Die Wertschöpfung des Life-Science-Sektors lag bei der letzten LSN-Erhebung 2018 bei fünf Milliarden Euro, erwirtschaftet von rund 500 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Institutionen mit etwa 52.800 Beschäftigten. Die Zahl dürfte heute höher liegen, schätzt Walkenhorst. Denn die Bedeutung des Clusters wächst. „Schwerpunkte der Life Sciences liegen auf dem Gebiet der innovativen Medizin, das heißt der Pharmazie, der Diagnostik sowie der Medizintechnik inklusive der digitalen Anwendungen, also Feldern von zunehmender Relevanz vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft.“ Zudem würden maßgebliche technologische Fortschritte, wie etwa der Durchbruch der mRNA-Forschung oder die sich schnell entwickelnde personalisierte Medizin, die Branche vorantreiben. „Und schließlich hat die Pandemie den Fokus auf die Life Sciences gelegt, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit“, so Walkenhorst weiter.
Im Jahr 2026 könnte sich der weltweite Umsatz im Bereich Digital-Health auf eine Billionen Euro belaufen, meldet Statista und bezieht sich dabei auf eine Prognose der Unternehmensberatung Roland Berger. Für Deutschland wird ein Marktvolumen von 59 Milliarden Euro erwartet – und Elbmetropole dürfte daran einen wesentlichen Anteil haben. „Hamburg ist eine Digital-Health-Hochburg. Mehr als ein Drittel aller zugelassenen digitalen Gesundheitsanwendungen Deutschlands, sogenannte DiGA, kommen aus Hamburg“, weiß Dr. Jürgen Walkenhorst, seit dem 1. Juni Geschäftsführer der Life Science Nord Management GmbH. Der promovierte Biologe bringt langjährige Erfahrung im Technologietransfermanagement mit. Ideal für seine neue Position, in der es um die Vernetzung von Akteur:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Cluster Life Science Nord (LSN) geht. Ziel der Netzwerk-Einrichtung: Synergien zur Steigerung von Innovation und Wertschöpfung in der industriellen Gesundheitswirtschaft in Hamburg und Schleswig-Holstein zu schaffen.
Life Science Nord: Die Bedeutung des Clusters wächst
Life Sciences sind stark wissenschaftsbasiert
Durch die Pandemie ist das Interesse an digitalen Gesundheitsangeboten gewachsen, wie überhaupt das Bewusstsein für die Bedeutung der Digitalisierung – ein immer wesentlicheres Thema auch in den Life Sciences. Zu Walkenhorsts Aufgaben gehören somit auch das Vorantreiben der Digitalisierung sowie die Stärkung von Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch der Blick über den Tellerrand von Norddeutschland hinaus nach Europa, Amerika und Asien. „Gerade die Life Sciences sind stark wissenschaftsbasiert“, so der Experte. Die Metropolregion sieht er dabei gut aufgestellt. „Norddeutschland verfügt über zahlreiche starke Hochschulen, zwei Universitätskliniken sowie eine hohe Anzahl außeruniversitärer Einrichtungen, wie etwa das DESY, das Bernard-Nocht-Institut, das Forschungszentrum Borstel oder das Leipzig-Institut für Virologie.“ Gerade die Infektionsforschung sei am Standort stark, betont Walkenhorst. So ist Hamburg einer von sieben Standorten des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung.
Kann KI die Gesundheitsversorgung revolutionieren?
Und auch die „Wirtschaftsseite“ des Clusters sei gut aufgestellt, betont Walkenhorst. „Eine Stärke beispielsweise des Hamburger Ökosystems liegt in dem breiten Spektrum von Unternehmen im Umfeld von Digital Health – von großen etablierten Akteuren bis zu Startups, die sich alle gegenseitig befruchten und Innovationen befördern.“ Auch in den Bereichen Diagnostik und Medikamentenentwicklung spielen neue Technologien, wie etwa künstliche Intelligenz (KI), eine immer größere Rolle. So hat sich der 2019 gegründete Health AI Hub Hamburg zum Ziel gesetzt, die Gesundheitsversorgung mithilfe von KI zu revolutionieren. Für den Standort Hamburg spreche zudem die Attraktivität der Stadt und der Region. Diese gilt als ein wesentlicher Faktor bei der Fachkräfteakquise aus dem In- und Ausland. „Dazu kommen die guten Karrierechancen, die sich durch die Vielzahl der Unternehmen in der Region ergeben. Diesen Aspekt werden wir als Life Science Nord national und international noch stärker vermarkten“, hat sich der neue Cluster-Manager vorgenommen.
Breites Unterstützungsangebot nutzen
Als weiteres Aufgabenfeld nennt Walkenhorst die Unterstützung der Unternehmen bei der Bewältigung von regulatorischen Anforderungen, etwa bei der Zertifizierung digitaler Lösungen als Medizinprodukte. „Hier waren die Anforderungen bereits hoch. Mit der in der Umsetzung befindlichen europäischen Medizinprodukte-Verordnung (MDR) ist eine Verschärfung verschiedener regulatorischer Schritte eingetreten – auch gültig für Software als Medizinprodukt (SaMD).“ Umso wichtiger sei es, sich frühzeitig mit diesem Thema zu beschäftigen, um regulatorische Aspekte von Beginn an mitzuberücksichtigen, rät Walkenhorst und verweist auch auf Seminare oder Unterstützung durch Experten seitens des Clusters. So trifft sich etwa der LSN-Arbeitskreis Regulatory-Affairs am 5. September in Lübeck, um nach Möglichkeit bestehende wie kommende regulatorische Bedingungen für die praktische Umsetzung mitzugestalten.
Hochkarätige Events im Herbst
Ebenfalls im September (15. bis 16.9.) findet dieses Jahr zum 11. Mal der Norddeutsche Dialog in der Medizintechnik in Hamburg statt. Das Symposium richtet sich mit fachlich hochkarätigen Vorträgen an Vertreter:innen von Behörden, Industrie, Beratung, Wissenschaft und Prüfstellen. Zudem ist der LSN mit einem Stand bei internationalen Messen vertreten, etwa der Bio Europe in Leipzig oder der Arab Health in Dubai. Und auf noch ein hochkarätiges internationales Event freut sich Jürgen Walkenhorst, obwohl bis zum Start noch rund zwei Jahre vergehen: Das ISSCR Annual Meeting. Die Jahrestagung der internationalen Stammzell-Community war eigentlich für 2021 geplant, konnte pandemiebedingt jedoch nur virtuell stattfinden. „Nun freuen wir uns im 2. Quartal 2024 etwa 4.000 Stammzellforschende aus über 60 Ländern bei uns begrüßen zu dürfen. Ein Highlight für die Metropolregion und ein perfekter Anknüpfungspunkt für Internationalisierungsaktivitäten des Life Science Nord Clusters“, so Walkenhorst.
ys/sb