifen weiter gefeilt wird. Ein Merkmal des Cross Innovation Lab ist der iterative Arbeitsprozess, also ein Prozess des mehrfachen Wiederholens gleicher oder ähnlicher Handlungen, um sich Schritt für Schritt der Lösung anzunähern. Das Cross Innovation Lab war bereits einige Male die Geburtsstätte bahnbrechender Ideen. Wie zum Beispiel beim Projekt Faircraft, initiiert vom Luftfahrt-Cluster Hamburg Aviation. Mit einer leichten, kreislauffähigen Flugzeugkabine, die 2021 im Lab ihren Ursprung fand, soll die zivile Luftfahrt klimafreundlicher werden. Faircraft erhielt inzwischen einen Zuschlag für eine Förderung durch die IFB, im Mai 2024 wurde ein Mock-up der Kabine auf der AIX Aircraft Interiors Expo in Hamburg der Öffentlichkeit präsentiert.
Neuer Pool mit 50 festen kreativen Köpfen
„Wir haben eine Reihe verschiedener Theorien des Gelingens entwickelt, etwa, dass beide Seiten sich auf Augenhöhe begegnen, statt, dass es einen Auftraggebenden und -nehmenden gibt. Auch eine Atmosphäre des Vertrauens hat sich als Erfolgselement herausgestellt. Dazu moderieren wir die Prozesse und stellen die jeweiligen Teams zusammen“, betont Steinwärder. Die passende Teamzusammenstellung – der Match – ist ein entscheidender Faktor des Cross Innovation Hub-Erfolgsrezepts. Seit letztem Jahr können Steinwärder und Seitz dazu nun auf einen Pool von 50 festen kreativen Köpfen zugreifen. „Mehr als 300 Kreative haben sich für unser Bewerbungsverfahren gemeldet, die Auswahl hat eine eigens zusammengestellte Jury getroffen. Nun können wir die Kreativen besser kennenlernen und somit besser matchen“, findet Steinwärder. Wer für einen Match ausgewählt wird, erhält ein festes Honorar, Unternehmen zahlen einen Kooperationsbeitrag. „Der variiert je nach Format“, so Steinwärder. Bei 50 Kreativen soll es aber nicht bleiben. „Wir werden den Pool kontinuierlich erweitern, im Herbst ist eine weitere Bewerbungsphase geplant.“
Verschiedene Sprint-Formate
Für die nächste Ausgabe von „Attack your product“ im Oktober wird Steinwärder aber noch auf den Ursprungspool zugreifen. Bei diesem speziellen Format des Cross Innovation Hub wird ein Produkt in dreieinhalb Tagen komplett auseinandergenommen, um anschließend eine zukunftsfähige Strategie zu entwickeln. „Dieses Format gibt es in der Variante ‚Attack your product‘ oder ‚Attack your business‘. Das Ziel sind mindestens drei Lösungsansätze für neue Produkte oder Dienstleistungen oder für innovative Geschäftsmodelle oder -felder.“ Im Gegensatz zum mehrwöchigen Cross Innovation Lab sei der Attack-Ansatz ein Sprint-Format, das in dreieinhalb Tagen durchgeführt wird, erklärt die Co-Leiterin des Cross Innovation Hubs. Das gilt auch für das ‚Pop-up Office‘, bei dem die Veränderung der Arbeitskultur oder die Etablierung einer Innovationskultur im Fokus stehen. Wiederum geht es in dreieinhalb Tagen um einen konstruktiven Perspektivwechsel, der eine Erweiterung der Methodenkompetenz oder die Auswahl geeigneter New Work-Praktiken für die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens zum Ziel hat. Zuletzt konnte das Bezirksamt Hamburg-Nord mit dem Format einen Kulturwandel ins Rollen bringen.
Cross Innovation Hub: wünschenswerte Zukunft im Blick
„In allen Formaten geben wir den Kreativen Raum für ihre besonderen Fähigkeiten, zum Beispiel die der Wissenssynthese, also verschiedene Wissensfelder kreativ zu kombinieren. Sie haben zudem ein gutes Gespür für Probleme. Nur wer Herausforderungen gut versteht, kann Lösungen entwickeln“, fasst Steinwärder zusammen. Und noch etwas zeichne Kreative aus, ergänzt sie: „Ihre Kompetenz, sich eine wünschenswerte Zukunft vorzustellen – und das können wir alle aktuell sehr gut gebrauchen.“
ys/sb
Quellen und weitere Informationen
Cross Innovation Hub
Steigende Komplexität und multiple Krisen verlangen von Unternehmen Transformation und neue Wege im Innovationsmanagement. Der Cross Innovation Hub kreuzt Wirtschaft mit Kreativität und bringt Unternehmen aller Branchen mit Hamburgs Kreativszene zusammen. In verschiedenen Formaten werden Services, Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle anders, neu und innovativ gedacht und Unternehmen damit resilient und zukunftsfähig.
Der Cross Innovation Hub ist ein Projekt der Hamburg Kreativ Gesellschaft und wird mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.
Hamburg Kreativ Gesellschaft
Seit 2010 ist die Hamburg Kreativ Gesellschaft zentrale Anlaufstelle für Berufsstarter:innen, Gründer:innen, Angestellte und Solo-Selbstständige aus den elf Teilmärkten der Kreativwirtschaft: Musik, Film, Literatur, Presse, Rundfunk, Architektur, Bildende Kunst, Design, Software und Games, Theater und Tanz sowie Werbung.
Zum Angebot gehören Workshops, Vorträge und Netzwerkveranstaltungen, individuelle Beratungen, Coachings und eigene Finanzierungsprogramme sowie Unterstützung beim Zugang zu Finanzierungen. Die Gesellschaft betreibt 15 Immobilien und verschafft dort rund 600 Nutzer:innen Arbeitsräume. Darüber hinaus hilft sie bei der Suche nach geeigneten Räumen. Mit Inkubatoren, Acceleratoren, Hubs, Labs und weiteren Formaten werden Innovationen mit und für die Kreativwirtschaft initiiert und gefördert.