Nachhaltigkeit

HSC 2025: Antworten auf globale Herausforderungen

6. Juni 2025
1.600 Teilnehmende aus rund 110 Ländern bei der Hamburg Sustainability Conference. KI spielt Schlüsselrolle bei Nachhaltigkeit. Hamburg News war vor Ort

Eine faire KI, resiliente Städte und Vertrauen in die Kraft des Multilateralismus. Zwei Tage lang diskutierten hochkarätige Vertreter:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft im Hamburger Rathaus und der Handelskammer über Lösungsansätze für Probleme, die Menschen in aller Welt umtreiben. Zur Hamburg Sustainability Conference (HSC) kamen in diesem Jahr sogar noch mehr Teilnehmer:innen, als zur Premiere im Oktober 2024. Gut 1.600 Gäste aus rund 110 Ländern nutzten die Chance zum persönlichen Austausch. Und der sei gerade jetzt wichtiger denn je, betonte Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil: „Die Welt erlebt derzeit enorme Umstrukturierungen. Das Kräfteverhältnis in der Weltwirtschaft und in der internationalen politischen Zusammenarbeit verschiebt sich bereits seit Jahren. Zum Wohle der Weltbürgerschaft müssen wir die multilaterale Zusammenarbeit wieder aufbauen. Multilateralismus ist die Antwort auf globale Herausforderungen.“

Metropolen als Schlüssel für Innovationen

Dem stimmte auch Peter Tschentscher bei der Eröffnung am 2. Juni zu. Hamburgs Erster Bürgermeister betonte: „Globale Entwicklungen können nur im Schulterschluss und gemeinsam erreicht werden.“ Hamburg als Gastgeberin der Nachhaltigkeitskonferenz kann dazu praktische Erfahrungen beisteuern – in Hamburg leben Menschen aus über 180 Nationen. Eine kluge Gestaltung der Rahmenbedingungen unterstützt einerseits die Chancen, die sich aus der multinationalen Zusammensetzung der Stadtgesellschaft ergeben und berücksichtigt andererseits die ökologischen Folgen des städtischen Lebens. „Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in urbanen Räumen. Sie verbrauchen 80 Prozent der weltweiten Energie, sind für 70 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich und produzieren mehr als die Hälfte der Abfälle“, so Tschentscher. Deshalb hätten globale Metropolen eine besondere Verantwortung, aber auch das Potenzial, Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln. „Hamburg ist dazu bereit und hat sich bereits 2017 verpflichtet, die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) konsequent umzusetzen.“

Bürgermeister Peter Tschentscher bei der Eröffnung der HSC im Rathaus
Bürgermeister Peter Tschentscher bei der Eröffnung der HSC im Rathaus

Resilienz als Treiber für Wachstum

Zudem hat Hamburg im Februar eine Klimaanpassungsstrategie beschlossen, um die Stadt resilienter aufzustellen und Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen oder Sturmfluten zu begegnen. „Mehr Resilienz bedeutet mehr Lebensqualität“, ist Tschentscher überzeugt. Und Resilienz ist ein Treiber für wirtschaftliches Wachstum – so ein Fazit der verschiedenen Panels zur Zukunft von urbanen Räumen.

Hygieia-Brunnen im Innenhof des Hamburger Rathauses, umringt von farbigen Quadern, die für die 17 Nachhaltigkeitsziele stehen
Hamburg im Zeichen der 17 Nachhaltigkeitsziele

Wasserresilienz gefragt

Investitionen in resiliente Strukturen kommen somit sowohl der Ökologie als auch der Ökonomie zugute. Landwirtschaftsminister Alois Rainer verwies auf die Bedeutung von klimaangepasster Landwirtschaft sowie auf Maßnahmen zur Einsparung von Wasser, wie sie etwa in Deutschlands Nationaler Wasserstrategie zusammengefasst sind. Und er betonte den grenzübergreifenden Ansatz in Europa „Die EU arbeitet an einer Wasserresilienzstrategie, die in Kürze verabschiedet werden soll.“ Auf globaler Ebene ist für Dezember 2026 die Wasserkonferenz der Vereinten Nationen geplant, um das 6. SDG-Ziel - sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen für alle zu gewährleisten - voranzutreiben. Einen technischen Lösungsansatz, um Wasserknappheit entgegenzuwirken bietet die Vista Geowissenschaftliche Fernerkundung GmbH. „Wir nutzen maschinelles Lernen und KI, um Lösungen in den Bereichen Agrarmonitoring, Smart Farming, Nachhnaltigkeit und Klimawandel bereitzustellen“, so Gründerin Heike Bach. Durch die Entwicklung Digitaler Zwillinge seien Einsparungen von 20% bei Wasser, Energie und Dünger zu erzielen. „Bislang sind wir besonders im globalen Süden tätig. Doch durch den Klimawandel rückt zunehmend auch der globale Norden in unseren Fokus“, erklärt Bach.

Mathias Mogge, Cordula Schmitz, Alois Rainer, Anacláudia Rossbach, Heike Bach, Viorel Gutu und Anton Wilhelm Bredell auf der Bühne zum Fototermin
Mathias Mogge, Cordula Schmitz, Alois Rainer, Anacláudia Rossbach, Heike Bach, Viorel Gutu und Anton Wilhelm Bredell

Hamburg Declaration on Responsible AI

Auch in der Metropolregion Hamburg wird KI genutzt, um eine ressourcenschonende Landwirtschaft voranzutreiben. So werden im Verbundprojekt SAMSON (Smarte Automatisierungssysteme und –services für den Obstanbau an der Niederelbe) Digitale Zwillinge für die Apfelfelder im Alten Land entwickelt. Mit einem Klick lässt sich der Blütenbesatz im Frühling und die Zahl der Äpfel im Herbst anzeigen. Selbst der Durchmesser eines jeden Apfels lässt sich bestimmen – und das millimetergenau.

KI birgt großes Potenzial, sind sich die Expert:innen einig, sei es in Landwirtschaft, Mobilität, Gesundheit oder im Energiesektor. Allerdings sei die technologische Entwicklung so rasant, dass die Weltbevölkerung kaum noch Schritt halten könne, globale Vereinbarungen und Regulierungen müssten gefunden werden. Auf der HSC wurde deshalb die “Hamburg Declaration on Responsible AI for the Sustainable Development Goals” unterzeichnet.

Die Unterzeichner der AI-Declaration halten auf der Bühne ein Schild hoch mit der Aufschrift: "Responsible AI for the SDGs"
Hamburger Vereinbarung: KI fair und inklusiv gestalten

Allianzen und Vereinbarungen

Ein echter Meilenstein, findet Achim Steiner, Leiter des UN-Entwicklungsprogramms. „Die Zukunft von KI muss global gedacht werden. Mit der Declaration erkennen wir an, dass KI als Waffe eingesetzt werden kann – oder als Instrument der Menschlichkeit.“ Mit der Unterzeichnung durch ein breites Bündnis von Vertreter:innen aus über 40 Regierungen, Organisationen der Privatwirtschaft, der Zivilgesellschaft und führender Forschungseinrichtungen könne letzteres maßgeblich gesichert werden, hofft Steiner. „Die Declaration ist ein zentrales Bekenntnis, künstliche Intelligenz verantwortungsvoll zu nutzen – mit dem Ziel, Gerechtigkeit zu fördern, Gemeinschaften zu verbinden und globale Ungleichheiten zu verringern.“ Mit der zweiten HSC sei der Schritt zur Marke getan, betont Steiner. Bis zur HSC am 29. und 30. Juni 2026 sollen die erzielten Vereinbarungen mit Leben gefüllt werden. Neben der KI-Declaration wurde etwa eine Absichtserklärung zur Mobilisierung privater Investitionen für nachhaltige Entwicklung („SCALED – Scaling Capital for Sustainable Development“) unterzeichnet oder eine globale Allianz gegen Ungleichheit gegründet. Die Allianz setzt auf regionenübergreifende Zusammenarbeit, politischen Dialog und Innovation, um das Vertrauen in öffentliche Institutionen zu stärken und friedliche, gerechte Gesellschaften zu fördern.

Scribbelbild der bei der HSC behandelten Themen mit Fokus auf Vertrauensbildung in ein neues multilaterales System
Vertrauen in ein neues multilaterales System aufbauen

Das Unmögliche möglich machen

Vertrauen war ein Schlüsselwort auf der HSC. Bereits beim Eröffnungspanel betonte Reem Alabali-Radovan, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Bedeutung des vertrauensvollen Dialogs auf der HSC und der Möglichkeit, miteinander statt übereinander zu sprechen. Und Rebeca Grynspan, Secretary-General of United Nations Trade and Development (UNCTAD), plädierte für die Stärkung des Vertrauens in Multilateralismus, das angesichts des zunehmenden Fokus auf nationale Interessen gelitten habe. Allerdings müsse das multilaterale System neu gedacht werden – und hier wurde der sonst vorwiegend sachliche Ton durchaus emotional. „Wir brauchen einen Multilateralismus, der alle Menschen mitnimmt und der auf Teilhabe, Offenheit und verlässlichen Regeln basiert“, forderte etwa Debapriya Bhattacharya, Distinguished Fellow am Centre for Policy Dialogue (CPD). Eine Utopie? Dem widersprach Achim Steiner: „Wer sich für die Zukunft wirklich interessiert und engagieren möchte, findet Partner. Und dann wird das Unmögliche möglich.“
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

Hamburg Sustainability Conference & Hamburg Sustainability Week

Die Hamburg Sustainability Conference (HSC) wurde 2024 initiiert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), der Stadt Hamburg und der Michael Otto Stiftung.

Die nächste HSC findet am 29. und 30. Juni 2026 statt.

In diesem Jahr wurde die HSC erstmals in die Hamburg Sustainability Week (HSW, 1. bis 6. Juni) eingebettet. In über 100 Veranstaltungen konnte die Hamburger Stadtgesellschaft parallel zu den internationalen Teilnehmenden der HSC in das Thema Nachhaltigkeit eintauchen. Dabei reichte das Spektrum der Formate von „Planetary Talks“ und „Planetary Sounds“ über ein „Speed-Dating der Nachhaltigkeit” bis zu einer Nachhaltigkeitswerkstatt.

Die HSW der Hamburg Sustainability Conference gGmbH wird maßgeblich von der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) unterstützt. Weitere Partner sind die Hanns R. Neumann Stiftung, die Joachim Herz Stiftung und die Hans Weisser Stiftung.

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