Digitalisierung

Das Hamburger Startup VRtual X bringt Messen ins Netz

12. August 2020
Vor allem hybride Veranstaltungen, also die Kombination von Präsenz und Online, liegen im Trend und bieten Vorteile

„Hybride Messen und Kongresse sind die Zukunft“, ist Tim B. Frank überzeugt. Zusammen mit Matthias Wolk hat er 2017 VRtual X gegründet und realisiert virtuelle Events. Die Nachfrage nach dem Angebot der Hamburger Gründer sei groß. „Seit die zweite Infektionswelle im Gespräch ist, denken Veranstalter nun auch über eine Alternative für ihre Events im kommenden Jahr nach“, so Frank. Und diese Alternative könne in der Verlagerung ins Netz liegen. Die hybride Variante, also die Kombination von Präsenz- und Online-Veranstaltungen, liegt dabei besonders im Trend.

Veranstaltungen: Rekord im Vor-Corona-Jahr

VRtual X hat sein Geschäftsfeld gut gewählt. Veranstaltungen sind ein vielversprechender Markt. 2019 verzeichnete die Branche einen neuen Rekord, ergab das Meeting- & EventBarometer 2019/2020: „Rund 423 Millionen Menschen nahmen an Tagungen, Kongressen und Events in den deutschen Veranstaltungsstätten teil. Das bedeutet einen Zuwachs von 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und stellt gleichzeitig ein neues Allzeit-Hoch dar. Die Zahl der Veranstaltungen blieb mit 2,89 Millionen verglichen mit dem Jahr 2018 konstant.“

Wachsendes Interesse an Online-Messen

Nachdem die Corona Pandemie zu einem abrupten Aus für (Groß)veranstaltungen geführt hatte, wuchs schnell das Interesse an Online-Varianten. „Bis Anfang März 2020 – vor Beginn der Corona-Krise in Deutschland – haben nur 27% der Anbieter hybride und räumlich verteilte Veranstaltungen als zukunftsweisend erachtet. Nach dem 9. März 2020 waren es bereits 60%“, so das Ergebnis einer Untersuchung des Europäischen Instituts für TagungsWirtschaft zu Auswirkungen der Corona-Krise auf den Veranstaltungsmarkt in Deutschland.

360°-Technik erreicht große Zielgruppen

VRtual X setzt bei der Umsetzung virtueller Events vor allem auf 360°-Technik. Das Hamburger Startup nutzt damit seine technischen Möglichkeiten nicht voll aus, die Avatare und andere Virtual Reality-Anwendungen umfasst. Doch so lässt sich eine möglichst große Zielgruppe erreichen. „Die technische Hürde der 360°-Technik geht gegen Null“, erklärt Frank. „Es ist kein VR-Equipment erforderlich und 360°-Technik läuft sogar auf einem 10-Jahre alten Betriebssystem. Und es ist für jeden bedienbar, auch für eher internet-ungeübte Zielgruppen.“ Zwar bleibe das immersive Gefühl im Vergleich zu einer aufwändig programmierten VR-Welt auf der Strecke, aber die wesentlichen Inhalte von Messen und Kongressen ließen sich auch durch 360°-Technik attraktiv vermitteln.

Bei Online-Messen wirkt die gleiche Dynamik wie in der realen Welt

„Wir können Events ganz nach den Vorgaben der Kunden gestalten und Messehallen oder Kongress-Säle etwa klassisch-konservativ gestalten, oder für eine junge und technik-affine Zielgruppe Anwendungen integrieren, die eine größere Interaktion ermöglichen“, erklärt Frank. Messestände ließen sich mit den eigenen Mitarbeitern besetzen, die mit ihrem Foto erscheinen und per (Video)-Chat Fragen von Besuchern beantworten. Je nach Kundenwunsch lassen sich Werbung und Videos integrieren und Redner für die Bühne zuschalten. „Wir kopieren die reale Welt“, erläutert Frank. Damit wirke auch die gleiche Dynamik: Stände die vorne stehen, werden am stärksten frequentiert, hinten positionierte werden schwächer besucht. „Doch wir können kleineren Ständen die Möglichkeit bieten, über Algorithmen präsenter zu werden und so von ihrer Zielgruppe besser gefunden zu werden“, erklärt Frank.

Vorteile der virtuellen Veranstaltung

Zudem lassen sich durch Online-Veranstaltungen Kosten deutlich reduzieren, fährt er fort. „Neben geringeren Eintrittspreisen sparen Besucher An- und Abreise- sowie etwaige Unterbringungskosten. Und sie sparen Zeit“, betont Frank. Statt vielleicht mehrerer Tage müssen nur wenige Stunden für den reinen Messe- oder Kongressbesuch investiert werden. Der Veranstalter wiederum könne bei Hybrid-Veranstaltungen „doppelte“ Werbefläche und Eintritt verkaufen.

Zukunfts-Szenarien

Für die Zukunft erwartet Frank eine noch dynamischere Anpassung an die Besucher-Bedürfnisse. Je nachdem ob sich ein Besucher ganz allgemein informieren und entspannt durch das virtuelle Gelände schlendern möchte oder eine ganz gezielte Interessenlage vorliegt, könne das Messe- und Kongressgeschehen für ihn ausgespielt werden. Dazu müssen natürlich die entsprechenden Daten vorliegen. „Die lassen sich etwa bei der Anmeldung erheben. Auf freiwilliger Basis natürlich.“

VR: 90% aller Erstnutzer machen positive Erfahrungen

Auch der Messebesuch mit VR-Brille und Controller werde kommen, ist Frank überzeugt. „Virtual und Augmented Reality haben eine große Zukunft, aber die Technologie ist einfach noch nicht in der Allgemeinheit angekommen.“ Das werde sich ändern, sobald mehr Menschen in virtuelle Welten eintauchen. „90% aller Erstnutzer machen eine positive Erfahrung. Dadurch wächst das Verständnis und die Bereitschaft, sich auf neue Technologien einzulassen“, glaubt Frank.

VR-Standort Hamburg

Hamburg bietet die richtigen Rahmenbedingungen, um Zukunftstechnologien voranzutreiben. „Hamburg ist die VR-Hauptstadt in Deutschland. Berlin, München und Köln sind auch attraktiv, aber in Hamburg findet sich eine hohe Dichte an Akteuren, Initiativen und Förderungen“, betont Frank, der im Zusammenspiel immersiver Medien – also VR, AR, 360°-Technik und Hologrammen – einen klaren Wachstumsmarkt sieht, der durchaus Raum für weitere Player bietet. Die so entstehende Konkurrenz fürchtet er nicht, im Gegenteil. „Erfolge unserer Wettbewerber sind am Ende gut für alle, weil sie das Thema voranbringen.“ 
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

Hybrid-Messe Paris Real Estate Week

Wie sehen die Städte aus, in denen wir leben wollen und wie können öffentliche und private Stadtentwickler hierauf reagieren? Die Coronakrise hat diese Fragen noch greifbarer gemacht und sie werden im Rahmen der Paris Real Estate Week vom 14.-17. September 2020 zentrales Thema sein. Die Veranstaltung ist ein Hybrid aus Messe, Konferenz und Online-Event und aus der Verschiebung der sonst im Frühjahr in Cannes stattfindenden MIPIM entstanden. Zu den wichtigsten Themen der Konferenzveranstaltungen gehören Nachhaltigkeit und Mobilität, Regierungsführung und wirtschaftliche Entwicklung sowie Planung und Infrastruktur. Hamburg wird sich erstmals auf der Paris Real Estate Week präsentieren.
kk 

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