Bereits seit gut 20 Jahren entwickelt die Hamburger Ibeo Automotive Systems GmbH Laserscanner-Sensoren, kurz Lidar-Sensoren, sowie dazugehörige Produkte und Softwaretools, wie Messtechnik oder Objekterkennungs-Technologie. Lidar steht für 'Light Detection And Ranging', d. h. Lidar-Systeme senden Laserimpulse aus und werten dann das von verschiedenen Objekten – andere Autos, Fahrradfahrer oder Fußgänger, aber auch Fahrbahnmarkierungen oder Leitplanken – reflektierte Licht aus. Aus der Lichtlaufzeit, also der Zeit, die der Laserimpuls benötigt, bis er reflektiert wird, errechnet eine Software Geschwindigkeit, Position und Größe bzw. Form der Objekte. Mehrere Lidar-Sensoren in Kombination ermöglichen einen kompletten 360-Grad-Blick.
Die Versteigerung der Frequenzen für die nächste Mobilfunkgeneration 5G ist gestartet. Der neue Mobilfunkstandard arbeitet fast verzögerungsfrei und zehnmal schneller als sein Vorgänger – und ist damit eine wesentliche Voraussetzung für das autonome Fahren. Denn es ist vor allem das Sensorik- und Software-System, das aus einem normalen ein autonomes Fahrzeug macht, eben ein Roboterauto. Das intelligente Auto kommuniziert mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur, wie Ampeln oder Parkplätzen, was wiederum den Austausch gewaltiger Datenmengen in sehr kurzer Zeit voraussetzt. Und genau hier liegt – trotz 5G – noch eine der großen Herausforderungen auf dem Weg zum autonomen Navigieren in komplexer Umgebung. Nichtsdestotrotz herrscht auf den Straßen rund um das Silicon Valley bereits ein reger Testbetrieb: Welche Verkehrssituationen meistern Roboterautos bereits autonom, wann muss der Fahrer eingreifen? Dabei wird der Fortschritt im Bereich des autonomen Fahrens keineswegs nur im Silicon Valley vorangetrieben. Teil 6 der KI-Serie von Hamburg News.
Lidar-Technologie aus Hamburg
Autonom dank Kombination aus Sensoren, Radar, Kameras und Algorithmen
„Unsere Technik schafft ein sehr detailliertes Abbild der Realität, sie erkennt nicht nur ein Hindernis, sondern auch, wie hoch und breit es ist. Zudem sind die Lidar-Systeme sehr robust gegenüber Umwelteinflüssen, wie Helligkeit, Regen oder Schnee“, betont Martin Krähling, verantwortlich für die Entwicklung autonomer Fahrfunktionen bei Ibeo Automotive Systems. „Öffentlicher Verkehr ist sehr komplex, darum ist eine Kombination aus Sensoren, Radar und Kameras nötig sowie eine entsprechende Software, die mathematische Modellierungen vornimmt und so die jeweils nötigen Entscheidungen trifft“, erklärt der 34-Jährige.
Hunderttausende Testkilometer erforderlich
Aktuell können Systeme in autonomen Fahrzeugen bereits den Großteil aller Verkehrssituationen meistern, erzählt Krähling. Komplexe Situationen, wie ein zwischen parkenden Autos hervorspringendes Kind oder ein Verkehrsteilnehmer, der uns die Vorfahrt nimmt, stellen das autonome Fahren jedoch immer noch vor Herausforderungen. Bevor also Roboterautos auf Hamburgs Straßen Realität werden, „muss der Nachweis erbracht werden, dass sich das System immer zu 100 Prozent richtig verhält. Für diese Validierung sind Simulationen von vielen hunderttausenden Testkilometer erforderlich.“
Entscheidungen auf Basis künstlicher Intelligenz
Die Grundlage für das richtige Verhalten schafft künstliche Intelligenz (KI). „Dabei gibt es vor allem zwei Ansätze“, so Krähling. „Zum einen der klassische KI-Ansatz, bei dem alle Regeln in das System implementiert werden, zum anderen maschinelles Lernen. Hier leitet das System eigenständig Regeln ab, nachdem es mit einer sehr großen Datenmenge über viele verschiedene Fahrsituationen ‘trainiert’ wurde.“ Allerdings gehe es beim autonomen Fahren nicht nur um das Beherrschen des Fahrzeugs und der Verkehrssituation an sich. Ein Busfahrer beispielsweise muss Entscheidungen bei Unfällen, Notsituationen oder auch dem Verhalten der Fahrgäste treffen und diese durchsetzen. „Das muss bei fahrerlosen Peoplemovern ebenfalls geregelt sein“, erklärt Krähling.
Weniger Unfälle und mehr Effizienz im Verkehr
Und wann können wir mit dem Einsatz von Roboterautos rechnen? „Vielleicht Mitte der 20er-Jahre“, schätzt Krähling. Dann aber werde die Einführung autonomer Fahrzeuge zu einer Reihe von Vorteilen führen. Einerseits geht der Diplom-Ingenieur von einer deutlichen Reduzierung der Unfallzahlen aus, andererseits erwartet er eine größere Effizienz des Verkehrsflusses und eine Abnahme der Autos generell – dank geteilter Mobilität. „Roboterautos werden zu Enablern. Sie befähigen uns zu zukunftsträchtigen Mobilitätskonzepten.“
HEAT: autonomer Betrieb bis zum ITS-Weltkongress 2021
Ein Beispiel für zukunftsträchtige Mobilität ist das HEAT-Projekt, kurz für Hamburg Electric Autonomous Transportation”. In verschiedenen Phasen soll ab Sommer 2019 die Integration “autonom fahrender Shuttles in den realen Stadtverkehr auf einer Teststrecke in der Hamburger HafenCity entwickelt, getestet und umgesetzt werden. Die emissionsfreien Elektrobusse bieten Platz für sechzehn Fahrgäste und fahren mit einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h neun Haltestellen an, wobei die Strecke über 12 Ampeln mit acht Richtungswechseln führt. Technisch sind die Fahrzeuge mit Sensoren, Kameras und Radar ausgerüstet, die sich mit der zusätzlich eingerichteten Infrastruktur auf der Strecke – weiteren Sensorikelementen und digitalen Kommunikationssystemen – vernetzt. Ziel ist ein komplett autonomer Betrieb (ohne Fahrzeugbegleiter) bis zum ITS-Weltkongress im Jahr 2021.
ys/sb