Über fünfzehn internationale Speaker*innen aus Kommunikation, Design und Kunst präsentierten per Livestream Beispiele, welche Macht in Kreativität steckt – Entsprechend dem Festivalmotto Superkraft Kreativität, das der Art Directors Club für Deutschland (ADC) für das digitale Festival in diesem Jahr ausgerufen hatte. Darunter auch Swati Bhattacharya: „Marken können nur dann Relevanz schaffen, wenn sie Hoffnung wecken und das Leben der Menschen bereichern.“ Mit dieser Überzeugung wurde Bhattacharya 2016 als erste Frau in Indien zur Chief Communications Officer bei der Agentur FCB Ulka. Und sie ist überzeugt: „Kampagnen können Denkweisen und Gesetze verändern.“ Den Beweis tritt die bekennende Humanistin mit Kampagnen an, die sich etwa gegen die Ausgrenzung von Transfrauen, aber auch von alleinstehenden Frauen richten, die in Indien gesellschaftlich benachteiligt werden. Ein weiteres Beispiel ist das Projekt The Open Door, bei dem Privatschulen nachmittags ihre Türen für Kinder aus armen Stadtteilen öffnen, um ihre Bildungschancen zu verbessern.
Die Zukunft ist ungewiss. Corona hat uns diese unbequeme Wahrheit deutlich vor Augen geführt. Tatsächlich aber berge diese Ungewissheit unbegrenzte Möglichkeiten, ist Pascal Finette überzeugt. Der Internet-Entrepreneur und Dozent an der Singularity University, einem Thinktank aus dem Silicon Valley, plädierte beim diesjährigen ADC Kongress (6. und 7. Mai) für aktive Neugier: „Wir müssen gierig sein, Neues zu lernen.“ Statt in ungewissen Situationen mit Vehemenz sofortige Antworten zu fordern, sollten wir uns vielmehr auf kluge Fragen konzentrieren. „Denn Fragen öffnen Türen in eine Welt, die wir selbst kreieren können“, so Finette.
Kampagnen können Gesetze verändern
Menschen zum Nachdenken anregen
Immer wieder beweisen die Speaker*innen beim ADC-Kongress, wie sich durch Kreativität Mauern im Geiste einreißen und konkrete Veränderungen erzielen lassen. Madonna Badger geht es gar um reale Mauern bzw. Käfige. Mit #nokidsincages prangert sie die Trennung von Kindern von ihren Eltern beim Grenzübergang Mexiko – USA an. „Unsere Kampagne hat für große Aufmerksamkeit gesorgt und tausende von Familien konnten wiedervereint werden, aber eben noch nicht alle“, betont die Gründerin der New Yorker Agentur Badger & Winters. Stellung bezieht Badger auch mit ihrer Kampagne #WomenNotObjects, mit der sie sich gegen sexistische Werbung wendet. „Ich möchte die Menschen zum Nachdenken anregen, sie dazu bringen, sich zu fragen: Wäre das mein Kind – wäre das ok?“
Technik wird Erlebnisse erweitern
Gerade jetzt könne Kreativität zudem zum Schlüssel für den Neustart nach der Pandemie werden, sind die Macher*innen des ADC-Festivals überzeugt. Designer und Medienkünstler Björn Beneditz skizzierte beim Kongress dazu seine Vorstellungen von Live-Konzerten, sobald sie wieder erlaubt sind. „Wir haben heute sehr spannende technische Möglichkeiten, wie den Einsatz von Mixed Reality bei Konzerten. Die theatralische Performance auf einer analogen Bühne wird ins Digitale erweitert und erlaubt völlig neue Erlebnisse.“ Als künstlerischer Berater und Performer der Hamburger Hip-Hop-Band Deichkind versucht Beneditz möglichst jedes Konzert zu einem außergewöhnlichen Erlebnis zu machen. „Die Technik erlaubt es uns nun, Grenzen aufzuheben“, betont Beneditz. So könnten Tote wieder zum Leben erweckt werden, etwa als Hologramm. „Und dann jammen wir gemeinsam mit John Lennon auf der Bühne.“ Doch werde das Digitale das Analoge nicht ersetzen, ist Beneditz überzeugt. „Es wird immer alles geben, aber die Technik kann unser Kunsterlebnis erweitern.“
Einander besser verstehen
So kann Kreativität also dazu beitragen gesellschaftliche Missstände zu beseitigen oder unsere individuelle Erlebniswelt zu erweitern. Aber wie funktioniert die vom ADC beschworene Superkraft Kreativität eigentlich? Digitalkünstler und Visionär GMUNK lässt sich etwa durch Science-Fiction inspirieren, also einer Welt, in der alles möglich ist. „Träume, das Unterbewusstsein, Gefühle und die Neugier ihnen nachzuspüren, all das sind wertvolle Ressourcen für Kreativität“, ist GMUNK, der mit vollem Namen Bradley G. Munkowitz heißt, überzeugt. Wenn in Kreativität nun tatsächlich eine Superkraft läge und GMUNK könne sie zu allem nutzen, was er nur wolle – Was würde er verändern? Nach einem Moment Bedenkzeit erklärte der Amerikaner: „Empathie! Ich würde die Menschen mit Empathie infizieren, damit wir einander besser verstehen.“
ys/sb/kk