Ich selbst habe die Corona-Krise genutzt, mir über YouTube und Internet fehlendes Fachwissen anzueignen. Ich produziere ja seit langem Berichte und Dokumentationen für deutsche und internationale Kunden, habe aber das eigentliche Drehen meist ausgebildeten Kameraleuten überlassen. Jetzt habe ich selber angefangen zu drehen und kann so bei zukünftigen Produktionen noch besser meine eigenen Vorstellungen und Bilder umsetzen.
Hamburg News: Was sind die aktuellen Zukunftsthemen in Südkorea?
Scholz: Korea hat aktuell sehr ähnliche Schwerpunkte wie Deutschland. Dazu zählen Artificial Intelligence, Connectivity und die neue Automotive Industry mit Themen wie autonomes Fahren, Wasserstoffantrieb, etc. Es bleibt abzuwarten, ob Corona diesem Trend einen weiteren Boost gibt. Korea hat als erstes Land nach dem globalen Ausbruch der Krise eine landesweite Wahl abgehalten und das auch ohne Probleme bewältigt. Präsident Moon Jae-in ist gestärkt aus der Wahl hervorgegangen und es kann sein, dass er nun einige Sachen leichter umsetzen kann als noch vor der Krise. Startups stehen bei ihm hoch im Kurs und er will auf dem Gebiet verstärkt mit Deutschland zusammenarbeiten.
Hamburg News: Gab es Fördermaßnahmen in Südkorea, die den Unternehmen geholfen haben?
Scholz: Es gibt Fördermaßnahmen auch in Korea, aber nicht annähernd in dem Umfang wie z.B. in Deutschland, zumindest wenn es um die Unterstützung von Großunternehmen geht. So kann man als kleine oder mittelständische Firma günstiges Geld leihen oder unter besonderen Umständen Teile von Mitarbeitergehältern vom Staat finanzieren lassen. Besonders, wenn man sie sonst entlassen müsste, aber das ist alles sehr begrenzt. Die Milliardenpakete, die gerade in Europa für einzelne Großunternehmen geschnürt werden, gibt es hier nicht.
Hamburg News: Hat sich die Rolle des Homeoffice in Südkorea gewandelt?
Scholz: Laut einer aktuellen Umfrage sind 40 Prozent der Unternehmen bereit, Homeoffice zuzulassen. Aber Homeoffice ist in Korea bisher nicht populär und wird es auch durch Corona nicht werden. Firma ist Firma, Zuhause ist Zuhause bei den Koreanern. Da mag es sicher Ausnahmen geben, aber im Großen und Ganzen wird sich diese Einstellung bestimmt nicht so schnell ändern.
Hamburg News: In der Corona-Krise hat die globalisierte Gesellschaft wieder stärker lokale Strukturen entwickelt und legt mehr Wert auf lokale Erzeugnisse. Können Sie die Beobachtungen auch für Südkorea bestätigen?
Scholz: Man darf nicht vergessen, dass die Corona-Krise hier nicht den tiefen Einschnitt hinterlassen hat wie in vielen Teilen Europas. Es gab nie einen Lockdown, Restaurants waren nie zu. Koreaner speisen außerdem viel mehr in Lokalen als z.B. die Deutschen. Lokale Erzeugnisse sind hier Standard, das Gemüse und Obst, das wir hier verzehren, kommt überwiegend aus Korea. Laut Bauernverband produziert Deutschland circa 5 Mio. Tonnen Obst und Gemüse, importiert werden knapp 15 Mio. Tonnen. In Korea ist das Verhältnis umgekehrt.
Hamburg News: Die Corona Krise hat in Deutschland auf eine Rückbesinnung auf Familie, Haus und Hof geführt. Wie ist es in dieser Hinsicht in Ihrem Gastland?
Scholz: Viele Koreaner haben sicher noch nie im Leben so viel Family-Time gehabt wie in den letzten Monaten. Vor allem auch, weil die Kinder praktisch seit vergangenen Dezember nicht mehr in die Schule gegangen sind. Erst gab es die langen Winterferien und dann nach 2-3 Wochen Schule wurden die Schulen wegen Corona geschlossen. Das war für viele Menschen sicher auch eine Belastung, weil das Arbeitsleben für die allermeisten Menschen ja recht normal weiterging. Aber dennoch hoffe ich, dass viele Koreaner diese Zeit genutzt haben für mehr familiäres Miteinander.
Jede Krise ist auch eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen und zu verbessern. Ich zumindest sehe Corona trotz allem nicht nur negativ und auch Korea wird, denke ich, gestärkt aus der Krise hervorgehen und mit einer verdient gesteigerten globalen Reputation.
Hamburg News: Lieber Herr Scholz, wir danken Ihnen für das Gespräch.
imb/kk