Kreativwirtschaft

Aufbruch zu neuen (digitalen) Ufern: Projekt „Nordstern“

8. Oktober 2024
Das Bezirksamt Nord hat ein Pop-up-Office des Cross Innovation Hub der Hamburg Kreativ Gesellschaft durchlaufen. Hamburg News sprach mit Transformationsbegleiterin Susanne Rengel über die wichtigsten Erkenntnisse

Unter dem Motto „Leitbild Zusammenarbeit“ ging es um eine zeitgemäße Arbeitskultur vor dem Hintergrund der digitalen Transformation in der öffentlichen Verwaltung. Doch bei diesem Projektnamen blieb es nicht lange. Um einer echten Veränderung der Arbeitskultur, gar der Etablierung einer Innovationskultur im Bezirksamt Nord den Weg zu ebnen, war der Name zu behördentypisch. Schließlich ist beim ‚Pop-up Office‘ – einem Format des Cross Innovation Hub der Hamburg Kreativ Gesellschaft – die ‚out of the box‘ gedachte Vision einer idealen Organisation das Ziel. Und das beginnt mit dem richtigen Slogan. „Es war unser Dezernent Wirtschaft, Bauen & Umwelt, Hans-Peter Boltres, der auf „Nordstern“ kam“, erzählt Projektleiterin und Transformationsbegleiterin Susanne Rengel. „Eine Kombination aus ‚Nord‘ von Bezirksamt Nord und dem (Nord)stern als Symbol für Navigation und Zukunftsvision.“ Für den nötigen frischen Wind der Expedition sorgten Kreative aus Foto, Text und Kunst sowie Mitarbeiter:innen aus Konzernen wie Otto oder dem NDR mit ihren jeweiligen Perspektiven auf Führung und Zusammenarbeit. Ist der Aufbruch zu neuen Ufern geglückt?

Jede:r kann gestalten

„Absolut. Das Pop-up Office hat unsere Erwartungen übertroffen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat in sehr kurzer Zeit eine ungeheure Dynamik entwickelt und zu ganz konkreten Ergebnissen geführt“, betont Rengel, die aus der freien Wirtschaft kommend, seit dreieinhalb Jahren den Transformationsprozess im Bezirksamt Nord begleitet. Drei Haupt-Erkenntnisse habe das dreitägige Pop-up Office Anfang Mai erbracht: „Erstens, jede:r kann Gestalten! Das ist in einem Amt, das Entscheidungen von Fachbehörden umsetzt, keine selbstverständliche Erkenntnis.“ Dabei lasse sich die Art der Zusammenarbeit sehr wohl gestalten. Hierarchische Strukturen etwa sind nicht in Stein gemeißelt, Feedbackgespräche auf Augenhöhe ermöglichen Lernen und gemeinsames Bewältigen der vielen Herausforderungen, so Rengel. Inzwischen hätten die Bezirksamtsmitarbeiter:innen zudem den in der Pandemie geschlossenen Speisesaal neugestaltet und aus einem ungenutzten Ort eine ‚Kreativkantine‘ gemacht, die das gegenseitige Kennenlernen unterstützt, zu Wissensaustausch einlädt, aber auch ein wichtiger Ort der Regeneration geworden ist.

Porträt von Projektleiterin und Transformationsbegleiterin Susanne Rengel
Projektleiterin und Transformationsbegleiterin Susanne Rengel

Balance zwischen Innovation und Stabilität

„Im Bezirkssamt Nord sind unter anderem die Fachämter Grundsicherung und Soziales oder Jugend- und Familienhilfe angesiedelt und unsere Mitarbeiter:innen haben es immer wieder mit schweren Fällen zu tun, die auch mental verarbeitet werden müssen“, erläutert Rengel. Das sei vor dem Hintergrund von Haushaltsknappheit und Fachkräftemangel nicht immer leicht. Umso wichtiger sei die zweite Erkenntnis: Sich trotz des Drucks im Tagegeschäft Zeit zu nehmen, um eine Balance zwischen Innovation und Stabilität zu schaffen. Dazu hat das Pop-up Office neue Formate hervorgebracht. Etwa „Hirnfutter“, ein kurzer Online-Treff in der Mittagspause. Oder das „Flur-Café“, ein abteilungsübergreifender Treff auf einen Kaffee in einem der zahlreichen langen Gänge des Bezirksamts. Solche innovativen Ansätze des Wissenstransfers wirkten motivierend auf die Mitarbeiter.innen und kommen zugleich auch den Bürger:innen zugute, ist Rengel überzeugt.

Kreativkantine: Ehemaliger Speisesaal ist mit bunten Ballons und Post-its zu einem Kreativraum geworden
Kreativkantine: Rückeroberung des geschlossenen Speisesaals

Agile Methoden und digitale Tools

Wie wichtig der Einsatz von agilen Methoden und digitalen Tools für eine effiziente und kollaborative Arbeitsweise ist, war die dritte wesentliche Erkenntnis beim Pop-up Office, so Rengel. „Das gilt vor allem mit Blick auf die aktuelle Mitarbeiterstruktur. In den nächsten fünf bis zehn Jahren geht ein Großteil der Kolleg:innen in den Ruhestand. Das Thema ‚Mitarbeiter finden und binden‘ gewinnt immer mehr an Relevanz.“ Tradierte Strukturen, die vielfach mit der Tätigkeit in Bezirksämtern verbunden werden, wirkten dabei nicht gerade als Pullfaktor. Die Betonung sinnhafter Tätigkeiten hingegen sehr wohl. „Viele unserer Mitarbeiter:innen hat große Leidenschaft in den Beruf geführt und die müssen wir erhalten.“ So wurden im Rahmen des Pop-up Office verschiedene Visions-Prototypen eines idealen Bezirksamts entwickelt und alle Entwürfe waren geprägt von Vielfalt, Offenheit und dem Fokus auf die Bedürfnisse der Bürger:innen, erzählt Rengel.

Ein im Pop-up Office entstandener Visions-Prototyp aus Styropor
Ein im Pop-up Office entstandener Visions-Prototyp

Das ideale Bezirksamt

Viele der Learnings aus dem Pop-up Office konnten bereits in den Arbeitsalltag integriert werden. „Dabei hat uns sehr geholfen, aus der eigenen ‚Bubble‘ herauszutreten und Lösungsräume mit Hilfe der Hamburg Kreativ Gesellschaft anders zu denken.“ 2027 könnte das ‚ideale Bezirksamt‘ dann noch greifbarer Gestalt annehmen, der Umzug der rund 850 Mitarbeiter:innen ist beschlossene Sache, da der aktuelle Standort an der Kümmelstraße sanierungsbedürftig ist. Allerdings wurde der ursprüngliche Plan eines 13-stöckigen Neubaus in Barmbek aus Kostengründen gekippt. Stattdessen soll – nach einer umfassenden energetischen Sanierung – das Arne-Jacobsen-Haus in der City Nord zur neuen Bezirksamt-Heimat werden. Die Umplanung stört Rengel keineswegs, im Gegenteil: „Wir denken jetzt iterativ. Die Welt ändert sich nun mal sehr schnell und die Lern- und Innovationskultur, die wir dank des Pop-up Office etabliert haben, hilft uns beim Umgang damit.“ 
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

Pop-up-Office

Steigende Komplexität und multiple Krisen verlangen von Unternehmen Transformation und neue Wege im Innovationsmanagement. Der Cross Innovation Hub kreuzt Wirtschaft mit Kreativität und bringt Unternehmen aller Branchen mit Hamburgs Kreativszene zusammen. In verschiedenen Formaten – wie dem Pop-up-Office – werden Services, Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle anders, neu und innovativ gedacht und Unternehmen damit resilient und zukunftsfähig.

Der Cross Innovation Hub ist ein Projekt der Hamburg Kreativ Gesellschaft und wird mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.

Ähnliche Artikel

So geht Innovation

Wie der Cross Innovation Hub Wirtschaft mit Kreativität kreuzt und Unternehmen aller Branchen mit Hamburgs Kreativszene zusammenbringt
Drei Frauen und ein Mann, die an einem Tisch sitzen und gemeinsam brainstormen

Cross Innovation Hub bietet Workshops im Herbst 2024

Das sind die nächsten Weiterbildungsformate der Hamburg Kreativ Gesellschaft für öffentliche und private Unternehmen

Bauantragsverfahren in Hamburg wird digitalisiert

Online-Dienst „Bauantrag 2.0“ bildet ab Januar 2024 zentrale Anlaufstelle für alle Verfahren in der Hamburgischen Bauaufsicht
Digitalisiere Stadtansicht

Bitkom Länderindex: Hamburg spitze bei Digitalisierung

In der Gesamtwertung des „Bitkom Länderindex 2024“ liegt Hamburg auf Platz 1 – vor Berlin und Bayern
Die von uns eingesetzte Consent Management Plattform (https://app.usercentrics.eu/) konnte nicht geladen werden. Dies kann passieren, wenn AdBlocker diese URL fälschlicherweise blockieren. Einige Funktionen, wie z.B. Kartendarstellungen, Umkreissuchen oder Formulare, können so nicht verwendet werden. Um diese Funktionen benutzen zu können, deaktivieren Sie bitte Ihren AdBlocker oder erlauben Sie den Zugriff auf *.usercentrics.eu.