Handel

Görtz setzt auf Online und Filiale – und gewinnt weitere Zielgruppe

7. Oktober 2020
Geschäftsführer Frank Revermann setzt neben Online auf Service in den Filialen und die Sogwirkung Hamburgs als „wunderschöner Stadt“

Die Ludwig Görtz GmbH ist online gut durch den Corona-Lockdown gekommen und konnte dabei ihre Zielgruppe erweitern. Nachdem die Geschäfte wieder öffnen durften, gab das Traditionsunternehmen Mitte Mai ein explizites Bekenntnis zum Filialgeschäft. „Es reicht nicht aus, nur im Bereich E-Commerce state of the art zu sein, ein starkes Filialnetz ist ebenso wichtig“, erklärte Frank Revermann, Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing, E-Commerce und Einkauf. Hamburg News sprach mit dem Handelsexperten über die Zukunft des Handels in der Hamburger City. Bevor Revermann im November 2015 als Geschäftsführer zu Görtz kam, war er unter anderem 13 Jahre als Geschäftsführer bei Bonita und zuletzt als CEO beim Matratzenhersteller MFO tätig.

Hamburg News: Lieber Herr Revermann, die Ludwig Görtz GmbH hat als Hamburger Traditionsunternehmen ein klares Bekenntnis zum Filialgeschäft abgegeben. Sie glauben also an den stationären Handel?

Frank Revermann: Ja. Natürlich wachsen wir, besonders im Rahmen der aktuellen Herausforderung der Coronakrise, stark im digitalen Sektor. Dennoch erkennen wir auch den Vorteil unserer Filialen: im Bereich Marken-Bekanntheit, Vor-Ort-Verfügbarkeit aber auch hinsichtlich des haptischen Erlebnisses. Als Omnichannel-Unternehmen legen wir einen besonderen Schwerpunkt auf unsere digitalen Services, die unsere Kunden gerne in Anspruch nehmen: Online einen Schuh aussuchen, in der Filiale anprobieren, abholen oder von anderen Modellen inspirieren lassen. So geben wir ein klares Bekenntnis zum vorteilhaften Zusammenspiel aller Kanäle.

Frank Revermann, Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing, E-Commerce und Einkauf

Hamburg News: Deutschland hat während des Corona-Lockdowns einen Digitalisierungsschub erlebt. Auch bei Görtz hat das Online-Geschäft stark angezogen, konnten Sie neue Zielgruppen erschließen?

Frank Revermann: Zu Beginn der Pandemie konnten wir keinen Unterschied in der Altersverteilung feststellen. Seit einigen Wochen beobachten wir wöchentlich, dass sich das durchschnittliche Alter unserer „Neukunden-Online“ jedoch erhöht. Vor dem Hintergrund des gesamten Onlinewachstums lässt sich auf eine Online-Erschließung von auch älteren Zielgruppen schließen.

Hamburg News: Noch wird das reale Shopping-Vergnügen etwa durch die Maskenpflicht getrübt. Was kann Görtz tun, um die Menschen wieder in die Filialen zu locken?

Frank Revermann: Unsere Services sind aktuell ein gutes Instrument, um Kunden in unseren Filialen begrüßen zu dürfen. Unsere Vorort-Beratung ist nach wie vor ein wichtiger Vorteil beim Besuch in der Filiale.

Hamburg News: Lockt die Innenstadt trotz Corona noch ausreichend Einkaufswillige an?  

Frank Revermann: Die Hamburger Innenstadt hat als wunderschöne, norddeutsche 2-Millionen-Metropole alles, was das Herz begehrt, sowohl für Einwohner aus der Metropolregion als auch für Touristen aus aller Welt. Mir fällt nichts ein, was in dieser wunderschönen Stadt noch fehlen könnte. Sowohl Einzelhandelsgeschäfte als auch Restaurants, Museen, kulturelle und sportliche Aktivitäten bieten ein für die Größe der Stadt optimales Angebot.

Hamburg News: Die Schließung von Karstadt Sport und Galeria Kaufhof wird natürlich von vielen beklagt. Bietet dieser Einschnitt vielleicht auch neue Gestaltungsmöglichkeiten?

Frank Revermann: Um die Attraktivität der Hamburger Innenstadt dauerhaft zu sichern, hat die Stadt seit Jahren ein strategisch wichtiges Ziel aus den Augen verloren – nämlich Wohnraum auch mitten in der Innenstadt zu generieren. Damit könnte das Gesicht der Mönckebergstraße attraktiver und moderner werden. Auch etwa durch Wohnraum beispielsweise für Studenten. Weitere sonstige Flächen zu schaffen ist aus meiner Sicht genauso fatal wie die Entwicklung des Überseequartiers – und das nicht nur aus Einzelhandelssicht, sondern aus Sicht der Attraktivität der Stadt für Einwohner und Touristen. Die Touristen- und Einwohnerfrequenzen haben wir nur einmal und können sie nicht steigern, indem wir noch ein Restaurant draufsetzen, noch ein Museum etablieren oder noch mehr Einzelhandelsgeschäfte eröffnen. Wohnraum in der Stadt hingegen belebt die Innenstädte und sorgt automatisch dafür, dass weitere Entwicklungen nachziehen. Vor allem junge Menschen werden in der Innenstadt gebraucht. Sie erhalten das Leben in der Stadt.
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

Ludwig Görtz GmbH

Die Ludwig Görtz GmbH ist ein Modeunternehmen für Schuhe und Accessoires. Gegründet 1875 von Johann Ludwig Görtz, betreibt das Hamburger Traditionsunternehmen rund 180 Filialen in 90 Städten in Deutschland und Österreich und beschäftigt über 3.000 Mitarbeiter.

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