Die wirtschaftliche Bedeutung der Luftfahrt betonte auch Bundeskanzler Olaf Scholz. „Für einen Hochtechnologie-Standort und eine Exportnation wie Deutschland, ist Luftfahrt unentbehrlich. Fliegen verbindet Deutschland mit der Welt.“ Hamburg, als weltweit drittgrößter Standort der zivilen Luftfahrtindustrie, bezeichnete der Kanzler als Innovationstreiber und verwies auf den neuen A321 XLR, den Airbus zu weiten Teilen am Standort Hamburg-Finkenwerder fertigt und der Treibstoffverbrauch sowie CO2-Emissionen pro Sitzplatz im Vergleich zur vorherigen Generation um 30% reduziert. Würde Airbus den A321 XLR nun noch mit der Sharkskin-Technologie ausrüsten, ließe sich nochmals bis zu drei Prozent einsparen – die der Haut von Haien nachempfundene Folie reduziert den Reibungswiderstand des Flugzeuges. Die Orientierung an der Natur ist zwar kein neuer Ansatz, doch die Folien-Nachrüstung gehört zu den Quick Win-Empfehlungen des Arbeitskreis klimaneutrale Luftfahrt, der auf der Konferenz einen Zwischenbericht präsentierte.
„Die Luftfahrt ist zurück, die Faszination am Fliegen ungebrochen“, freut sich Carsten Spohr. Der CEO der Lufthansa Group ist quasi der Gastgeber der 3. Nationalen Luftfahrtkonferenz, die am 25. September auf dem Gelände von Lufthansa Technik in Hamburg stattfand. 400 Teilnehmer:innen waren gekommen, um unter Titel „Luftverkehr: innovativ und klimaneutral“ die Zukunft der Luftfahrt zu diskuieren. Und die ist klimaneutral. Darin waren sich nicht nur die hochkarätigen Speaker:innen und das Fachpublikum einig, es ist auch das erklärte Ziel der Bundesrepublik, die in ihrem Klimaschutzgesetz Treibhausgasneutralität bis 2045 angekündigt hat. Entsprechend bewegte sich die Konferenz im Spannungsfeld aus globalen Mobilitätsbedüfnissen und innovativen Lösungsansätzen für eine klimaneutrale Luftfahrt. Ein Fokus, der sich auch wirtschaftlich auszahlen werde, betonte Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher. „Am Ende werden nur die (Luftfahrt)Produkte am Markt erfolgreich sein, die dem Ziel ‚klimaneutrales Fliegen‘ entsprechen.“
Ziel: Treibstoffverbrauch reduzieren
SAF – heiß diskutiert
Dazu gehörte auch etwa das Thema Sustainable Aviation Fuel (SAF), also Flugkraftstoffe, die aus nichtfossilen Rohstoffen nachhaltig hergestellt werden. „Ohne SAF wird die Dekarbonisierung der Luftfahrt nicht gelingen“, betonte Volker Ratzmann, Executive Vice President Corporate Public Affairs der Deutsche Post DHL Group. Doch noch ist die derzeit auf dem globalen Markt verfügbare Menge an SAF gering. Ein schneller Markthochlauf der Technologie könne für Deutschland somit zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden, erklärte Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Tatsächlich hat sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für ein hohes Ambitionsniveau der ReFuelEU Aviation-Verordnung ausgesprochen, die eine Verpflichtung für den sukzessiven, bis 2050 steigenden SAF-Einsatz an Flughäfen in der Europäischen Union beinhaltet. Eine derartige klimatransformierte Luftfahrt begrüßten viele der Anwesenden. „Fliegen muss kein Klimakiller sein“, freute sich etwa Jürgen Kerner, Vorstandsmitglied der IG Metall. Doch was gut für das Klima ist, birgt Probleme im internationalen Wettbewerb – wenn sich nur Deutschland und die EU strikte Regeln verordnen. „SAF ist fünf- bis sechsmal teurer als herkömmliches Kerosin“, weiß Carsten Spohr. „Wir brauchen also Regelungen für einen fairen globalen Wettbewerb.“ Zumal Deutschland auch bei einem raschen Markthochlauf kaum auf den Import von SAF werde verzichten können.
Fliegendes Testlabor übergeben
Und welche Innovationen lagen sonst noch in der Luft? Eine Dornier 328 wurde dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als fliegendes Testlabor übergeben. Unter realen Flugbedingungen können nun vielversprechende Antriebs-, Treibstoff- und Systemtechnologien für die Dekarbonisierung der Luftfahrt erprobt werden. Damit wird das Kurzstreckenflugzeug etwa zu einem fliegenden Teststand für Wasserstoff-Technologien, steht aber technologieoffen möglichst vielen Forschungspartnern zur Verfügung. Ermöglicht wurde das fliegende Testlabor im Rahmen des Projekts UpLift, einem H2-Förderschwerpunkt des Luftfahrtforschungsprogramms Klima (LuFo Klima).
Advanced-Air-Mobility-Strategie verkündet
Zudem verkündete Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, die Entwicklung einer Advanced-Air-Mobility-Strategie mit dem Ziel, Deutschland für Betreiber unbemannter elektrisch betriebener Luftfahrzeuge attraktiver zu machen. „Mehrere potenzielle Flugtaxi-Hersteller sind hier beheimatet. Bis 2025 sollen erste gewerbliche Flüge stattfinden.“ Angesichts des bereits heute stark frequentierten Luftraums in der Metropolregion Hamburg ergänzte Bürgermeister Tschentscher: „Mit den Flugtaxis ist kein neues Massenverkehrsmittel für den Weg zur Arbeit geplant.“ Vielmehr gehe es um eine hochattraktive Alternative für Strecken zwischen 50 oder 80 Kilometern, um beispielsweise medizinisches Personal schnell zu einem Unfallort zu transportieren.