Das Cradle-to-Cradle-Konzept, zu Deutsch von Wiege zu Wiege, basiert auf fünf Säulen, erklärt Otten: „Da ist zunächst die Kreislauffähigkeit. Das Produkt muss entweder biologisch oder technologisch kreislauffähig sein – also entweder kompostierbar oder aus den 'alten' Produktkomponenten entsteht ein neues, gleichwertiges Produkt.“ Außerdem verlangt die Zertifizierung die Verwendung von chemisch unbedenklichen Stoffen, eine Reinerhaltung des verwendeten Wassers, den Einsatz von regenerativen Energien sowie die Einhaltung von sozialen Standards bei der Produktion. Die Zertifizierung wird in 5 Stufen vergeben: Basis, Bronze, Silber, Gold und Platin.
Was Sportler*innen sich bei olympischen Spielen hart erkämpfen, bringt der Trainingsanzug von Runamics gleich mit: Gold. Die crowdfunding-finanzierte Kombination aus Hoodie und Trackpants wurde streng nach den Cradle-to-Cradle-Richtlinien produziert. „Von der Ernte der Bio-Baumwolle bis zum finalen Nähen wurde alles detailliert geprüft und durch die Hamburger EPEA GmbH zertifiziert“, betont Steffen Otten, Mitgründer des Startups Runamics. Der begeisterte Läufer will Mensch und Umwelt zu gesunder Sportbekleidung verhelfen.
Herkömmliche Funktionsbekleidung besteht meist aus Synthetikfasern, die während des Waschvorgangs brechen und so Mikroplastikpartikel freisetzen können. Beim Beschäftigen mit der Thematik erkannte Otten jedoch, dass Mikroplastik, das im Meer und über die Nahrungskette der Meeresbewohner auch auf unseren Tellern landet, nicht das einzige Problem in der textilen Wertschöpfung darstellt. Einen Lösungsansatz fand er im Cradle-to-Cradle-Konzept von EPEA-Gründer Professor Michael Braungart.
Produkt muss biologisch sein
Die erste Cradle-to-Cradle-zertifizierte Sportmarke?
„Eine solche Zertifizierung ist ein langer und kostspieliger Weg für alle beteiligten Partner, aber er lohnt sich“, betont Otten, der Runamics im letzten Jahr zusammen mit Henning Heide, Fotograf und Gründer der Hamburger Running Crew Tide Runners sowie Modedesignerin Lena Rix startete. Inzwischen vervollständigt Werkstudentin Lina Schlierkamp das vierköpfige Team, das nach eigener Aussage nicht primär gewinn- sondern Impact orientiert arbeitet.
Betriebswirt Otten bringt Erfahrung aus Unternehmensberatungen mit. „Dabei hat mir neben Gewinn-Maximierung und Wachstumsstreben einfach etwas gefehlt, was ich jetzt realisieren kann: Ich möchte möglichst viele Sportler von besserer Kleidung überzeugen. Runamics soll die erste Cradle-to-Cradle-zertifizierte Sportmarke der Welt werden.“
Von Hamburg in die Welt
Als weitere Cradle to Cradle zertifizierte Produkte sollen zeitnah ein Laufshirt, eine kurze Sporthose und ein Armband als Halterung für Smartphones folgen. Parallel dazu hat das Startup weitere umweltfreundliche Produkte im Angebot, die nach und nach für die Zertifizierung weiterentwickelt werden sollen.
Im Herbst will Otten Bilanz ziehen. „Wir wollen ausrechnen, wie viele Sportler wir mit umweltfreundlicher Kleidung ausstatten und so Plastik-Kleidung ersetzen konnten.“ Gearbeitet wird vom niedersächsischen Verden und von Hamburg Stellingen aus. „Der Standort in einer Weltmetropole ist für uns sehr wichtig. Wir sind ambitioniert und zielen auf einen internationalen Markt.“ Da ist das Tor zur Welt genau richtig.
ys/kk