Startups

Skillbased aus Hamburg setzt neue Impulse für die Arbeitswelt

26. April 2024
Im Interview spricht Skillbased-Gründerin Frederika Hornef über das Potenzial einer alternativen Job- und Talentsuche

Der demografische Wandel verschärft den Fachkräftemangel in Deutschland weiter und stellt die Arbeitswelt vor Herausforderungen: Im September 2023 fehlten laut Herbstreport des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fast 300.000 Arbeitskräfte in MINT-Berufen. Wie lässt sich herkömmliches Recruiting anders denken? Diese Frage hat sich Frederika Hornef gestellt – und die Jobmatching-Plattform Skillbased ins Leben gerufen. 

Statt traditioneller Lebensläufe stehen Fähigkeiten und Kenntnisse im Mittelpunkt. Ziel ist es, Quereinsteigenden neue Möglichkeiten zu eröffnen und eine chancengleiche Arbeitswelt zu schaffen. Mithilfe von spielerischen Fragen werden Talente identifiziert und Matches generiert, mittlerweile bereits über 300. Laut Hornef vereint die Plattform aktuell mehr als 1.500 Talente und 45 Unternehmen, darunter die Hamburger Sparkasse und das Handelsunternehmen Valora. Skillbased wird durch das InnoFounder-Programm der IFB Innovationsstarter GmbH unterstützt.

Skillbased-Gründerin über eine Arbeitswelt im Wandel

Bereits mit Anfang 20 hat Frederika Hornef den Mut zur Selbstständigkeit bewiesen. Im Anschluss an ihre Ausbildung zur Steuerfachangestellten strebte sie nach neuen Herausforderungen und gründete, zusammen mit Ben Reimer, im Oktober 2022, Skillbased. Ende März 2024 trat Frederika im Finale des Hamburger Gründerinnen-Wettbewerbs Starterin Hamburg an und belegte den zweiten Platz in der Kategorie Tech. Im Gespräch mit den Hamburg News verrät sie mehr über ihre persönliche Gründungsgeschichte und über das Potenzial des Startups für die Zukunft der Arbeitswelt.

Hamburg News: Was hat euch zur Gründung von Skillbased motiviert?

Frederika Hornef: Die Idee entstand während meiner kaufmännischen Lehre. In dieser Zeit habe ich erkannt, dass einerseits viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, passendes Personal zu finden. Andererseits sind zahlreiche Firmen offen dafür, alternative Talente einzustellen. Mein Arbeitgeber zum Beispiel legte weniger Wert darauf, dass Bewerber:innen ausgelernt waren. Wichtiger war deren Motivation. Mein Mitgründer war selbst unglücklich in seinem Job im strategischen Einkauf. Er wollte etwas Neues ausprobieren und stieß dabei auf klassische Probleme von Quereinsteigenden in der heutigen Arbeitswelt. So entstand die Idee für Skillbased – eine Plattform, auf der beide Seiten voneinander profitieren können.

Hamburg News: Welche Herausforderungen der Arbeitswelt adressiert eure Plattform?

Frederika: Für uns ist das Thema Chancengleichheit zentral. Uns ist es wichtig, dass alles anonym abläuft, deshalb gibt es kein Foto, keinen Namen, kein Alter, Geschlecht oder Nationalität. Wir wollen die Talentsuche neu gestalten und den Unternehmen nur die Fähigkeiten als Entscheidungskriterien geben.

Hamburg News: Was hast du für Erfahrungen als Gründerin gemacht? Ist die Geschlechtergerechtigkeit auch ein Thema für die Arbeitswelt von morgen?

Frederika: Ich hatte das Thema Mann-Frau nicht wirklich im Blick. Doch ich habe schnell gemerkt, dass dieses Ungleichgewicht, das wir auch mit unserem Produkt thematisieren, mich täglich in meiner Arbeit beeinflusst. Oft ist es nicht böse gemeint aber es wird beispielsweise als selbstverständlich erachtet, dass Frauen weniger Ahnung haben. Man wird weniger ernst genommen. Mir wurde zum Beispiel mal von einer Kundin gesagt, wie schön es ist, dass ich meinen Geschäftspartner bei seiner Idee unterstütze. Das hat mich getroffen, weil ich genauso viel Arbeit und Mühe in unser Startup investiere. Deshalb habe ich mich auch bei dem Wettbewerb Starterin beworben. Ich finde es sehr cool, dass es die Möglichkeit gibt, dass man sich als Frau auf die Bühne stellen, offen über solche Probleme sprechen und sich selbst so ein bisschen hervorheben kann. 

Skillbased-App für moderne Arbeitswelt

Mit der Jobmatching-Plattform Skillbased dem Fachkräftemangel begegnen

Hamburg News: Du hast eingangs von ‚alternativen Talenten‘ gesprochen. Was macht für dich ein solches Talent aus?

Frederika: Ein ‚alternatives Talent‘ ist für uns jemand, der nicht unbedingt die Anforderungen der Stellenausschreibung erfüllt, aber dennoch Fähigkeiten besitzt, die die Ausübung des Jobs ermöglichen. Es muss nicht zwingend ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung vorliegen. In Deutschland ist die Einstellungskultur noch sehr traditionell. Wir glauben jedoch, dass jeder Mensch von Natur aus unterschiedliche Fähigkeiten mitbringt. Diese möchten wir nutzen, um Persönlichkeiten und Jobs zusammenzubringen. 

Hamburg News: Spielen traditionelle Bewerbungskriterien auf Skillbased überhaupt keine Rolle mehr?

Frederika: Es wäre eine Option gewesen, den Lebenslauf zu nutzen, um Skills abzuleiten. Wir haben jedoch gesehen, dass Unternehmen oft den Lebenslauf bewerten und schnell sagen: ‚Die Person kommt aus einem anderen Bereich, das kann nicht funktionieren.‘ Deshalb haben wir uns entschieden, die Vita komplett zu streichen. Bei uns werden keine Berufserfahrung oder ähnliche Dinge abgefragt.

Hamburg News: Wollt ihr Unternehmen eine Alternative zu gängigen Jobportalen bieten?

Frederika: Wir setzen vor allem da an, wo Unternehmen kein Personal mehr finden. Klar, wenn ein Unternehmen die Wahl hat zwischen jemandem, der oder die ausgelernt ist und den perfekten Abschluss mitbringt und einem oder einer Quereinsteiger:in, dann wird im Zweifel immer die ausgelernte Person gewählt. Aber wenn es diese Fachkraft nicht gibt, weil der Arbeitsmarkt leergefegt ist, soll unser Produkt ergänzend alternative Talente vorschlagen.

Hamburg News: Wie stellt ihr sicher, dass Unternehmen und Talente die passenden Profile sehen?

Frederika: Wir haben einen komplexen Algorithmus geschrieben, der pro Stelle berechnet, welche Kandidat:innen zu dieser passen. Hierfür nutzen wir z. B. bestimmte Kategorien und Kriterien. Zukünftig planen wir künstliche Intelligenz zu integrieren, um die Prozesse schneller und schlauer zu machen und Unternehmen vollständige Jobprofile automatisiert vorzuschlagen.

Hamburg News: Wie lief die Pilotphase im Jahr 2023 für euch?

Frederika: Unsere Pilotphase war sehr wertvoll. Unternehmen hatten in der Testphase die Möglichkeit, kostenfrei und unlimitiert Ausschreibungen anzulegen. Als Gegenleistung haben wir um Feedback gebeten, welches uns reichlich entgegengebracht wurde. Damit konnten wir den Prozess maßgeblich optimieren. Eine besonders prägende Erfolgsgeschichte war ein Unternehmen, bei dem es nur zehn Tage von der Veröffentlichung des Jobs bis zur Vertragsunterzeichnung gedauert hat. 

Hamburg News: Welche Veränderungen für die Arbeitswelt können alternative Plattformen wie Skillbased bewirken?

Frederika: Menschen, die im aktuellen System Schwierigkeiten haben, werden ganz neue Jobchancen aufgezeigt. Langfristig wollen wir unsere Idee weiter ausbauen und Weiterbildungsmöglichkeiten integrieren, um Unternehmen zu zeigen, dass fehlende Skills keine Hürde sind. So wollen wir deutschlandweit zur Anlaufstelle werden, um Personal mit passenden Jobs zu matchen. Zunächst konzentrieren wir uns auf Hamburg und optimieren unsere Funktionen. Danach wollen wir unser Angebot auch auf weitere Städte ausdehnen.
fw/sb

Das Gespräch führte Felina Wellner. 

Quellen und weitere Informationen

Starterin Hamburg

Der jährlich stattfindende Wettbewerb Starterin Hamburg wurde 2021 von der privaten Initiative Hamburg Startups ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Sichtbarkeit von Startup-Gründerinnen zu erhöhen sowie ihre aktive Vernetzung mit Entscheider:innen und Investor:innen zu fördern. Der Award ist branchenübergreifend und soll die Diversität des Hamburger Startup-Ökosystems aufzeigen. 

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