E-Mobilität

Jungheinrich: Neue Wege in der E-Mobilität

7. November 2018
Hamburger Intralogistikkonzern setzt auf Lithium-Ionen-Technologie und erwartet Revolution im Staplerbau

Die E-Mobilität gilt als zentrales Zukunftsthema. Jungheinrich, eines der weltweit führenden Unternehmen in der Intralogistik, verfolgt das Thema schon seit Jahrzehnten und hat bereits seit den 1950ern selbstentwickelte Elektrostapler im Angebot. Heute sind 95 Prozent der von Jungheinrich verkauften Fahrzeuge elektrisch und fahren emissionsfrei. Mit dem zunehmenden Einsatz der Lithium-Ionen-Technologie steht nun eine Revolution bei mobilen Arbeitsgeräten an, erklärt Michael von Forstner, Programmleiter Lithium-Ionen bei Jungheinrich.

Hamburg News: Herr von Forstner, Elektromobilität auf Basis von Blei-Säure-Batterien ist in europäischen Lägern bereits weit verbreitet. Warum sollten Ihre Kunden nun auf die neuen, aktuell noch vielmal teureren Lithium-Ionen-Batterien umschwenken? 

Michael von Forstner: Weil die von uns für die Intralogistik entwickelte Lithium-Ionen-Technologie sich durch eine enorme Leistungs- und Energiedichte auszeichnet und Energieeffizienz eines der Schlüsselthemen unserer Zeit ist. Eine Lithium-Ionen-Batterie ist im Vergleich zu einer traditionellen Blei-Säure-Batterie zwei Drittel kleiner, komplett wartungsfrei, schnellladbar und überzeugt mit einer dreimal längeren Lebensdauer. Damit amortisieren sich die Kosten sehr schnell. Aber wir reden hier nicht nur von einer neuen Batterie, sondern von einer echten Revolution, die eine völlig neue Generation von Flurförderzeugen ermöglicht – auch und gerade wegen der Reduktion der Batteriegröße.

Hamburg News: Ist die Größe der Batterie denn so entscheidend? 

Michael von Forstner: Unbedingt. Bislang haben wir unsere Stapler, also den Platz für den Fahrer und die Gabeln, quasi um die riesigen Batterien herum konzipieren müssen. Beim Wechsel einer Blei-Säure-Batterie brauchte man einen zweiten Gabelstapler, weil wir hier schnell von einem Gewicht von über einer Tonne sprechen und der Kunde sich zwischen dem aufwendigen Batteriewechsel oder einer Ladezeit von mindestens 6 bis 8 Stunden entscheiden musste. 

Hamburg News: Und wie sehen die neuen Stapler nun aus? 

Michael von Forstner: Sie sind sehr viel kleiner und kompakter. Dadurch sind sie wendiger und können besser durch engere Gänge manövrieren. Engere Gänge bedeuten mehr Lagerfläche und das wiederum ist bares Geld. Zudem können wir die Arbeitsplätze der Fahrer deutlich größer, komfortabler und ergonomischer gestalten. Angesichts der demografischen Entwicklung ist das ein wichtiger Aspekt. Staplerfahrer sind heute schon sehr gesucht. 

Hamburg News: Jungheinrich ist vor allem als Stapler-Hersteller bekannt, der Einstieg in die Batterie-Entwicklung war sowohl für die Branche als auch die Batterie-Industrie eine echte Überraschung. 

Michael von Forstner: Das ist richtig. Während wir die Blei-Säure-Batterien eingekauft haben, entwickeln wir die neue Technologie komplett selbst, nur die Zellen kaufen wir hinzu. Lithium-Ionen-Batterien sind komplexe Systeme, in denen neben den eigentlichen Batteriezellen ein ausgefeiltes elektronisches System, das Batteriemanagementsystem, für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb sorgt. Ein wesentlicher Schlüssel ist dabei die durchgängige Kommunikation der einzelnen Komponenten miteinander.

Hamburg News: Intelligente Batterien also? 

Michael von Forstner: Ein intelligentes System. Wir bieten die vollständige Vernetzung von Fahrzeug, Lithium-Ionen-Batterie und Ladegerät aus einer Hand. Der Kunde kann den Energieverbrauch und die Effizienz einzelner Fahrzeuge oder der ganzen Flotte digital messen und so das Laden der Batterien steuern, um Wartezeiten und Netzspitzen zu vermeiden und eine optimale Verfügbarkeit der Geräte zu gewährleisten. 

Hamburg News: Wie lange dauert denn das „Nachtanken“?

Michael von Forstner: Das hängt ganz von dem System ab, das wir individuell auf den Kunden abstimmen können – unsere Kunden waren übrigens maßgeblich an der Anpassung der Technologie beteiligt. Aus der Einsatzintensität des Fahrzeuges ergibt sich die notwendige Größe der Batterie und entsprechend die der Ladegeräte. Schnellladegeräte erlauben einen Ladevorgang von null auf 100% in etwas mehr als einer Stunde. Aber die Batterien müssen gar nicht immer zu 100% aufgeladen werden, je nach Einsatz reichen 50% oder auch weniger und damit können sie in jeder Pause zwischengeladen werden. 

Hamburg News: Wie wird die neue Technologie denn angenommen? 

Michael von Forstner: Wir haben 2007/8 das Konzept entwickelt und konnten ein erstes vollfunktionsfähiges Modell eines Flurförderzeugs mit Lithium-Ionen-Batterie präsentieren. Das wurde noch mit einer gewissen Skepsis betrachtet, von der wir uns aber nicht haben beirren lassen. 2011 haben wir ein serienfähiges Modell präsentiert. Von den insgesamt 120.000 Flurförderzeugen, die wir im letzten Jahr verkauft haben, waren 6.000 Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien ausgerüstet. Wir sprechen hier von einer rasanten Entwicklung: 2015 waren es „erst“ 500 Fahrzeuge, im Jahr darauf bereits 1600, und für dieses Jahr rechnen wir mit einem Absatz von 12.000 Fahrzeugen, also einer Verdopplung im Vergleich zum vergangenen Jahr.

Hamburg News: Werden wir die Jungheinrich-Technologie bald auch in den Autos auf Hamburgs Straßen sehen?

Michael von Forstner: Wir konzentrieren uns tatsächlich auf unseren Markt, also vor allem auf den Einsatz von Staplern in Lägern und Fabriken. Unsere Lithium-Ionen Antriebe sind exakt auf die harten Einsatzbedingungen im Mehrschicht-Einsatz ausgelegt. Trotzdem ist der Trend eindeutig.
ys/je/kk

Quellen und weitere Informationen

Michael von Forstner

Michael von Forstner, 49 Jahre, ist ein echtes Jungheinrich-Eigengewächs. Gleich nach seinem Maschinenbau-Studium an der TU Hamburg-Harburg kam er als Trainee zu dem Hamburger Intralogistikkonzern. Inzwischen blickt er auf 23 Jahre Erfahrung in verschiedenen Positionen zwischen Technik und Vertrieb zurück, seit einem Jahr als Hauptverantwortlicher der Lithium-Ionen-Technologie.

Jungheinrich AG

Gegründet 1953, zählt die Jungheinrich AG zu den weltweit führenden Lösungsanbietern für die Intralogistik. Das Portfolio umfasst Flurförderzeuge, Logistiksysteme, Dienstleistungen – und Lithium-Ionen-Batterien. Der Konzern mit Stammsitz in Hamburg ist weltweit in 40 Ländern mit eigenen Direktvertriebsgesellschaften und in über 80 weiteren Ländern durch Partnerunternehmen vertreten. Der börsennotierte Intralogistikkonzern beschäftigt weltweit mehr als 17.000 Mitarbeiter und erzielte 2017 einen Konzernumsatz von 3,4 Mrd Euro.” Dank einer positiven Geschäftsentwicklung hat das Unternehmen gerade seine Prognose für Umsatz und Auftragseingang für das Jahr 2018 erhöht und rechnet mit einem Auftragseingang zwischen 3,85 bis 3,95 Milliarden Euro (bisher: 3,75 – 3,85 Milliarden Euro) und einem Konzernumsatz zwischen 3,65 und 3,75 Milliarden Euro (bisher: 3,6 – 3,7 Milliarden Euro). 

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