Von der Strategie zur Performance: Unternehmer, die bereits im Vorfeld daran gearbeitet haben, ihre Verkaufskanäle (stationär, online, mobil etc.) miteinander zu vernetzen, sind die „Gewinner“ der Krise.
Nach Einschätzung des Handelsverbands Nord habe der Hamburger Einzelhandel das erste Halbjahr 2020 mit einem „leichten Plus“ abgeschlossen, so Geschäftsführerin Brigitte Nolte. Während einige Handelsbranchen, wie der Lebensmittel-Einzelhandel, Baumärkte oder Fahrradgeschäfte, vom Corona-Shutdown im Frühjahr profitierten konnten, gehören Mode- und Schuhhändler zu den Verlierern der Krise. Doch gerade diese sind „besonders prägend für die Hamburger Innenstadt und den stationären Einzelhandel insgesamt“, so Nolte weiter.
Viele Händler setzen auf Omnichannel, sie vernetzen also das Filialgeschäft mit dem Onlinehandel. Trendforscher Sandro Megerle von der Hamburger Trendagentur Trendone ist überzeugt: In Zeiten wie diesen ist Omnichannel keine Nice-to-have-Option mehr, sondern gilt vielmehr als Standard für den Erfolg in der Retail-Branche. Der Analyst hat sechs Trends identifiziert, die den Handel der Zukunft bestimmen.
1. Omnichannel Performance
2. Remote Retail
Immer mehr Händler und Marken bieten ihre Produkte direkt in unseren Wohnzimmern an, prognostiziert Megerle. So hat beispielsweise Audi eine Live-Beratung entwickelt – mittels Livestream ins Autohaus. Hierfür trägt der Verkaufsberater eine Datenbrille, die dem Interessenten den gleichen Blick ermöglicht.
3. 1.5 Meter Society
Im Zuge der Hygiene- und Kontaktbestimmungen werden Technologien rund ums Kundenmanagement im Filialgeschäft immer wichtiger. Einer der Mikrotrends ist Technical Distancing, also die technische Regulierung von Kundenaufkommen. Auch Contactless Shopping in der Filiale (via Click&Collect) oder kontaktlose Lieferungen – im Online- und Offline-Handel – werden populärer.
4. Retail Automation
Alle Prozesse, die zum Betrieb einer Handelsfiliale notwendig sind, können automatisiert werden. Während Staffless Stores die „Krönung der Automatisierung“ sind, können auch autonome und teil-autonomen Systeme, wie Inventur-Roboter, die Kosten für Zeit- und Personal-intensive Prozesse senken – und die Grundlage für neue datenbasierte Dienste schaffen (Stichwort Real-Time-Inventory). Ähnlich verhält es sich mit dem Einsatz von Roboter-Systemen im Lagerhaus, die das sogenannte Picking übernehmen.
5. Digital Instore Experience
Personalisierung is King. Genauer gesagt: Die Echtzeit-Personalisierung entlang der Customer Journey. So hat zum Beispiel Nike einen Adaptive Store in China gelauncht. Kunden erleben über eine App eine „digital-enabled Journey“, basierend auf individuellen Kundenpräferenzen und Echtzeitdaten. So werden unter anderem passende Schuhe im Regal per LED-Lampen hervorgehoben.
6. Intelligent Supply Chains
Sogenannte intelligente Lieferketten zeichnen sich durch Resilienz und Transparenz aus, weiß Megerle. Nicht nur vor dem Hintergrund der Corona-Krise sei es aus Unternehmensperspektive elementar, auf etwaige äußere Störfaktoren „schnell und adaptiv“ reagieren zu können, um Lieferengpässe oder -ausfälle zu vermeiden. Zudem fordern immer mehr Kunden transparente Lieferketten, um unkompliziert auf Herkunft und Herstellungsbedingungen von Produkten zugreifen zu können.
sb/kk