Metropolregion

Hamburgs Weg zur smarten und klimaresilienten Stadt

5. Juli 2022
Am Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht wird an der Stadt der Zukunft geforscht. Ein Fokus liegt auf dem Klimawandel

Es wird immer heißer. „Der Klimawandel führt nachweislich vermehrt zu extremer Hitze am Tag und in der Nacht, wodurch sich die gesundheitlichen Risiken für bestimmte Personengruppen erhöhen können“, meldet das Umweltbundesamt. Und Statista belegt für 2019 eine Zunahme von 47 Prozent hitzebedingter Todesfälle im Vergleich zur Referenzperiode von 2000 bis 2005. In Städten wirkt sich die Hitzebelastung besonders stark aus. Stein, Beton und Asphalt speichern Sonnenstrahlung und heizen die Umgebung auf, der sogenannte Hitzeinseleffekt entsteht. Da Städte immer größer werden sind Lösungsansätze gefragt. Schließlich werden 2050 rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben, prognostizieren die Vereinten NationenDie Helmholtz-Klima-Initiative in der Metropolregion Hamburg entwickelt Lösungen für die Stadt der Zukunft.

Hereon: 200 Challenges

Das Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht – der Name Hereon setzt sich aus den Begriffen „Helmholtz“, „Resilienz“ und „Innovation“ zusammen – ist Teil eines internationalen Netzwerks und unterstützt im Verbund der Helmholtz-Gemeinschaft mit dem Know-how von rund 1.100 Beschäftigten Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Jahresbudget liegt bei rund 130 Millionen Euro. Ziel des Helmholtz-Zentrums Hereon ist es, Wissen und neue Technologien für den Erhalt einer lebenswerten Welt zu schaffen. Anlässlich des 200. Geburtstags von Namensgeber Hermann von Helmholtz im vergangenen Jahr wurden 200 „Challenges“ identifiziert, an denen verschiedene Zentren des Forschungsverbunds gemeinsam forschen. Challenge 1 lautet: ‚Die Stadt der Zukunft auf das Klima der Zukunft vorbereiten.‘

Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht an der Elbe

Hamburg auf dem Weg in die Klimaneutralität

„Wir arbeiten an Klimafolgen und Dienstleistungen, um den Klimawandel zu verstehen und sich darauf vorzubereiten“, erläutert Gaby Langendijk, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Climate Service Center Germany (GERICS). Das dem Helmholtz Zentrum Hereon angeschlossene Institut erforscht den Klimawandel unter anderem auf regionaler Ebene und ist Teil des Forscherteams der Challenge 1. Hamburg habe auf dem Weg zu einer smarten und klimaresilienten Stadt bereits erste wichtige Schritte unternommen, erklärt die Wissenschaftlerin. „2011 war Hamburg ‚Green Capital‘, 2015 wurde ein erster Klimaplan verabschiedet und 2019 folgte eine Fortschreibung mit nochmals verschärften Klimazielen.“ Bis 2030 will Hamburg die CO2-Emissionen um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 reduzieren und bis 2050 soll eine Emissionsminderung von mindestens 95 Prozent erzielt werden, um Klimaneutralität zu erreichen. Ein Blick auf den Zwischenstand 2018 ergab einen Rückgang von 25 Prozent. „Das ist nicht schlecht“, so Langendijk. „Allerdings konnten im Bundesdurchschnitt 35 bis 40 Prozent erreicht werden.“

Gaby Langendijk, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Climate Service Center Germany (GERICS)

Gründächer als natürliche Klimaanlage

Die Expertin rät daher zu verstärkten Bemühungen beim Umstieg auf erneuerbare Energien, energetischer Sanierung und dem Einsatz von technischen Innovationen, wie etwa der Solarenergietechnik. Damit stößt Langendijk durchaus auf offene Ohren. So hat es sich die Elbmetropole zum Ziel gesetzt, bis 2030 zum bundes- und europaweiten Logistik-Hub für eine grüne Wasserstoffwirtschaft zu werden. Darüber hinaus hat Hamburg bereits im Dezember 2020 eine Solardachpflicht für Neubauten auf den Weg gebracht, die ab 2023 greift. Damit gehörte die Stadt bundesweit zu den Vorreitern beim Klimaschutz im Gebäudebereich. Und Hamburg hat als erste deutsche Großstadt eine umfassende Gründachstrategie ins Leben gerufen, was zu einer verbesserten Wärmedämmung im Winter und somit zur Einsparung von Energiekosten führen soll. Zudem funktionieren Gründächer wie eine natürliche Klimaanlage und entlasten die Kanalisation vor allem bei Starkregen. Doch dürfe die Stadt in ihren Bemühungen nicht nachlassen, warnt Langendijk. „Wir können uns nicht endlos an den Klimawandel anpassen. Wir müssen alles tun, um den Klimawandel abzuschwächen, da dies der beste Weg ist, unsere Anpassungsbedürfnisse zu reduzieren.“

Energiebunker Wilhelmsburg

Beispiele für städtebauliches Klimaengagement

Positiv bewertet Langendijk Projekte, wie die Umgestaltung von Hochbunkern aus dem zweiten Weltkrieg. So wird das um fünf Geschosse aufgestockte Dach des St. Pauli Bunkers gerade begrünt, um eine neue Naturlandschaft zu schaffen, die das Stadtklima nachhaltig verbessern soll. Und der Energiebunker Wilhelmsburg wurde im Rahmen der IBA Hamburg saniert und zu einem regenerativen Kraftwerk mit Großwärmespeicher ausgebaut. Er versorgt das umliegende Reiherstiegviertel mit Strom und Wärme. „Solche Projekte sind gute Beispiele für städtebauliches Klimaengagement“, so Langendijk.

Doch auch im Privaten lasse sich viel tun, betont die Wissenschaftlerin. Angefangen mit einer klimafreundlichen Mobilität oder den Umstieg auf einen ‚grünen‘ Stromanbieter, gebe es viele kleine Klimamaßnahmen, die zudem richtig Spaß machen können. „Zum Beispiel im Garten oder auf dem Balkon auf insektenfreundliche Pflanzen achten. Das dient dem Stadtklima und gleichzeitig der Artenvielfalt, aber auch den Vögeln. Die freuen sich wiederum über aufgestellte Vogelhäuser – und das Wasser für die Pflanzen am besten bei Regen in Behältern sammeln.“ So könne jede:r Einzelne einen Beitrag leisten – für ein klimaneutrales und klimaresilientes Hamburg.
ys/sb

Insektenhotel Hof Eggers in Hamburg-Kirchwerder

Quellen und weitere Informationen

Helmholtz-Zentrum Hereon 

Als Teil eines internationalen Netzwerks und im Verbund der Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt das Hereon mit dem Transfer von Know-how Institutionen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, mit dem Ziel Zukunft zu gestalten. In Schleswig-Holstein gilt das 1956 gegründete Zentrum als größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Neben dem Hauptsitz in Geesthacht und dem Standort Teltow bei Berlin hat das Hereon Außenstellen in Hamburg, Kiel, Berlin und Garching bei München. Das Forschungszentrum verfügt über ein Jahresbudget von rund 130 Millionen Euro.

Das Climate Service Center Germany (GERICS) ist eine selbstständige wissenschaftliche Organisationseinheit am Helmholtz-Zentrum Hereon mit Sitz im Hamburger Chilehaus. Mehr als 70 Mitarbeiter*innen entwickeln wissenschaftlich fundiert prototypische Produkte und Dienstleistungen, um Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.

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