Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz als selbstlernender Marketing-Advisor

3. Mai 2022
Finnische Neuansiedlung in Hamburg: Startup Sellforte will von der Hansestadt aus den internationalen Markt erobern

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als vielversprechende Zukunftstechnologie – auch finanziell. Statista beziffert die weltweiten Umsätze mit Unternehmensanwendungen im Bereich KI für das Jahr 2025 auf rund 31,2 Milliarden US-Dollar. Die Anwendungen finden sich in vielfältigen Einsatzfeldern, von Mensch-Maschine-Interaktion und Automatisierung über Medizin bis zum Marketing. Im Bereich Marketing kommt KI vor allem in der Datenanalyse zum Einsatz, gefolgt von den Feldern Optimierung und Tests sowie Onsite-Personalisierung, also die individuelle und zielgerichtete Ansprache von Besuchern einer Webseite oder eines Webshops. Auch das finnische Startup Sellforte, seit diesem Jahr mit einem Büro in Hamburg vertreten, hat eine Plattform zur Optimierung von Marketingtools und -investitionen auf Basis von KI entwickelt.

Welche Marketing-Investitionen zahlen sich aus?

2017 in Helsinki, von Dr. Mikko Ervasti, Juha Nuutinen und Teppo Luukoonen gegründet, beschäftigt das Unternehmen inzwischen 45 Mitarbeiter*innen, darunter Datenwissenschaftler*innen, Softwareentwickler*innen und Customer-Success-Manager*innen, und betreut Kunden aus den Branchen Einzelhandel, Konsumgüter oder Telekommunikation in 18 Ländern. Jetzt will Sellforte die Internationalisierung weiter forcieren – und das von Hamburg aus. Volkmar Fölsch, der die Sellforte-Niederlassung im deutschsprachigen Raum leitet, erklärt das Geschäftsmodell: „Sellforte unterstützt Unternehmen dabei, den ROI, also den Return on Investment, ihrer Marketing-Investitionen besser zu verstehen. Das klingt trivial, ist es aber nicht. Es gibt vielfältige Ansätze dazu, die jeweils Vor- und Nachteile, aber vor allem Grenzen haben.“ Das finnische Startup führe zur Datenanalyse Informationen aus drei Feldern zusammen: „Alle Daten aus dem Marketing, on- wie offline. Das allein ergibt eine große und vor allem ungeordnete Datenmenge, die wir auf unserer Plattform zusammenführen und sie damit strukturierbar machen“, so Fölsch. Hinzu kommen sämtliche Finanzdaten sowie Daten aus der realen Welt. „Das sind etwa soziodemografische Daten, aber auch Wetterdaten. Denn das Wetter hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Kaufverhalten von Kunden.“

Die Wetterlage kann Shopping-Aktivitäten beeinflussen

Maßgeschneiderte Wachstumsempfehlungen in Realtime

Die Fülle der Daten werde mithilfe von Data Science und KI kontinuierlich analysiert. Mit dem Ziel, Kausalitäten zu identifizieren – Welche Marketingaktivität hat zu wieviel Umsatz geführt? – und maßgeschneiderte Wachstumsempfehlungen in Realtime zu entwickeln. „Unsere Plattform fungiert wie ein automatischer, selbstlernender Marketing-Advisor, der Marketingverantwortliche bei ihren Entscheidungen unterstützt“, erklärt Fölsch. Der Einsatz von KI sei dabei das ideale Werkzeug. „Eine der großen Stärken von KI liegt in der Mustererkennung innerhalb großer Datenmengen, wie wir sie auf unserer Plattform zusammenführen.“

Aber kann die Zukunftstechnologie den hohen Erwartungen tatsächlich entsprechen? Dr. Maik Kleinschmidt, als Director Marketing Europe bei C&A für die gesamte europäische Marketing-Kommunikation und -Strategie verantwortlich, zeigt sich überzeugt: „Wir haben Sellforte in unserem Heimatmarkt Deutschland eingeführt und sind so zufrieden mit den Ergebnissen und Erkenntnissen, dass wir das Tool in den kommenden Monaten in weiteren europäischen Ländern einführen werden.“ Basierend auf den Erkenntnissen der Sellforte-Analysen habe C&A die Verteilung des Marketingbudgets für das nächste Geschäftsjahr überarbeitet. „Wir sind uns ziemlich sicher, dass dies die Effektivität und den ROI unserer Marketinginvestitionen im Vergleich zum ursprünglichen Plan steigern wird“, so der Hamburger.

v. l. n. r. Dr. Mikko Ervasti, Juha Nuutinen, Volkmar Fölsch und Teppo Luukkonen

ARIC: Wissenstransfer zwischen allen relevanten KI-Akteuren

Mit dem Telekommunikationsanbieter Sunrise UPC konnte Sellforte kürzlich einen neuen Kunden in der DACH-Region gewinnen. Weitere sollen folgen, auch mithilfe von ARIC. Das Artificial Intelligence Center Hamburg bündelt anwendungsübergreifend KI-Kompetenzen aus Unternehmen, Verwaltung und Wissenschaft und hat sich zum Ziel gesetzt, Hamburg durch grenzübergreifende Veranstaltungen und Kooperationen auf die internationale KI-Landkarte zu setzen. Sellforte ist im vergangenen Jahr als erstes finnisches Unternehmen beigetreten. „Durch die Zusammenarbeit mit Sellforte fördern wir den Austausch rund um KI im Marketing-Bereich auf europäischer Ebene. Wir freuen uns sehr auf neue deutsch-finnische Projekte und die Vernetzung beider Innovations-Ökosysteme“, erklärt ARIC-Mitgründer und -Geschäftsführer Alois Krtil. Umgekehrt sei Hamburg für Sellforte als Standort attraktiv, weil das Geschäftsverhalten und Mindset dem Finnischen sehr ähnlich sei, erklärt Fölsch. „Darüber hinaus ist es ein attraktiver Wirtschaftsstandort mit Branchen, die unsere Zielgruppen darstellen: Allen voran Handel, mit Unternehmen wie der Otto Group, aber auch Agenturen und Medienunternehmen.“ Die – normalerweise – regelmäßigen ARIC-Veranstaltungen seien zudem eine gute Möglichkeit für einen branchenübergreifenden Austausch auf hohem Niveau, findet Fölsch.
ys/sb

Quellen und weitere Informationen

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