Hamburg News trifft Peter Vullinghs in Kapstadt. Die Konferenzräume der neuen Philips-Konzernzentrale in Fuhlsbüttel sind nach Metropolen aus aller Welt benannt, während die sechs Etagen des DACH-Headquarters typische Hamburger Ecken thematisieren, etwa den Kiez oder die Speicherstadt. Im neuen Haus gibt es, dem Philips-„Work Place Innovation“-Konzept entsprechend, keine festen Büros mehr – auch nicht für Peter Vullinghs. Jeder wählt seinen Arbeitsplatz nach der individuellen Aufgabensituation: Für ein paar kurze Mails zwischen zwei Meetings gibt es Touch-Down Plätze, Focusräume für das konzentrierte Arbeiten oder Breakout Areas als inspirierendes Umfeld etwa für informelle Treffen. „Mein altes Büro mit Blick auf die Alster hab ich noch keine Minute vermisst. Das neue Konzept bietet viel bessere Kommunikationsmöglichkeiten“, betont der 45-Jährige. Und das ist wichtig bei 2.800 Mitarbeitern, die in den Sparten Consumer Lifestyle und Healthcare arbeiten sowie in der seit dem Börsengang im Mai 2016 eigenständigen Philips Lighting, an der die Philips-Gruppe noch immer 80 Prozent hält.
Peter Vullinghs, Vorsitzender der Geschäftsführung der Philips GmbH und Chairman Philips Market Leader DACH, sprach mit den Hamburg News über Innovationen, den neuen “Health Innovation Port” für Gründer und zukunftsorientierte Produkte made in Hamburg.
„Work Place Innovation“ in der neuen Konzernzentrale
Vision von einem besseren Leben für alle Menschen
Die neue Zentrale habe die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen deutlich gesteigert, ist Vullinghs überzeugt. Und Identifikation ist ein Schlüsselbegriff für den gebürtigen Limburger, der seit 1996 für den niederländischen Konzern tätig ist. „Warum arbeite ich mit solcher Leidenschaft für Philips? Weil wir hier unsere Vision von einem besseren Leben für alle Menschen Wirklichkeit werden lassen.“ Zu diesen Visionen gehören vor allem innovative Produkte und Lösungen für den Gesundheitssektor in allen Phasen des „Health Continuums“: Vom ´Gesunden Leben` über Prävention, Diagnostik und Therapie bis hin zur häuslichen Pflege.
Röntgentechnologie zur frühzeitigen Diagnose von Lungenerkrankungen
So sei Philips weltweit führend in der diagnostischen Bildgebung und forscht aktuell an einer Röntgentechnologie, die es erlaubt Lungenerkrankungen (COPD) frühzeitig zu diagnostizieren. „Chronische Lungenerkrankungen sind die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, nach Herzerkrankungen und Krebs. Solche Erkrankungen werden oft viel zu spät erkannt – dem werden wir diese neue Röntgentechnologie entgegensetzen, da sie ein klares Bild von der Lunge erlaubt“, erläutert Vullinghs. Auch in der Neurologie werde an einer verbesserten bildgebenden Diagnostik mit Computertomografie und Magnetresonanztomografie gearbeitet, um Schlaganfälle oder Krebs früher zu erkennen. „In diesem Feld wird global geforscht, doch mit knapp 200 Forschern und Entwicklern von Philips in Hamburg ist die Hansestadt ein ganz wesentlicher Forschungs-Standort, wo wir bereits zahlreiche maßgebliche Erfolge erzielen konnten.“
„Vital Minds“: Delir Prävention auf Intensivstationen
Ein solcher Erfolg ist beispielsweise „Vital Minds“, ein Projekt zur Delir Prävention, das Philips in Kooperation mit der Berliner Charité während der letzten drei Jahre getestet hat. Grelles Neonlicht, piepsende Monitore, hektische Betriebsamkeit – das ist Alltag auf den Intensivstationen vieler deutscher Krankenhäuser und alles andere als der Genesung der Patienten zuträglich. Bis zu 80 Prozent aller Intensivpatienten leiden an verschiedenen Zuständen der Verwirrung sowie kognitiven Störungen, „die im Extremfall sogar zum Tod führen können“, betont Vullinghs. „Vital Minds“ setzt zum einen auf schallisolierende Holzpanele zur Lärmreduzierung, vor allem aber auf eine Lichtdecke, die sich von Kopf bis Fuß des Patienten erstreckt. 15.400 LEDs erlauben ein die Chronobiologie stimulierendes Lichtkonzept: Schlafhormone werden tagsüber reduziert und nachts aktiviert, um einen erholsamen Nachtschlaf zu erlauben und es wird erforscht, ob sich die Illusion von grünen, wogenden Blättern positiv auf das Schmerzempfinden auswirkt.
Telemedizin zur flächendeckenden medizinischen Versorgung
Vullinghs ist ausgesprochen stolz auf das erfolgreiche Projekt. „Unsere (Licht)Forschung am Standort Hamburg rettet Leben! Und wir forschen weiter, etwa hinsichtlich integrierter Lösungen. Telemedizin ist die Zukunft, davon bin ich überzeugt.“ Zwar ist die medizinische Fachversorgung in Deutschland im Grunde sehr gut, doch in ländlichen Bereichen nicht immer flächendeckend gegeben. „In Zukunft werden Universitäts-Kliniken zu ´Centers of Competence` werden, die kleinere Kliniken via Telemedizin steuern können, um so eine flächendeckende medizinische Versorgung bei hoher Qualität zu bieten“, skizziert Vullinghs seine Zukunftsvorstellung. Digitalisierung werde dabei eine wesentliche Rolle spielen, vor allem eine möglichst effiziente intersektorale Vernetzung aller beteiligten Gruppen. Um dies zu gewährleisten arbeitet Philips an einer weiteren innovativen Lösung: Einer digitalen Plattform, kombiniert mit als Medizinprodukt zertifizierter Hardware, die Patienten und Gesundheitsdienstleister vernetzt.
„Schluss mit Redundanzen in der Untersuchung vom Hausarzt über verschiedene Fachärzte bis hin zu Krankenhaus-Untersuchungen. Unterstützende elektronische Geräte wie Blutdruck-Messgeräte oder Aktivitätstracker für Zuhause stellen über die Philips Health Suite Digital Platform Informationen für alle Beteiligten bereit – vom Arzt über den Apotheker bis zum Pflegedienst“, erklärt Vullinghs. Die Hoheit über ihre Daten behielten dabei selbstverständlich die Patienten, fügt er hinzu.
Unterstützung seitens des Senats
In seinen Bestrebungen, innovative Lösungen und Produkte zu entwickeln, erhält Philips in Hamburg Unterstützung von offizieller Seite. „Wir werden maßgeblich vom Senat unterstützt und versuchen gemeinsam den Gesundheitsstandort Hamburg noch besser voran zu treiben“, betont Vullinghs. Die Frage ´Was bedeutet die Digitalisierung für die Gesundheitsbranche und wie können wir die Vorteile nutzen?` wurde etwa in einem gemeinsamen Gespräch mit Gesundheits-Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks thematisiert und die Stärkung der Startup-Kultur in Hamburg war Gegenstand eines Treffens mit Frank Horch, Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation und Dr. Carsten Brosda, Staatsrat für Kultur, Medien und Digitales.
In der Digitalisierung liegt die Zukunft der Gesundheitsbranche
Ein Ergebnis der Gespräche: Der „Health Innovation Port“, im September 2016 angekündigt. Hamburgs erster Coworking Hub mit Fokus auf eHealth, Gesundheit und Medizintechnik bietet Startups auf bis zu 1.000 Quadratmetern die nötigen Rahmenbedingungen, um rund um die Uhr innovative Konzepte zu entwickeln und kreativ zu arbeiten. Im 1. Halbjahr 2017 werden die ersten Gründer erwartet. „Ziel ist es, frische Ideen zu generieren und voranzutreiben“, so Vullinghs. Der Philips-Chef jedenfalls glaubt fest an die positiven Folgen der Digitalisierung. „Ich bin überzeugt, in der Digitalisierung liegt die Zukunft der Gesundheitsbranche. Ich denke, wir werden feststellen: Big Data kann Leben retten.“
ys/kk
Quellen und weitere Informationen
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Hamburg ist Sitz der Philips Deutschland-Zentrale
Philips Deutschland, mit Hauptsitz in Hamburg, ist eine der größten und umsatzstärksten Tochtergesellschaften des weltweit tätigen Philips Konzerns. Damit leistet die deutsche Tochter einen wichtigen Beitrag zu den Aktivitäten des Gesamtunternehmens mit seinen Sparten Lighting (Beleuchtung), Consumer Lifestyle (Konsumentenprodukte wie Unterhaltungselektronik und Elektro-Hausgeräte) und Healthcare (Medizinsysteme), wobei sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren zunehmend auf die Sparte Medizintechnik konzentrierte.
In der Hansestadt entwickelt und produziert das Unternehmen Röntgenröhren, im Fertigungs- und Entwicklungszentrum für Medizintechnik werden außerdem Röntgensysteme und -Komponenten für den Export hergestellt. Philips ist führend in diagnostischer Bildgebung, bildgestützter Therapie, Patientenmonitoring und Gesundheits-IT sowie bei Gesundheitsprodukten für Verbraucher und in der häuslichen Pflege. Die Philips-Gruppe beschäftigt rund 100.000 Mitarbeiter in mehr als 100 Ländern und erzielte 2015 einen Umsatz von 24 Milliarden Euro.
(Angaben: Philips)