Nachhaltigkeit

Zero-Waste: Nachhaltige Geschäftskonzepte aus Hamburg

6. Januar 2022
Hamburger Gründer*innen und Unternehmer*innen verfolgen zunehmend Zero-Waste-Ansätze oder fokussieren sich auf kompostierbare Produkte

Nachhaltigkeit wird vom Metatrend immer mehr zum gesellschaftlichen Konsens. Zum einen reagiert der Gesetzgeber zum Schutz von Umwelt und Natur. Seit dem 3. Juli sind verschiedene Einwegplastikprodukte in der EU verboten. Das Aus gilt für To-go-Becher und Fast-Food-Verpackungen aus Styropor oder Trinkhalme und Wattestäbchen. Weitere Maßnahmen sind beschlossen: Ab 2022 werden Plastiktüten aus dem Handel verbannt und ein Jahr später wird die Gastronomie verpflichtet, Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegverpackungen anzubieten. Immer mehr Hamburger Unternehmen stellen sich darauf ein und entwickeln entsprechende Geschäftskonzepte. So stellt zum Beispiel das Hamburger Startup Lignopure Plastikalternativen aus dem natürlichen Rohstoff Lignin her. 

Loses Mundwerk: Einkaufen nach dem Zero-Waste-Prinzip

Das Bewusstsein der Konsumenten wandelt sich. „Jeder zweite Verbraucher gibt an, dass er sein Konsumverhalten aus Gründen der Nachhaltigkeit geändert oder angepasst hat“ – so ein Ergebnis des Statista Reports Nachhaltiger Konsum in Deutschland 2021. Und immer mehr Gründer*innen und Unternehmer*innen verfolgen nachhaltige Geschäftskonzepte. So wie Dorit Hinrichsen. Am 15. September hat sie ihren Unverpackt-Laden Loses Mundwerk in Hamburgs Westen eröffnet. Das Sortiment umfasst Bio-Lebensmittel, Naturkosmetik und Reinigungsmittel, die nach dem Zero-Waste-Prinzip verkauft werden: Kund*innen bringen ihre eigenen Behälter mit und füllen selbst die gewünschte Menge ab. Denn wer seinen Einkauf selbst portioniert, kauft nur so viel, wie gerade gebraucht werde. Neben Verpackungsmüll werde auf diese Weise auch Lebensmittelverschwendung vermieden, so die Philosophie hinter dem Unverpackt-Ansatz. Damit das auch klappt, gibt Gründerin Hinrichsen Tipps zum Einkaufen auf ihrer Website: „Bevor Du einkaufen gehst, schau nochmal Deine Vorratsschränke durch und überlege, ob Du bereits vorhandene Lebensmittel mit Deinem Einkauf kombinieren kannst.“

Cup Candle: Kompostierbare Teelichter

Ganz oben auf Einkaufslisten in Corona-Zeiten: Kerzen. „Die Pandemie, und der damit verbundene Wunsch nach einer hyggeligen Atmosphäre, hat die gesamte Kerzenindustrie beflügelt“, weiß Karsten Inderbiethen, Gründer von Cup Candle. Ganz Europa scheint sich nach einer hyggeligen – also einer gemütlichen – Stimmung zu sehnen. „Pro Jahr werden in Europa 12 bis 14 Milliarden Teelichter verkauft – das ergibt eine Lichterkette, die elfmal um die Erde reichen würde“, so Inderbiethen. Da jedoch der Großteil der Minikerzen in kleinen Aluminium- oder Kunststoffschälchen steckt, verursacht der schöne Lichterschein jede Menge Müll.

Die kompostierbaren Teelichten von Cup Candle bieten eine umweltfreundliche Alternative. „Die Brennmasse für unsere Teelicht-Serie Light.One besteht aus pflanzlichem Wachs aus europäischer Ernte und die Teelichten stecken in Hüllen aus Zellulose und Bio-Polymer.“ Der Docht besteht aus einem Baumwollfaden und selbst das winzige Plättchen aus Weißblech, an dem er befestigt ist, soll bis 2024 durch einen voll kompostierbarem Werkstoff ersetzt werden, um eine 100%ige Nachhaltigkeit zu erreichen.

Light.one-Teelichte von Cup Candle

Ausweitung der Produktpalette geplant

Im Vertrieb arbeitet das 2015 gegründete Startup bereits mit dem Traditionsunternehmen Richard Wenzel als Lizenznehmer zusammen, im April kommenden Jahres soll die Light.One-Serie in führenden Lebensmittelgeschäften, Drogerien und Bioläden verfügbar sein. Für 2022 rechnet Inderbiethen mit einem Absatz von 63 Millionen Teelichtern, bis 2024 sollen es 500 Millionen sein. „Die Nachfrage ist nicht das Problem, vielmehr kämpfen wir mit explodierenden Preisen auf Grund der Rohstoff-Knappheit.“ Dabei plant Inderbiethen, die Produktpalette auszuweiten. „Ende 2022 wollen wir kompostierbare Grablichter auf den Markt bringen und wir arbeiten an kompostierbaren Verpackungen für Geschirr- oder Waschmittelpackungen. Immer mit dem Ziel, den wachsenden Plastikmüllberg zu reduzieren.“

strohmi Naturstrohhalme: Biologisch und sozial

Eine nachhaltige Alternative zu Plastiktrinkhalmen hat Marie-Luise Dobler entwickelt. Ihre Strohhalme sind tatsächlich aus Stroh. Die strohmi Naturstrohhalm GmbH baut dazu in Schleswig-Holstein ihr eigenes Bio-Roggensaatgut an. Die Weiterverarbeitung der Halme, der Schnitt auf die notwendigen Längen und die Verpackung, erfolgt in der JVA Lübeck. Eine Win-Win-Situation. Die Verarbeitung des Naturprodukts geschieht in Handarbeit – immerhin ist jeder Strohhalm anders – und die Inhaftierten werden durch die Tätigkeit in ihrer Resozialisierung gestärkt. Der Markt ist da. Mit 4,8 Milliarden Plastikstrohhalmen ist Deutschland nach Großbritannien der größte Trinkhalm-Verbraucher (Stand 2018). Und dank des EU-Verbots ist der Weg frei für echte Strohhalme.
ys/kk

Ähnliche Artikel

Plastikalternative: Europäischer Innovationsrat fördert Traceless

Gründerinnen von Traceless Materials erhalten 2,42 Millionen Euro – für kompostierbare Kunststoffalternative. Bau einer Demo-Anlage geplant

Grüner Gründen: Die neue Lust die Welt zu retten

Immer mehr Hamburger Startups mit nachhaltiger Geschäftsidee. Hamburg News starten mit lockerer Folge über besonders vielversprechende Konzepte ins neue Jahr

Cradle to Cradle: Aus für Mikroplastik

Das Hamburger Startup Runamics entwickelt umweltfreundliche Alternativen zu konventioneller Sportbekleidung

Holy Shit: Startup entwickelt biologisch abbaubare Masken

Studentische Gründer setzen auf Cradle to Cradle-Prinzip, um coronabedingte Umweltweltverschmutzung zu stoppen
Die von uns eingesetzte Consent Management Plattform (https://app.usercentrics.eu/) konnte nicht geladen werden. Dies kann passieren, wenn AdBlocker diese URL fälschlicherweise blockieren. Einige Funktionen, wie z.B. Kartendarstellungen, Umkreissuchen oder Formulare, können so nicht verwendet werden. Um diese Funktionen benutzen zu können, deaktivieren Sie bitte Ihren AdBlocker oder erlauben Sie den Zugriff auf *.usercentrics.eu.