Künstliche Intelligenz

„HHAI-Score“ macht Hamburg fit für GenAI

27. November 2024
Initiative will 100.000 Hamburger:innen für den Umgang mit der Zukunftstechnologie qualifizieren

Der Geist ist aus der Flasche – Generative KI ist in der (Arbeits-)Welt und wird es auch bleiben. „Im Jahr 2024 ist generative künstliche Intelligenz endgültig in der deutschen Wirtschaft angekommen“, so das Ergebnis einer Studie des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG. Allerdings trifft das nur bedingt auf die Mitarbeiter:innen zu. „Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitenden" wurde als eine der Unsicherheiten bei der Implementierung generativer KI – auch GenAI genannt – identifiziert. Hier setzt HHAI-Score an. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, 100.000 Hamburger:innen im Umgang mit der Zukunftskompetenz fit zu machen.

Vorhandenes Interesse für GenAI nutzen

„Das soll in vier Stufen geschehen: Lernen, Ausprobieren, Anwenden und Reflektieren der rechtlichen und ethischen Aspekte beim Umgang mit GenAI“, erklärt Mit-Initiator Prof. Tilo Böhmann von der Universität Hamburg (UHH) das für die Teilnehmer:innen kostenfreie Angebot. Der Startschuss für den HHAI-Score fiel am 2. September beim fAIstival 2024 in der Handelskammer und sei gleich auf reges Interesse gestoßen, freut sich Marius Eschen, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins The Interface Society e. V. (ThIS!), der der federführende Organisator der HHAI-SCORE-Initiative ist. „Etwa 180 Multiplikatoren sind zusammengekommen, um Erfahrungen und Best Practices beim Einsatz von GenAI auszutauschen und im Rahmen eines Prompt-a-thons der Universität Hamburg die Technologie auszuprobieren. Ziel ist es, im Laufe des kommenden Jahres den HHAI-Score zu knacken und 100.000 Mitarbeitende in Hamburger Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen an das Thema GenKI heranzuführen.“

Porträtfoto von Professor Tilo Böhmann
HHAI-Score-Mit-Initiator Prof. Tilo Böhmann

Weltweit wachsender Markt 

Das Ziel ist ambitioniert, aber der Kreis der Unterstützer:innen wächst. Zu den Initiatoren ThIS!, HPA, iteratec, Otto und UHH sind bereits etwa ARIC, Haspa, Lufthansa Solutions und die auf digitale Transformation spezialisierte Beratungsgesellschaft doubleYUU dazu gestoßen. Und das aus gutem Grund. Eine Prognose von Statista geht von einem weltweit wachsenden Markt für GenAI von 67 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf mehr als 1,3 Billionen US-Dollar im Jahr 2032 aus. „Die Zeit der Beobachtung ist vorbei. Wir müssen jetzt ins Doing kommen, um für den internationalen Wettbewerb fit zu sein“, betont Eschen. Und Böhmann ergänzt: „Wichtig ist auch, der sich anbahnenden KI-Kluft entgegenzuwirken, die zwischen denen entsteht, die mit Lust die neuen Technologien nutzen und denen, die sich nicht trauen.“

Porträtfoto von ThIS!-Geschäftsführer Marius Eschen
ThIS!-Geschäftsführer Marius Eschen

After Work- und Breakfast-Events

Um herauszufinden, wie KI-affin die Hamburger Wirtschaft bereits ist, hat HHAI-Score eine Umfrage bei Hamburger Unternehmen und Organisationen gestartet. Ziel ist eine tragfähige Datenbasis, um möglichst passgenaue Angebote zu gestalten. Das sind in der Anfangsphase etwa After Work- und Breakfast-Events. „Unser erstes, virtuelles Innovation Breakfast fand am 20. November statt, weitere sind monatlich geplant“, so Eschen. Jeweils eine Stunde dauere der komprimierte Erfahrungsaustausch. „Wir starten mit einem 15-minütigen Expertenimpuls, gefolgt von kleineren Breakout-Sessions in denen diskutiert und das Gehörte vertieft werden kann.“ Für das erste Quartal 2025 ist eine Discovery Tour vorgesehen: Drei Unternehmen laden ein und informieren über ihre Erfahrungen bei der Implementierung von GenAI. Welche Unternehmen das sein werden, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden.

Positives Fazit nach Praxiserfahrung

Interessante Best Cases gibt es bereits. So kommt etwa die Otto Group nach einem Jahr Erfahrung mit dem GenAI-basierten Tool „ogGPT“ zu einem positiven Fazit. Mit dem internen KI-Assistenten lasse sich Zeit sparen und für knapp 80 Prozent der befragten Nutzer:innen habe sich der Spaß bei der Arbeit erhöht. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf berichtet ebenfalls von einer klaren Zeitersparnis bei der Erstellung von Arztbriefen durch das KI-Sprachmodell „Argo“. Es entlaste die Mitarbeitenden im klinischen Alltag und verbessere die Patient:innenversorgung. „Beispiele wie diese belegen, es lohnt sich etwaige Berührungsängste zu überwinden“, findet Böhmann. Er weiß, wovon er spricht. Die UHH bietet ihren Mitarbeiter:innen Prompt-a-thons als Einstieg, um Hemmschwellen zu überwinden und spielerisch mit der Technologie zu experimentieren.

Zukunftstechnologien im Blick

Tatsächlich will der Umgang mit GenAI gelernt sein, ein ungenauer Prompt kann zu überraschenden Ergebnissen führen. Und dann ist da das Phänomen des Halluzinierens. Dabei „erfindet" die KI falsche Informationen, weil sie vermeintlich besser auf das Anforderungsprofil passen. „Je nach Anwendungsfall soll KI ja durchaus Vermutungen anstellen, um auf Basis einer Datenlage zu Vorhersagen zu kommen“, erklärt Eschen. Doch er betont auch die Notwendigkeit, KI-Ergebnisse kritisch zu hinterfragen und sich auf die Technologie einzustellen. „KI ist ein neuer Kollege, den wir zu nehmen lernen müssen. Die Technologie basiert auf neuronalen Netzen, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden werden. Und ein Mensch greift auch auf sein Bauchgefühl zurück.“ Bauchgefühl ist jedoch gar nicht nötig, wenn die KI auf eine gute Datenlage zugreifen kann. Je mehr Daten, desto besser. Allerdings gilt auch: Je mehr Daten, desto mehr Rechenkapazität ist erforderlich, weiß Eschen. „Um eine wirklich große Menge von Daten zu verarbeiten, brauchen wir die zweite Super-Technologie, die in Hamburg vorangetrieben wird: Quantencomputing.“ HHAI-Score hat somit gleich mehrere Zukunftstechnologien im Blick.
ys/mm

Quellen und weitere Informationen

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