Kontinuierlich kommen weitere Erlebniswelten hinzu. Im letzten Jahr haben das Mystery Theater Opolum, bei dem Zuschauer zum Teil der Inszenierung werden und kürzlich das auf VR-Elemente setzende Discovery Dock in der HafenCity eröffnet. Im September nun wollen die Märchenwelten starten. Besucher sollen hier mit einem interaktiven, multimedialen Edutainment-Konzept angesprochen werden. Damit liegen diese Ausstellungen genau im Trend. Denn zunehmend wünschen sich Besucher ein individuelles Erlebnis, bei dem sie selbst aktiv werden oder gar regelrecht in eine neue Welt eintauchen können, beobachtet Stephanie Schaub. Die 34-Jährige weiß wovon sie spricht. Als Geschäftsführerin der Wissenswelten Management GmbH kreiert und konzipiert sie Erlebniswelten aller Art und spürt Trends auf der ganzen Welt nach, ob in USA, China oder Skandinavien.
Die Elbphilharmonie ist für Hamburg-Besucher oftmals der erste Anziehungspunkt. In fußläufiger Entfernung finden sich jedoch zahlreiche weitere Touristenattraktionen. Zu internationaler Bekanntheit hat es etwa das Miniatur Wunderland Hamburg gebracht, das auf knapp 1.500 qm die größte Modelleisenbahn der Welt präsentiert. 21 Millionen Euro und 923.000 Baustunden sind in die Anlage in der historischen Speicherstadt geflossen. Quasi nebenan liegt das Hamburg Dungeon, eine von Schauspielern präsentierte Reise durch 600 Jahre Hamburger Geschichte mit Shows und Fahrgeschäften. Und nochmal 900 m weiter findet sich der Dialog im Dunkeln, eine Erlebnisausstellung in vollkommener Finsternis, die alle übrigen Sinn schärft. Dazu gibt es zahlreiche Museen – ob Speicherstadtmuseum, Automuseum Prototyp oder Deutsches Zollmuseum.
Interaktive, multimediale Edutainment-Konzepte
Raum fürs Fotografieren, Posen und Inszenieren
Vor allem erlebt sie eine zunehmende Digitalisierung. „Apps, Virtual und Augmented Reality-Elemente halten immer öfter Einzug in Ausstellungen und Museen.“ Parallel dazu werde das Ticketing immer digitaler und soziale Medien gewinnen an Bedeutung. Jedoch nicht nur als Marketing-Instrument. Schaub beobachtet eine ‘Instagramisierung’. „Zukunftsorientierte Erlebniswelten müssen dem Wunsch ihrer Besucher entsprechen, möglichst perfekte Fotos zum Posten zu machen und entsprechende Umgebungen schaffen.“ Sie meint damit Bereiche, die von vornherein fürs Fotografieren, Posen und Inszenieren geschaffen sind, inklusive der dazu nötigen Lichtverhältnisse.
Chocoversum: interaktive Erlebniswelt rund um Schokolade
Als Schlüssel zum Erfolg aber sieht Schaub eine möglichst authentische und zielgerichtete Ansprache der Besucher, die oft mit ganz unterschiedlichen Erwartungen in eine Ausstellung kommen. „Wir haben uns deshalb unsere Besucherstruktur sehr genau angesehen“, erklärt Schaub, die zudem Mitinhaberin des Chocoversum ist. Diese interaktive Erlebniswelt rund um Schokolade ging 2011 als ‘Free-Flow-Museum’ an den Start – die Besucher wanderten selbständig durch die Ausstellung. Das war jedoch nicht wirklich erfolgreich. Sich eigenständig anhand der zahlreichen Exponate beispielsweise das Wissen zu Herkunft, Anbau und Verarbeitung von Schokolade zu erschließen, fiel nicht allen Besuchern ganz leicht. Und wer vor allem für die sinnliche Schokoladen-Erfahrung gekommen war, hatte ohnehin kein großes Interesse an den Hintergrundinformationen. Erst als das Chocoversum auf Führungen mit einer Kombination aus Verkostung und Wissenstransfer setzte, änderte sich die Lage. „Damit haben wir einen Nerv getroffen. Quasi von einem Tag auf den anderen erholten sich die Besucherzahlen. Im ersten Jahr konnten wir sie fast verdoppeln: Von 67.000 auf 105.000 Gäste.“ Inzwischen hat sich die Zahl bei etwa 200.000 Gästen eingependelt, erzählt Schaub. Davon sind rund 30 Prozent Gruppen, der Rest Individualbesucher, vorwiegend Touristen aus ganz Deutschland.
Caro Chocoholic, Frank Familienvater oder Ulrike Urlaub
90 Minuten dauert eine klassische Führung. Genug Zeit, damit sich eine Beziehung zwischen Besuchern und Gästeführern aufbauen lässt. „Entsprechend groß ist die Bereitschaft, Feedback zu geben“, weiß Schaub. Aufbauend auf den erhobenen Daten, konnte das Chocoversum-Team unterschiedliche Hauptzielgruppen identifizieren. „Natürlich brauchen Kinder eine andere Ansprache als Erwachsene, doch wir unterscheiden zudem etwa zwischen ‚Caro Chocoholic’, ‚Frank Familienvater’ oder ‚Ulrike Urlaub’. Jede dieser Personas kommt mit ganz bestimmten Erwartungen, auf die wir versuchen einzugehen.“ Denn nur ein zufriedener Besucher werde zum positiven Multiplikator, so Schaub. „Also müssen unsere Besucher das Chocoversum glücklich verlassen und das lassen wir uns etwas kosten. 10 Prozent der Zeit verbringen unsere Mitarbeiter in Schulungen.“
Positive Erlebnisse für Hamburg schaffen
Geht das Konzept auf, profitiert nicht nur das Chocoversum davon, betont Schaub. „Wer Museen oder Erlebniswelten entwickelt, kreiert touristische Angebote. Und gemeinsam versuchen wir, positive Erlebnisse für Hamburg zu schaffen.“ So sieht sie im Miniatur Wunderland, den Märchenwelten oder dem Dungeon keine störende Konkurrenz. „Die verschiedenen Erlebniswelten beleben das Geschäft. Trotzdem bleibt die Wirtschaftlichkeit eine tägliche Herausforderung.“ Ihr größtes Problem ist vielmehr das Wetter. Das Chocoversum begegnet dem mit flexiblen Preisen, doch gegen die Konkurrenz Sonne hilft das nur bedingt. „Das schöne Wetter über Ostern hat uns einen fünfstelligen Umsatz gekostet. Ich bin inzwischen zum Regenfan geworden.“
ys/sb