Tourismus

Haus der Begegnung und Vernetzung: Villa Viva in Hamburg

10. Mai 2022
Joint Venture zwischen Heimathafen Hotels und der gemeinnützigen Organisation Viva con Agua. Serie: Außergewöhnliche Hotels in Hamburg

Kost und Logis sind in der Villa Viva erst der Anfang. Es soll ein Gasthaus der Begegnung, der Kunst und Vernetzung werden. Und ein „Haus, das Brunnen baut“ – Schließlich ist das Social-Business-Projekt ein Joint Venture zwischen Viva con Agua und Heimathafen Hotels. 60 Prozent der Einnahmen sollen an die WASH-Projekte der Non-Profit-Organisation gehen, die sich seit 2006 für sauberes Trinkwasser und Sanitäranlagen in der ganzen Welt einsetzt. Vieles spricht dafür, dass eine ganze Reihe neuer Brunnen finanziert werden kann, wenn die Villa Viva Ende 2023 ihre Türen öffnet. Das zwölfstöckige Gebäude soll, neben knapp 140 Zimmern, Restaurant und Roof-Drop-Bar, Räume für Kunst, Kultur und Yoga sowie Konferenzen umfassen. Auch ein ‚Office Playground‘ gehört dazu, für spielerisches Arbeiten, und um den Bereich Social Entrepreneurship voranzubringen. Zudem werden die Büros von Viva con Agua einziehen. Anfang April wurde Grundsteinlegung im Hamburger Münzviertel, unweit des Hauptbahnhofs, gefeiert. Teil 3 unserer Serie ‚Außergewöhnliche Hotels und Nutzungskonzepte‘.

Kunst zieht sich durchs ganze Haus – innen wie außen  

„Es wird ein Gasthaus für Jedermann“, verspricht Jens Sroka, Gründer der Heimathafen Hotels. Übernachtungen sollen schon ab 19,90 Euro pro Nacht im Camping Ground möglich sein. „Unsere Zimmerkategorien reichen von winzig und klein über mittel, groß oder schick bis hin zu unseren beiden ‚Dicke-Hose-Suiten‘, eine gestaltet von Barbara Schöneberger, eine von Jan Delay. Und wir werden 27 Art-Rooms haben, die von Künstler*innen aus aller Welt gestaltet werden und bei denen die Kunst aus dem Zimmer in den Flur hinauswächst.“ Als Kunstgalerie ist auch das Treppenhaus der Villa Viva angelegt sowie Teile der Außenfassade, die einerseits zur künstlerischen Projektionsfläche wird, andererseits dank Fassadengrün das ökologische Klima unterstützt. „Für die Roof-Drop-Bar konnten wir die Urban-Art-Künstler TenTen gewinnen, deren Kunstwerke einem das Gefühl geben, durch einen Riss in die Unendlichkeit zu blicken“, so Sroka. In luftiger Höhe wird künftig so jeder Tropfen im Glas zu einem Beitrag, allen Menschen den Zugang zu frischem Wasser zu ermöglichen. Zumal weder für den Bau noch für den Betrieb der Villa Viva Spendengelder angerührt werden, betonen Sroka und Viva-con-Agua-Gründer Benjamin Adrion.

Grundsteinlegung mitten in der Hamburger City

17 Shareholder engagieren sich langfristig

Vielmehr bringt eine 17-köpfige Shareholder-Gang – darunter die Gebrüder Braun vom Miniatur Wunderland, Jan Delay, Bela B oder Kevin Kurányi – einen Startbetrag von knapp sechs Millionen Euro ein, der Rest des insgesamt 30 Millionen-Euro-Investments werde von der Umweltbank finanziert. „Unsere Shareholder-Gang lässt sich dabei auf ein langfristiges Engagement ein“, betont Sroka. „Alle Unterstützer verpflichten sich auf eine Finanzierungsdauer von 18 Jahren und halten für 100 Prozent ihres Kapitals nur 33 Prozent an der Villa Viva Holding. Das ist echtes Social Business.“ Die Zusammenarbeit der Heimathafen Hotels und Viva con Agua geht auf das Jahr 2013 zurück. „Mir hat schon immer der besondere Ansatz dieser NGO gefallen, bei der Akteure aus Sport, Kunst und Musik für gute Stimmung sorgen und so Menschen animieren, Gutes zu tun“, sagt Sroka. Er bot Viva con Agua die Gestaltung einer Junior Suite für sein Beach Motel in St. Peter-Ording an. Damit verbunden: 25 Prozent der Übernachtungserlöse für die Hilfsprojekte. „Auf diese Weise fließen nun jedes Jahr neun bis zwölftausend Euro an Viva con Agua“, erzählt Sroka, der aus einer Hoteliersfamilie stammt.

Viva con Agua-Gründer Benjamin Adrion und Musiker Jan Delay

Gastgebertum in der DNA

Seinem Vater gehörte unter anderem das Ambassador an der Nordkanalstraße, gar nicht weit vom jetzigen Villa-Viva-Standort. Sroka selbst ist gelernter Hotelfachmann mit Erfahrung in USA und Asien, bevor er 2007 mit der Eröffnung des Strandgut Resorts in Sankt Peter-Ording den Grundstein für die Heimathafen-Gruppe legte. Sechs Häuser umfasst die Gruppe heute, drei weitere sind in Planung, darunter die Villa Viva als erstes Hamburger Projekt. Initiator war dabei Benjamin Adrion, der nun bei Sroka anfragte, ob er als Betreiber ins Boot kommen wolle. „Viva con Agua ist in den letzten Jahren stark gewachsen, ihr jetziger Standort im Karolinenviertel platzt aus allen Nähten. Die Stadt hat ihnen daraufhin das Grundstück im Münzviertel angeboten. So entstand die Idee“, erklärt Sroka. Abgesehen vom brunnenbauenden Gasthaus wollen die beiden Gründer mit ihrem Konzept auch eine soziale Stadtteilentwicklung vorantreiben.

Heimathafen Hotels-Gründer Jens Sroka

Villa Viva soll Teil der Nachbarschaft werden

Etwa 65 Arbeitsplätze wird die Villa Viva schaffen, die sowohl beim Bau als im Betrieb einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen soll. Recyclingbeton, Solarthermie, Warmwasserspeicher, Regenwasserauffangsysteme sowie eine spezielle Abwasseraufbereitung sind einige Ansätze. Um gar nicht erst als Fremdkörper wahrgenommen zu werden, sind Sroka und Adrion dem Quartiersbeirat Münzviertel beigetreten. „Mit unserem Restaurant und unserer Bar wollen wir zudem die Nachbarschaft zu uns einladen. Denn hier gibt es zwar die größte Dichte an sozialen Einrichtungen pro Einwohner, aber wenig Gastro-Angebote“, so Sroka. Dabei erwarten Restaurantbesucher*innen verschiedene Gerichte aus Regionen, in denen Viva con Agua aktiv ist. Aber auch Hamburger Köche und Gastronomen haben spezielle Rezepte für die Villa Viva angekündigt. „Unsere Gerichte werden wir auch in einem Außerhausverkauf durch ein Fenster aus der Küche anbieten, etwa für die Mitarbeiter der Unternehmen im Viertel. Und wer mag, der bezahlt einfach einen Kaffee, eine Suppe oder einen Hauptgang mehr, die dann an Obdachlose gehen.“

Erfahren Sie unserem Podcast #ueberdentellerrand mehr darüber, welchen Purpose Viva con Agua verfolgt. Wir diskutieren mit Arnd Boekhoff von der Viva con Agua Stiftung darüber, wie man Purpose in der heutigen Wirtschaftswelt einsetzt, lebt, und was ihn zum Unternehmenstreiber der Zukunft macht.
ys/sb

Lesen Sie auch die weiteren Teile unserer Serie ‚Außergewöhnliche Hotels und innovative Nutzungskonzepte‘:

Hotel rockt Bunker

PHNX: Co-Living, Co-Working und ein Baum pro Zimmer

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