Kreativbranche

Hamburgs Designbranche im Umbruch

3. Januar 2025
Designer:innen als Treiber nachhaltiger Innovationen - „revolutionärer" Einfluss von KI

Die Hamburger Designbranche ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Hansestadt. 2021 erwirtschaftete sie 1,6 Milliarden Euro laut Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung. Zusammen mit einer internationalen Agenturlandschaft sowie einem komplexen Ökosystem aus Studios, Netzwerken und Freiberuflern zählt Hamburgs Designbranche zu einem der führenden Zentren für Design in Deutschland, so die Hamburg Kreativ Gesellschaft. Die Branche befindet sich derzeit in einer wichtigen Transformation. 

Umbrüche in Verlagswelt und Konsumgüterbranche 

Über 8.000 Unternehmen sind als Teil der Hamburger Designbranche für große Kunden aus Medienbranche, Konsumgüterproduktion und Industrie tätig. Nahezu jeder dritte Betrieb der lokalen Kreativszene zählt damit zum Designmarkt. Doch die Umbrüche in der Verlagswelt und der Konsumgüterindustrie würden dazu führen, dass die Schlüsselbranchen für die Designwirtschaft an Bedeutung verlören, so Lukas Cottrell, Managing Partner bei der Hamburger Designagentur Peter Schmidt Group. „Daher ist es für uns essenziell, nicht nur in Hamburg, sondern auch auf internationalen Märkten starke Beziehungen aufzubauen und zu pflegen“.  

Außerdem sollten Designer:innen auch über das reine Grafik-und Kommunikationsdesign hinaus denken. Beratungskompetenz gewinne an Relevanz. Das zeige das Beispiel IBM, der beim Wandel vom PC-Hersteller zum Software-Konzern viele Designer:innen ins Haus holte. „Im Produktbereich hat es angefangen, dann kam die Beratung und mittlerweile haben wir Designer in allen Bereichen bis hin zur HR“, berichtet Carlo Schulz von IBM Hamburg. Der Experience Designer bei der Beratungseinheit IBM iX ist einer von weltweit über 3.000 ausgebildeten Designer:innen im Unternehmen. 

Innovationspotenzial bei interdisziplinären Netzwerken

Großes Innovationspotenzial für die Branche sieht Jesko Fezer, Professor für Experimentelles Design an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) auch in interdisziplinären, solidarischen Netzwerken. „Hamburg hat die Chance, einen interdisziplinären und fluiden Designbegriff aufzubauen, der zwischen Produkt, Markt, Stadt, Gesellschaft und Umwelt changiert. Dass Hamburg das kann, beweisen andere Bereiche wie Kunst, Musik und Kultur, die schon extrem stark interdisziplinär arbeiten“, erklärt Fezer. Auftragsarbeiten und Eigenbeauftragungen kollektiv zu gestalten, biete die Chance, den teilweise prekären Verhältnissen als Solo-Selbständige zu entfliehen, ohne gleich in eine Festanstellung „mit den damit verbundenen Ermüdungserscheinungen“ wechseln zu müssen. Mit ihrem Studio Re.Frame ist Tanja Hildebrandt schon Teil eines solchen Kollektivs, das sie in Bezug auf Arbeitsweise und Transparenz als eine Art Gegenpol zu den klassischen Agenturen betrachte. 

„Circular Design ist kein Trend, sondern eine Trendwende"

Hildebrandt merkt auch an, dass Design und Nachhaltigkeit viel stärker als eins gesehen werden müssten. „Circular Design ist kein Trend, sondern eine Trendwende“, ist die Re.Frame-Mitgründerin überzeugt. Bei der Gestaltung des ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Wandels werde der Designbranche eine zentrale Rolle attestiert. Einige Hamburger Studios wie Indeed Innovation, Design for Human Nature und Re.Frame hätten sich schon darauf spezialisiert. Statt Wegwerfprodukte entwickeln sie nachhaltige Produkte, Dienstleistungen und Digitalwelten. „Die wirtschaftliche Transformation birgt eine große Chance für uns“, sagt Hildebrandt. Die großen und dringlichen ökologischen und sozialen Fragen könnten Unternehmen nicht allein beantworten, ist auch Professor Fezer überzeugt. „Daher sehe ich im Design eine große Dynamik weg von Industrie und Markt, hin zu einer Praxis für städtische und gesellschaftliche Akteure wie Stiftungen, NGOs und lokale Institutionen.“

KI verlagert Designschwerpunkt 

Wichtige Transformationsthemen wie Circular Design und Eco-Social-Design werde jedoch eins in den Schatten stellen: künstliche Intelligenz. KI habe einen revolutionären Einfluss auf viele Jobs, so Cottrell. Produktionsnahe Kreativarbeit werde seiner Ansicht nach in absehbarer Zeit weitgehend durch Technologie erledigt werden. Schon heute würden Hamburger Agenturen „Prompt Artists“ für Programme wie Midjourney und Dall-E beschäftigten, die durch maschinelles Lernen und Texteingaben Bilder erstellen. Das lasse die Grenzen zwischen Design und Programmierung zunehmend verschwimmen. „Designer können sich nicht länger allein auf ihre handwerklichen Fähigkeiten verlassen. Stattdessen muss der Schwerpunkt unserer Arbeit verstärkt auf der strategischen Konzeption und der kreativen Transformation liegen“, so Cottrell. 
mm/kk

Quellen und weitere Informationen

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