Gestartet ist das Biotech-Unternehmen als reiner Lieferant von Medizinprodukten für Labore. „Dann kam die Pandemie und wir haben festgestellt, dass es nicht nur an Material, sondern auch an Laborkapazitäten mangelt. Also haben wir unser Angebot um eigene Laborstandorte und mobile Lab Trucks erweitert“, sagt der Procomcure-CEO. Die Trucks, ausgestattet mit sogenannten Echtzeit-Thermocyclern, Nukleinsäure-Aufreinigungssystemen, mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken sowie Pipettierrobotern, kommen etwa bei Festivals oder anderen Großveranstaltungen zum Einsatz und bieten innerhalb von zwei bis vier Stunden ein Test-Ergebnis. Aber auch Häfen und Flughäfen sind mögliche Einsatzfelder. Immerhin bieten die Lab Trucks eine Laborkapazität von bis zu 20.000 individuellen PCR-Tests pro Tag. Werden die Proben nicht einzeln bearbeitet, sondern zu Pools zusammengefasst, lasse sich die Kapazität laut Clarfeld auf mehr als 100.000 Proben täglich erhöhen.
Eine weitere Corona-Welle im Herbst gilt als wahrscheinlich, der Grad der damit einhergehenden Gefahr wird gerade diskutiert. Doch die Welle als solche lasse sich brechen, ist Jens-Peter Clarfeld überzeugt. „Jede frühzeitig erkannte Infektion trägt dazu bei, die Pandemie einzudämmen. Und das reduziert zudem die Zahl der Erkrankten mit Post-Covid-Erscheinungen – immerhin 10 Prozent nach aktuellen Zählungen – sowie das Risiko weiterer Mutationen“, betont der CEO der Procomcure Biotech Germany GmbH. Als Entwickler und Hersteller innovativer PCR-Verfahren beliefert das Diagnostikunternehmen Labore weltweit mit maßgeschneiderten Lösungen im Bereich der nukleinsäure-basierten Detektion, betreibt aber auch selbst Labore und Testzentren in Deutschland und Österreich. „Das Thema Prävention beschäftigt mich als Unternehmer schon seit langem und als ich dann den CEO von Procomcure Biotech Österreich, Professor Kamil Önder, kennengelernt habe, kam es 2020 zur Gründung der Procomcure Biotech Germany GmbH in Winsen (Luhe)“, erzählt Clarfeld. Heute beschäftige das Unternehmen zwischen 70 und 100 Mitarbeiter:innen und erziele einen jährlichen Umsatz im mittleren zweistelligen Millionenbereich, so der Unternehmer.
Procomcure: Mobile Lab Trucks im Einsatz
Mit Pool-Testing Infektionsketten durchbrechen
Das Pool-Testing hält Clarfeld für einen ausgesprochen sinnvollen Ansatz und verweist auf Schul-Pooltestungen in Bayern als Best Case. „Die Landesregierung beauftragte acht Labore, darunter Procomcure Biotech Germany, und konnte damit 100 Prozent aller Schulen abdecken.“ Die Schüler wurden morgens getestet und die Tests klassenweise als Pool analysiert. War ein Pool positiv, folgten Einzelanalysen und bis zum nächsten Morgen konnten infizierte Schüler informiert und isoliert werden. „Das war eine effektive Möglichkeit, Infektionsketten zu durchbrechen und Ansteckungen zu verhindern – noch bevor Symptome auftreten“, betont Clarfeld.
Tests auf Influenza A/B, Gluten- oder Laktoseintoleranz
Zudem sieht Clarfeld einen klaren Trend hin zu Home Testing, gerade auch für Wirtschaft und Industrie. „Es gibt immer mehr Konzerne, die ihre Belegschaft testen lassen möchten, um einem massiven Ausfall der Mitarbeiter:innen und damit einem möglichen Drosseln der Produktion vorzubeugen.“ Die Procomcure Biotech Germany hat dazu Gurgeltests entwickelt und sie unter der Marke nu:lab auf den Markt gebracht. Dabei denkt das Unternehmen über den Corona-Virus hinaus. „Mit unserem Verfahren ist der Nachweis anderer Viren, wie Influenza A/B im gleichen Test-Durchlauf möglich.“ Ein Blick nach Australien, wo gerade der Winter zu Ende geht, belege die Relevanz. „Die Australier stellen gerade eine deutlich früher einsetzende und außergewöhnlich starke Influenza-Welle fest, mit entsprechenden Folgen auch für die Wirtschaft.“ Aber auch Tests auf Gluten- oder Laktoseintoleranz hat Clarfeld in Planung. „Das zielt auf die wachsenden Probleme, zeitnah einen Arzttermin zu bekommen. Mit unseren Tests lässt sich der Verdacht auf eine Unverträglichkeit bequem von zu Hause klären. Das spart Zeit und den Aufenthalt im Wartezimmer.“
KI-Einsatz zur Risikoeinschätzung
Bei künftigen Tests setzt das Unternehmen zudem auf die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) „KI eignet sich besonders, wenn es um den Umgang mit Wahrscheinlichkeiten geht, etwa um die Risikoeinschätzung bei einer erblichen Vorbelastung“, so Clarfeld. Die Forschung zur DNA-Entschlüsselung hat sich rasant entwickelt und erlaubt Risikoanalysen sowohl in Bezug auf genetische Prädispositionen als auch was Umwelteinflüsse betrifft. „Je früher eine solche Risikoeinschätzung vorgenommen wird, desto besser lassen sich präventiv Maßnahmen ergreifen.“
ys/sb