Für einen ersten, auf zwei Monate ausgelegten, Feldversuch haben sich die Hamburger Öko-Energiegenossenschaft Green Planet Energy, der Netzbetreiber Stromnetz Hamburg sowie Energie Dock mit seinen Gründern Dr. Tim Plath, Dr. Tim Dethlefs und Dr. Thomas Preisler zusammengetan. Besitzer*innen von Elektroautos, die ihre Wagen an heimischen Wallboxen laden, lassen ihre Fahrzeuge oft über einen längeren Zeitraum – beispielsweise über Nacht – angeschlossen, obwohl der tatsächliche Ladevorgang nur ein bis zwei Stunden dauert. Ideal wäre es dagegen, genau dann zu laden, wenn sich gerade viel Windstrom im Netz befindet. Und nicht zu viele Autos gleichzeitig zu laden, um das lokale Netz nicht zu überlasten. Im Rahmen des Projekts Flexhafen stellen zehn Kund*innen von Green Planet Energy ihre üblichen Ladezeiträume beim Marktplatz Nemo.spot von Energie Dock ein. Nemo.spot fungiert dabei als Mittler zwischen Endkunden, Energieversorgern und Netzbetreibern und ermöglicht eine Steuerung der Energienachfrage entsprechend der jeweilige Netzsituation.
Die gute Nachricht: Die Energiewende in Deutschland nimmt Fahrt auf. Laut eines aktuellen Berichts des Umweltbundesamts übertraf die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Jahr 2021 zum wiederholten Mal die Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern (Kohle, Gas und Öl). Das Problem: „In Deutschland gibt es oft einen lokalen Überschuss an Erneuerbarer Energien, in Norddeutschland etwa ist die Windkraft stark. Wird die grüne Energie aber vor Ort nicht ausreichend nachgefragt, besteht die Gefahr überlasteter Netze und Windkrafträder müssen abgeschaltet werden“, erklärt Dr. Tim Plath, Mitgründer des Hamburger Startups Energie Dock. Abgeschaltete Windkraft wiederum müsse dann zum Teil durch fossile Energie an anderer Stelle ersetzt werden. „Das verursacht Kosten durch Entschädigungen und Ausgleichszahlungen und führt dazu, dass unnötig CO2 im deutschen Strommix landet“, so der promovierte Physiker. Die Lösung könnte in einer besseren lokalen Abstimmung von Stromangebot und -nachfrage bestehen. „Eine solche Abstimmung von Nachfrage auf das Angebot ist ein zentraler Treiber der Energiewende, da wir die Erzeugeranlagen in Zukunft nicht mehr so einfach steuern können. Dabei ist nicht nur auf das lokale Angebot erneuerbarer Energien zu achten, sondern auch auf die Restriktionen der Stromnetze“, so Plath. Im Pilotprojekt Flexhafen wird nun untersucht, wie sich intelligent gesteuerte Ladevorgänge von Elektroautos organisieren lassen.
Endkunden, Energieversorger und Netzbetreiber vernetzt
Wachsender Energiebedarf abzusehen
„Durch das Projekt wollen wir belegen, dass sich durch eine intelligente Steuerung Kosten und CO2 einsparen lassen. Wir bekommen grünen Strom in die Autos, ohne die Netze zu überlasten und halten die Energiewende bezahlbar und effizient“, erläutert Plath. Zudem wird die technische Durchführbarkeit und das Kundenverhalten erforscht.
Mit ersten Ergebnissen rechnet Plath im April – und sie sind von wachsender Relevanz. Die Zahl von Elektroautos nimmt zu und wird weiter steigen, wenn ab 2030 keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden dürfen, wie von Umweltverbänden gefordert. Dazu kommt der Bedarf an Energie für Wärmepumpen, also umweltfreundlich erzeugte Heizwärme und Warmwasser. Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil von Wärmepumpen im deutschen Heizungsmix weiterhin steigen wird. Laut Statista lag der Anteil von fertig gestellten Wohngebäuden in Deutschland, die durch Wärmepumpen beheizt werden, im Jahr 2020 bei rund 45,8 Prozent. Zehn Jahre zuvor waren es nur 28,9 Prozent. „Darum ist so wichtig, unser gesamtes Energiesystem ökonomisch und ökologisch effizienter zu gestalten“, betont Plath.
ys/sb