Aktuell liegt der Fokus von Darvis zwar nicht in erster Linie auf der Verbrechensbekämpfung, doch das 2015 in San Francisco gegründete Unternehmen hat bereits ein Programm für US-Schulen entwickelt, das darauf ausgerichtet ist, frühzeitig Gefahrenpotentiale zu identifizieren. Erkennt das System etwa eine Waffe, werden umgehend die Behörden informiert, während die Zielperson optisch verfolgt wird, um der eintreffenden Polizei den exakten Standort angeben zu können. Und anhand des vom System erkannten Bewegungsmusters – hier kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz – bleibt die Software der richtigen Person auf der Spur, auch wenn diese versucht, ihre äußere Erscheinung zu verändern. Ein klarer Vorteil gegenüber Zeugenaussagen á la: Er hatte blonde Haare und trug eine dunkle Jacke…
„Wenn diese Räume reden könnten“, seufzte schon so mancher Filmkommissar – und wahrscheinlich auch zahlreiche reale Kollegen. ´Warum eigentlich nicht?`, fanden die Gründer von Darvis und entwickelten das Konzept der sicheren und optimierten Räume. Kameras und optische Sensorenliefern nutzerrelevante Informationen, die in Echtzeit mit künstlicher Intelligenz analysiert werden. Ziel ist die Optimierung von Räumen, Flächen, Plätzen oder Gebäuden hinsichtlich von Sicherheit, Hygiene oder prozessualer Abläufe.
Gefahrenpotentiale identifizieren
Datenschutz dank Avatarisierung
Details, wie blonde Haare, übermitteln Darvis-Programme jedoch nur in Ausnahmesituationen. „Wir arbeiten mit optisch generierten Informationen, die umgehend anonymisiert werden – mittels Avatarisierung. Unser Programm verarbeitet die Informationen zu Figuren in einem Computerspiel“, erklärt Jan Schlüter (COO), der zusammen mit Jan-Philipp Mohr (CEO) und Ingo Nadler (CTO) Darvis gegründet hat. Zum einen gehe es darum, das System so non-intrusive wie möglich zu gestalten, um Mitarbeiter-Befürchtungen vorzubeugen, sie würden überwacht. „Zum anderen arbeiten wir streng nach den Maßgaben der Datenschutzgrundverordnung. Das ist sogar unser Kern-USP“, ergänzt Mohr.
Von San Francisco nach Hamburg
Mehr als 30 Mitarbeiter arbeiten bereits weltweit für Darvis, etwa in San Francisco, Boston – und seit dem 1. Oktober auch in Hamburg im Health Innovation Port (HIP) auf dem Philips-Campus. „Das Gründen war vor fünf Jahren in den USA schlicht einfacher“, erklärt Schlüter, gebürtiger Hamburger und erklärter Lokalpatriot. „Doch inzwischen haben sich die Strukturen hier deutlich verbessert, das HIPist ein gutes Beispiel“. Von dem Netzwerk des auf die Gesundheitsbranche ausgerichteten Collaboration Space erhoffen sich die Gründer wertvolle Kontakte etwa ins UKE oder andere Hamburger Krankenhäuser. Denn im Klinikumfeld bieten sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für die Darvis-Programme. Hamburg Invest stand schon seit längerem mit dem Unternehmen im Austausch stellte nützliche Kontakte zu Akteuren in Hamburg her. Außerdem vernetzte die Hamburg Invest die Gründer mit dem Northern Germany Innovation Office (NGIO) im Silicon Valley.
System überprüft eigenständig Hygiene-Status
Mohr nennt die Optimierung von Hygiene- oder Logistikketten in Krankenhäusern als Beispiel. „Nehmen Sie verstopfte Krankenhausflure durch benutzte Betten, die vom Pflegepersonal zur Abholung in den Gang geschoben werden.“ Im eng getakteten Krankenhausalltag fehle jedoch oft die Zeit für den Anruf, der die Abholung veranlasst. „Das Darvis-System unterscheidet zwischen sauberen, belegten und benutzten Betten und überprüft deren Status.“ Sind alle notwendigen Kriterien erfüllt, kann die Abholung eines benutzten und zur Reinigung freigegebenen Bettes eingeleitet werden. Das Hygiene-Monitoring funktioniert ganz ähnlich: Das System kontrolliert einen Raum auf Sauberkeit und gibt den Raum frei – oder nicht. „Das ist nicht nur entscheidend im Vorfeld einer Operation, sondern macht aus dem Raum auch einen sicheren Arbeitsplatz für Ärzte und Pflegepersonal“, betont Schlüter.
Wahr gewordene Science-Fiction
Gerade in der Optimierung der Sicherheit in Krankenhäusern, aber auch bei Unternehmen anderer Branchen, sehen die Gründer großes Potential. Zum Beispiel zugangsbeschränkte Bereiche. Statt Zugangscode oder Chipkarte reiche ein Blick in die Kamera. Die etablierte Gesichtserkennung erlaubt nur tatsächlich Zugangsberechtigten den Eintritt. Wer dabei an Science-Fiction denkt, liegt nicht ganz falsch. Tatsächlich ist der Unternehmensname an „Jarvis“ angelehnt, der künstlichen Intelligenz aus den Avenger-Filmen. Darvis steht für ´Data Analytics Real-world Visual Intelligence System` und konnte in der realen Welt mit seiner Unternehmensidee in einer ersten Finanzierungsrunde 2,2 Millionen Dollar einsammeln. „Wir sind fremdkapitalfinanziert“, erklärt Schlüter. Das Geld stamme aus einer Mischung aus Angel Investoren und Venture-Capitalists sowie Investoren aus dem Hamburger Familien- und Freundesumfeld. „Aktuell sind wir mitten in unserer zweiten Finanzierungsrunde.“ Ziel: Fünf Millionen Dollar.
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