Positive Narrative hat Johannes Reck zu seinem Geschäftsmodell gemacht und das sehr erfolgreich. Die 2009 gegründete Reiseerlebnis-Plattform GetYourGuide wurde vor fünf Jahren zum Unicorn. „Tourismus ist der Wachstumsmarkt in Europa“, betont der Gründer, der mit seinem Format „Originals by GetYourGuide" auf Kooperationen mit Promi-Faktor setzt. Für exklusive Erlebnisse sorgen „Guides“ wie das französische Hip-Hop-Duo „Bigflo et Oli“, die englische Schauspielerin und Sängerin Paloma Faith und der US-amerikanische American-Football-Spieler Justin Jefferson. GetYourGuide expandiert gerade in die USA. „Influencer Marketing ist für uns ungeheuer wichtig. Solche Markenbotschafter machen unsere Erlebnisse einer möglichst großen Audience zugänglich.“ Und das helfe sowohl dem Unternehmen als auch der Destination selbst, ist Reck überzeugt. „Videos von GetYourGuide-Touren sind bildgewaltige Inszenierungen – und das steigert die Attraktion der verschiedenen Reiseziele.“
Das OMR Festival geht ins 13. Jahr und die Anziehungskraft ist ungebrochen. Rund 67.000 Besucher:innen kamen am 7. und 8. Mai in die Messehallen Hamburg zur „größten Wissens- und Inspirationsplattform für die Digital- und Marketingszene in Europa“ (Angabe des Veranstalters). Und etwa jeder Zehnte wollte Eröffnungsredner Robert Habeck erleben. Die 7.000 Menschen fassende Halle mit der Conference Stage war gut gefüllt. Zwar skizzierte der Wirtschaftsminister zunächst aktuelle Herausforderungen für Freiheit und Demokratie, betonte dann aber die Kraft, die von „Geschichten des Gelingens“ ausgeht. „Sie geben Hoffnung auf die Zukunft. Wenn aber der Diskurs im Land nur aufs Scheitern ausgelegt ist, dann werden wir scheitern.“ Und als Kommunikateure positiver Narrative hofft Habeck gerade auf die vielen Medienmacher:innen, Influncer:innen und Gründer:innen, die jedes Jahr zum von Philipp Westermeyer gegründeten Event strömen.
„Influencer Marketing ist für uns ungeheuer wichtig.“
Vielversprechende Startups können sich ihre Investoren aussuchen
Während GetYourGuide ein klares Erfolgsbeispiel ist, scheitern neun von zehn Startups, so Florian Rinke, Redakteur bei OMR, der mit den Venture-Capital-Gebern Florian Heinemann und Janna Ensthaler die Lage der deutschen Startup-Szene analysierte. Die ist seit der Zinswende schwieriger geworden, auch wenn Heinemann betont: „Es ist weiterhin ein Gründer-Markt, vielversprechende Startups können sich ihre Investoren aussuchen.“ Doch die Ansprüche an „vielversprechend“ sind gestiegen und die gesunkene Investitionsbereitschaft macht besonders Startups mit hohem Kapitalaufwand zu schaffen, etwa weil ihr Geschäftsmodell auf Hard- statt Software beruht. „Wir halten dagegen“, erklärt Janna Ensthaler. „Unser Green Generation Fund investiert beispielsweise in ein Biogaswerk“, erzählt die Unternehmerin, die seit April 2023 zu den „Die Höhle der Löwen"-Investoren gehört. Ein Kamerateam der Fernsehsendung ist auch auf der OMR an ihrer Seite.
Industrielle Metaversen: KI-gesteuerte digitale Zwillingstechnologie
Potenzielle Investoren ließen sich so viel leichter überzeugen, wenn sich innovative Ideen vorab ausprobieren ließen, zum Beispiel in einem Metaverse. Das ist zwar noch Zukunftsmusik, die virtuelle Planung eines Fabrikneubaus hingegen ist schon Realität: im industriellen Metaversum. „Zusammen mit Siemens entwickeln wir ein industrielles Metaversum, in dem wir etwa den Bau und Betrieb einer Produktionsanlage physikalisch genau und in Echtzeit simulieren können“, erklärt Florian Gantert, Director of Global Business Development bei Nvidia. „Durch die Erfahrungen in der virtuellen Welt konnten wir schon Produktionssteigerungen von 20 Prozent erzielen. Und die Materialeinsparungen dank Simulationen in der Designphase führen zu mehr Nachhaltigkeit“, ergänzt Annika Hauptvogel, Head of Technology & Innovation Management bei Siemens. Die industriellen Metaversen basieren auf KI-gesteuerter digitaler Zwillingstechnologie und damit auf riesigen Datenmengen. „Die in der Cloud zu verarbeiten und zu visualisieren war vor ein paar Jahren noch gar nicht möglich“, so Gantert. Künftige Metaversen sollen noch immersiver und fotorealistischer werden – auch dank des Fortschritts der KI-Technologie.
„Geht raus, lebt, trinkt und trefft schlechte Entscheidungen.“
Die ist auf vielen Bühnen ein wiederkehrendes Thema. So ist bei den Mr-Beast-Videos quasi der gesamte Kreativprozess KI-unterstützt. Vielleicht das Geheimnis hinter dem YouTube-Phänomen? Mr Beast gilt mit einer Community von über 250 Millionen Abonnent:innen, als einer der größten YouTuber der Welt. „KI spart uns richtig Geld“, freut sich Mateo Price, Chief Strategy Officer von Mr Beast. „Wir nutzen die Technologie als kreativen Partner, aber auch als Analysewerkzeug.“
Zur „Zeitmaschine“ erklärt Digitalexperte Scott Galloway KI, da die Technologie enorm helfe, Zeit zu sparen. „KI erzielt wesentlich schneller Ergebnisse als der Mensch es kann – wenn sie richtig angewandt wird.“ Aber: KI-Nutzer:innen drohe zunehmend Einsamkeit, warnt der Serial Entrepreneur, der zudem an der NYU Stern School of Business lehrt. Die digitale Welt scheint alles zu bieten, bis hin zu KI-generierten Girl Friends. „Doch so faszinierend die KI-Welt auch ist, ihr werdet nichts wirklich Wundervolles am Bildschirm erleben“, so Galloway. „Also geht raus, lebt, trinkt und trefft schlechte Entscheidungen. Vielleicht zahlen sie sich aus.“
Das nächste OMR Festival findet am 6. und 7. Mai 2025 statt.
ys/mm