Der Markt konzentriert sich zunehmend auf wenige Superstars. Auf das eine Prozent an der Spitze entfallen nach Branchenangaben bereits rund 60 Prozent der Konzert- und Streaming-Einnahmen sowie Plattenverkäufe. Die Folge sind immer größere und spektakulärere Multimediashows, wie bei Taylor Swift, die gleich mit bis zu 50 Lkw voll Show-Equipment anrückt. Die Amerikanerin ist zudem eine Meisterin des Merchandisings. Kurz nach Bekanntgabe der Konzerttermine schnellten die Hotelpreise in die Höhe, berichtet das Vergleichsportal Check24 über den „Swift-Effekt“. Das Nachsehen haben kleine Künstler:innen und Agenturen, so Johannes Everke, Geschäftsführer vom Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e. V. (BDKV), mit Sitz in Hamburg. Doch gerade die noch unbekannteren Künstler:innen sind für die Szene unverzichtbar. Gerade die vielfältige Hamburger Bar- und Musikkultur lebt von unzähligen Pubs und Nachtklubs, in denen auch hoffnungsvoller Nachwuchs heranwächst.
Wenn Pop-Ikone und Marketingmeisterin Taylor Swift im Juli in Hamburg die Bühne zum Beben bringt und mehr als 100.000 „Swifties" ins Volksparkstadion lockt, singen Hoteliers, Gastronomen und Veranstalter begeistert mit. Sie profitieren vom sogenannten „Superstar-Phänomen“ – einer von drei Trends, die derzeit die Eventbranche in Atem halten.
Megashows treiben die Preise
ABBA-tare rocken die Bühne
Trend Nummer zwei: Neue Technologien – wie künstliche Intelligenz sowie Virtual- und Augmented Reality – ergänzen das Konzertgeschäft um ganz neue, immersive Erlebnisse. „Die Branche ist gut beraten, hier mitzugehen, denn die Fans werden immer anspruchsvoller. Künstler:innen und Veranstalter sollten sich fragen, ob sie mithilfe neuer Technologien ihre analoge Arbeit verstärken, erweitern oder verlängern können“, so Everke. Wie das Beispiel ABBA Voyage in London zeige, in dem nicht die vier echten Bandmitglieder, sondern ihre jüngeren „ABBAtare“ auf der Bühne stehen, könnten in immersiven Content-Erlebnissen große Potenziale für die Eventbranche liegen.
KI in der Eventbranche
Wenn die Grenzen zwischen Raum und Screen verschwimmen, sind neue und starke emotionale Erlebnisse möglich. Schon ein QR-Code im digitalen Raum könne das Erlebnis erweitern, Mehrwerte schaffen und zur Markenbindung beitragen. Das zeige auch eine Pilotstudie der Hamburger Macromedia Hochschule und des BDKV. Generative künstliche Intelligenz schürt aber auch Ängste. Laut einer GEMA-Studie befürchten 71 Prozent der befragten Mitglieder, dass sie als Musikschaffende künftig durch KI-gemachte Musik nicht mehr von ihrer Arbeit leben können.
Jeder fünfte Euro stammt aus Hamburg
In Hamburg spielt die Musik: Die hiesige Musikbranche leistet einen erheblichen Beitrag zur bundesweiten Musikwirtschaft. 2019 wurden mit 1,03 Milliarden Euro knapp 20 Prozent der musikwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung in der Region Hamburg erzielt, so eine von Hamburg Music in Auftrag gegebene und von Oxford Economics durchgeführte Studie. Damit ist Hamburg für Deutschland – das den viertgrößten Musikmarkt der Welt darstellt – sowie für Europa eines der wirtschaftlich wichtigsten Musikwirtschaftszentren. Auch die Elbphilharmonie und internationale Musikevents wie das Reeperbahn Festival haben den Trend zugunsten der Elbmetropole weiter verstärkt. Everke: „Zudem haben wir in Hamburg alles vor Ort – Akteure und Dienstleistende der gesamten Wertschöpfungskette.“
OMR als Paradebeispiel für Wandel der Eventbranche
Das Geld wird vor allem im Umfeld der Veranstaltungen verdient, so Trend Nummer drei. Besucher:innen des OMR Festivals zum Beispiel müssen auf Hotels im Umland ausweichen. OMR rief im vergangenen Jahr Hamburger:innen auf, ihre Schlafzimmer für Festival-Besucher:innen zur Verfügung zu stellen. „Die OMR zeigt, dass es gut ist, sich auf sein analoges Produkt zu konzentrieren und die Marke glaubwürdig um neue Produkte zu erweitern. OMR hat damit seine Zielgruppe an sich gebunden, die Wertschöpfungstiefe erhöht und neue revenue streams entwickelt“, so Everke. Dieses Jahr lockt OMR am 7. und 8. Mai mit Stars wie Kim Kardashian oder US-Künstler Jeff Koons. OMR startete als Online Marketing Rockstars vor 13 Jahren mit einem kleinen Marketing-Workshop und gilt jetzt als Europas größtes Digitalfestival.
Das Live Event lebt
Mehr als 70.000 OMR-Besucher:innen in den Hamburger Messhallen zeigen aber auch: Das Live Event lebt. So wie der Film das Theater nicht beendete, so wird es ein menschliches Bedürfnis bleiben, Musik inmitten anderer Menschen hautnah und vor Ort zu erleben – Am 23. und 24. Juli bei Taylor Swift, aber vor allem auch allabendlich in vielen kleinen Pubs und Bars in Hamburg und weltweit.
kk/mm/sb
Quellen und weitere Informationen
Branche und BDKV
Die Konzert- und Veranstaltungsbranche erwirtschaftet bei rund 300.000 Veranstaltungen und mit mehr als 115 Millionen verkauften Tickets einen jährlichen Gesamtumsatz von über sechs Milliarden Euro. Der BDKV – Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft verbindet die deutsche Live-Entertainment-Branche und repräsentiert insbesondere rund 500 Veranstalter, Agenturen und Gastspieldirektionen aus den Bereichen Konzert, Musical, Wort und Family Entertainment. Der Wirtschaftsverband vertritt die Branche gegenüber Öffentlichkeit, Behörden und Politik, beispielsweise in den Bereichen des Steuer- und Urheberrechtes, internationalen Handelsregeln, dem Tarifrecht der GEMA oder Förder- bzw. Hilfsprogrammen. Zudem engagiert sich der BDKV für soziale und ökologische Nachhaltigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Nachwuchs- und Fachkräfteförderung.